SPD-Wahlkampfabschluss in Dortmund: „Wir wollen diese Wahl gewinnen!“
Ein kämpferischer Kanzler, ein Auftritt in der Herzkammer und der passende Soundtrack – die SPD macht am Freitagabend in Dortmund deutlich, dass die Wahl noch nicht entschieden ist und warum es auf den Kanzler ankommt.
Pascal Skwara/SPD
Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich in der Dortmunder Westfalenhalle kämpferisch.
Und am Ende kommt der Kaiser. Nicht der Sänger selbst, doch das Lied „Achtung und Respekt“ von Roland Kaisers neuem Album ertönt zum Abschluss der SPD-Wahlkampfveranstaltung in Dortmund. „Auf ihren Säulen sind wir eins geworden. Es wär fatal, das zu riskier'n. Das, was wir sind, das, was wir haben, das, was in uns steckt. Es geht um Achtung und Respekt“, heißt es darin.
Dortmund: „Die SPD kommt nach Hause“
Kaum ein Lied könnte als Soundtrack dieser sozialdemokratischen Bundestagswahlkampagne passender sein. „Die SPD kommt nach Hause“, macht der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal zu Beginn klar. Seit 1946 wird die Stadt ununterbrochen von Sozialdemokraten regiert. „Die Herzkammer der SPD“, wurde daher oft über Dortmund geschrieben. Ein Begriff, den manch einer auch mit Blick auf die aktuellen Umfragen inzwischen in Zweifel zieht. Doch für den Oberbürgermeister ist klar: „Herzkammer ist nicht Größe, Herzkammer ist Nähe, die Nähe zu den Menschen, für die wir Politik machen. Das haben wir nie vergessen.“
Die Nähe zu Franz Müntefering suchen schon vor Beginn der Veranstaltung zahlreiche Menschen, die ein gemeinsames Foto mit dem früheren SPD-Vorsitzenden ergattern wollen. Müntefering sitzt in der ersten Reihe neben der langjährigen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Ohnehin bietet die SPD an diesem Abend in der Westfalenhalle den rund 1.500 Gästen einiges an Prominenz, auch wenn Lars Klingbeil sagt: „Wir sind nur die Vorband.“ Denn natürlich warten alle gespannt auf den Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz. Doch Klingbeil setzt direkt den Ton für den Abend: „Das ist hier heute in Dortmund keine Abschlussveranstaltung, sondern das leitet unseren Schlussspurt ein.“
„Fucking stolz“, in der SPD zu sein
Zur Vorband gehört auch der queere Podcaster Lars Tönsfeuerborn. „Ich bin einfach fucking stolz, bei der SPD zu sein.“ Schauspieler Heinrich Schafmeister unterstreicht, warum er froh ist, Olaf Scholz als Bundeskanzler zu haben: „Wir brauchen keinen Showman. Wir brauchen einen Bundeskanzler, der seine Nerven beisammenhält und seine Impulse kontrollieren kann. Den haben wir mit Olaf Scholz, bei anderen bin ich mir nicht so sicher.“ Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagt: „Wir tun diesem Land keinen Gefallen, wenn wir Friedrich Merz im Kanzleramt überfordern.“
Svenja Schulze und Boris Pistorius unterstreichen als Minister*innen den internationalen Charakter der SPD. „Wir brauchen mehr Gerechtigkeit in der Welt“, fordert die Entwicklungsministerin. Pistorius sagt angesichts des fragwürdigen Auftritts des US-Vizepräsidenten J.D. Vance während der Münchner Sicherheitskonferenz, die USA besäßen kein Recht, „die Demokratie in meinem Heimatland, die wahrscheinlich beste auf der Welt, zu schmähen“. Der Verteidigungsminister macht deutlich: „Von denen lasse ich mir gar nichts sagen, aber das kann nur funktionieren, wenn wir uns als Europäer wirklich zusammenreißen. Das schaffen wir nur mit einer starken SPD in der Bundesregierung und nur mit einem Bundeskanzler Olaf Scholz.“
Als dieser um kurz nach 18.30 Uhr die Bühne betritt, erhält er stehende Ovationen. Und der Bundeskanzler macht direkt klar, worum es geht: „Wir wollen diese Wahl gewinnen!“ Scholz gibt sich kämpferisch. Er hat trotz deutlichem Abstand in den Meinungsumfragen noch nicht aufgegeben. Knapp 48 Stunden sind es noch, bis die Wahllokale schließen und er will sie nutzen. Deswegen geht er auch keiner Konfrontation aus dem Weg. Zweimal versuchen pro-palästinensische Aktivist*innen die Veranstaltung zu stören. Beim zweiten Mal entgegnet Scholz laut: „Es war ein furchtbarer Terrorangriff der Hamas auf Israel, mit dem Ziel Menschen zu ermorden und zu erniedrigen, deswegen hat Israel das Recht, sich zu verteidigen.“ Erneut stehende Ovationen und auch großer Applaus, als er anfügt, er fordere mehr Hilfe für Gaza, ein Ende der Siedlergewalt, die Rückkehr aller Geiseln und als langfristige Perspektive die friedliche Koexistenz zweier Staaten, Israel und Palästina.
15 Euro Mindestlohn und Entlastungen für 95 Prozent der Menschen
Scholz atmet kurz durch, wartet ein paar Sekunden und sagt dann: „So, wir waren bei den Energiepreisen…“ Strom müsse bezahlbar sein, die SPD wolle der lahmenden Wirtschaft mit dem Made-in-Germany-Bonus unter die Arme greifen und das Rentenniveau soll stabil bleiben. Vor allem aber geht es ihm, wie in Roland Kaisers Lied so treffend formuliert, um Achtung und Respekt. „Ich kann die nicht ab, die von oben auf andere herunterblicken. Darum bin ich mit 17 Sozialdemokrat geworden. Wir sind alle gleich, egal welchen Beruf wir ausüben.“ Dafür brauche es aber auch anständige Bezahlung und einen Mindestlohn in Höhe von 15 Euro ebenso wie steuerliche Entlastungen für 95 Prozent der Menschen.
Olaf
Scholz
Es darf keine zufälligen Mehrheiten von CDU/CSU und AfD geben. Es muss klar sein, dass die sozialdemokratische Partei so stark ist, dass sie das verhindert und sie die Regierung anführt.
Für seine zweite Amtszeit als Bundeskanzler kündigt er an: „Ich habe eine Sache mitgenommen und die wird in Zukunft auch mein Handeln bestimmen. Ich werde in Zukunft immer klare Ansagen machen, auch wenn es Kompromisse schwieriger macht. Es muss für unser Land klar sein, wohin es geht und was der Kanzler will.“ Eine Ansage macht er schon an diesem Abend: keine Zusammenarbeit mit extrem rechten Kräften, im Gegensatz zu Unionskanzlerkandidat Merz, der kürzlich mit den Stimmen der AfD einen Entschließungsantrag durch den Bundestag brachte.
Deswegen sagt Scholz: „Es darf keine zufälligen Mehrheiten von CDU/CSU und AfD geben. Es muss klar sein, dass die sozialdemokratische Partei so stark ist, dass sie das verhindert und sie die Regierung anführt.“ Er fordert die anwesenden Genoss*innen auf: „Sorgt dafür, dass die Welt am 23. Februar, am Wahlabend ganz anders aussieht, als viele sie schon beschrieben haben!“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo