Wovon Arbeitnehmer profitieren: Sieben Maßnahmen aus dem SPD-Wahlprogramm
Während sich CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz über Work-Life-Balance und Vier-Tage-Woche lustig macht, schlägt die SPD Maßnahmen vor, um Arbeitsplätze zu sichern und sie zukunftsfest zu machen.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Werben für 15 Euro Mindestlohn: Delegierte auf dem SPD-Bundesparteitag im Dezember in Berlin
Die Wirtschaft steckt im Umbruch. Das verändert die Arbeitswelt. Da Beschäftigte den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen erarbeiten, haben sie laut SPD Anspruch auf Mitbestimmung über ihre Arbeitsbedingungen und demokratische Teilhabe. Von Ausbildung über Mindestlohn bis zu mehr Tarifbindung, diese Maßnahmen stecken im Regierungsprogramm der SPD.
1. Mehr Mindestlohn
Dass die SPD einen Mindestlohn in Höhe von 15 Euro fordert, ist kein Zufall. Sie orientiert sich dabei an der europäischen Mindestlohnrichtlinie, die seit Ende 2022 in Kraft ist und in nationales Recht umgesetzt werden muss. Sie besagt, dass ein Mindestlohn, um armutsfest zu sein, mindestens 60 Prozent des mittleren Einkommens eines Landes betragen sollte. Danach müsste der Mindestlohn in Deutschland spätestens ab 2026 bei 15 Euro liegen. Derzeit liegt er bei 12,82 Euro. Über die nächste Anhebung wird die zuständige Mindestlohnkommission in diesem Sommer beraten. Die SPD will dafür sorgen, dass die EU-Richtlinie künftig von der Mindestlohnkommission berücksichtigt wird.
2. Mehr Tarifbindung
Einen Gesetzentwurf für mehr Tarifbindung in Deutschland hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bereits vorgelegt, doch er wurde vom ehemaligen Finanzminister Christian Lindner blockiert. An dem Plan für ein Tariftreuegesetz im Bund hält die SPD auch in ihrem Regierungsprogramm fest. Danach sollen öffentliche Aufträge des Bundes nur an Unternehmen gehen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Damit dieser Grundsatz auch für europäische öffentliche Aufträge gilt, will sich die SPD für ein europäisches Tariftreuegesetz einsetzen. Öffentliche Gelder und Fördermittel zur Bewältigung der Transformation sollen ebenfalls konsequent an Kriterien wie Tarifbindung, Standortentwicklung, Beschäftigungssicherung und Qualifizierungsstrategien gebunden werden.
3. Mehr Lohngerechtigkeit
Noch immer verdienen Frauen weniger als Männer. Die SPD will weiterhin die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durchzusetzen. Die Partei plant, die EU-Entgelttransparenzrichtlinie bis 2026 in nationales Recht umzusetzen und mehr Beschäftigungsverhältnisse in die soziale Sicherung einzubeziehen. So sollen zum Beispiel Beschäftigte in Mini-Jobs mehr Möglichkeiten erhalten, in sozial gut abgesicherte Arbeit zu kommen. Aber auch mehr Tarifbindung könne hier laut Regierungsprogramm zu mehr Lohngerechtigkeit führen, weil die Einstufung und Bezahlung von Beschäftigten mit Tarifvertrag oft gerechter sind. Das bestehende Entgelttransparenzgesetz will die SPD zu einem wirksamen Lohngerechtigkeitsgesetz weiterentwickeln. Soziale Dienstleistungsberufe will die SPD aufwerten.
4. Mehr aktive Arbeitsmarktpolitik
Die SPD will „um jeden Arbeitsplatz“ kämpfen, heißt es im Regierungsprogramm. Dabei setzt sie auf eine Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik: Qualifizierung und Weiterbildung sollen gefördert werden, ebenso gute Regelungen für Kurzarbeit. Mit Maßnahmen wie einer Job-to-Job-Vermittlung, soll ein möglichst nahtloser Übergang von Arbeit zu Arbeit ermöglicht werden. Beschäftigten aus Betrieben, die Personal abbauen, sollen neue Perspektiven in Betrieben geboten werden, die Beschäftigte suchen. Beschäftigte, die sich innerhalb ihres Unternehmens freistellen lassen, um sich beruflich weiterzubilden, werden von der Bundesagentur für Arbeit unterstützt.
5. Mehr Weiterbildung
Die SPD will die Versicherungsleistung des Arbeitslosengelds stärken. Ziel ist ein Recht auf Weiterbildung und beruflichen Neustart in allen Lebensphasen. Beschäftigte sollen mithilfe von Weiterbildung über ihren gesamten Lebenslauf hinweg mit neuen Entwicklungen und Veränderungen Schritt halten können. Dabei sollen beispielsweise Zeiten einer Qualifizierung während der Arbeitslosigkeit nicht mehr auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds angerechnet werden, womit sich der Anspruch auf Unterstützung verlängert.
6. Mehr Ausbildungsgarantie
Die SPD setzt ihren Weg der Ausbildungsgarantie fort. Dafür unterstützt sie auch Maßnahmen wie beispielsweise die Einführung eines Umlagefonds in Branchen, in denen unterhalb des Bedarfs ausgebildet wird. Wie der Fonds genau aussehen soll, geht aus dem Regierungsprogramm nicht hervor. Ausbildungsumlagen, wie sie beispielsweise von Gewerkschaften gefordert werden, sehen Unternehmen mehr in der Verantwortung. Bilden sie weniger aus, sollen sie in einen Fonds einzahlen, aus dem beispielsweise überbetriebliche Ausbildungen finanziert werden können.
7. Mehr Schutz
Die SPD plant die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen abzuschaffen, Sachgründe für Befristungen sollen kritisch überprüft werden. Das Betriebsverfassungsgesetz soll reformiert, die Mitbestimmung von Betriebsräten erweitert werden. Die Behinderung demokratischer Mitbestimmung soll als Offizialdelikt gelten. Gefährdungsbeurteilungen beim Arbeitsschutz sollen ausgebaut und psychische Belastungen bei der Arbeit, die stark zugenommen haben, stärker in den Blick genommen werden.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.