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Hubertus Heil: Warum der Mindestlohn auf mehr als 14 Euro steigen muss

Der Mindestlohn muss deutlich steigen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil begründet dies mit einer EU-Richtlinie. Auch ein Tariftreuegesetz im Bund soll für höhere Löhne sorgen. 

von Vera Rosigkeit · 9. September 2024
Hubertus Heil

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will die EU-Richtlinie zum Mindestlohn in deutsches Recht überführen. Dann müsste der Mindestlohn in Deutschland auf über 14 Euro steigen

Dass SPD und auch die Gewerkschaften mit der Anhebung des Mindestlohns von 12 Euro auf 12,41 Euro brutto ab Januar 2024 nicht zufrieden waren, haben sie im vergangenen Jahr mehr als deutlich gemacht. Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich bereits im Juli 2023 im ARD-Sommerinterview enttäuscht über diesen „konkreten Vorschlag“ der Mindestlohnkommission, der Institution, die über die Höhe der Lohnuntergrenze in Deutschland entscheidet. Und auch die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil forderten mehrfach eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns, der im kommenden Jahr lediglich um weitere 0,41 Cent auf dann 12,82 Euro steigen soll. Zum Vergleich: Scholz sprach im Frühjahr dieses Jahres im Nachrichtenmagazin „Stern“ von einem schrittweisen Anheben auf zunächst 14 Euro, dann auf 15 Euro.

EU-Richtlinie: Mindestlohn über 14 Euro

Am Montag legte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nun nach: Laut einer EU-Richtlinie müsse der Mindestlohn in Deutschland deutlich über 14 Euro liegen, erklärte er im ARD-Morgenmagazin. Sei das nicht der Fall, müsse er im November der EU-Kommission mitteilen, dass das deutsche Recht nicht der entsprechenden EU-Richtlinie zum Mindestlohn entspreche.

Für eine EU-Mindestlohnrichtlinie hatten im September 2022 die Mehrheit der europäischen Abgeordneten gestimmt. Sie legt fest, dass der Mindestlohn eines Landes mindestens 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens betragen müsse. Median steht dabei für das mittlere Einkommen von mehreren und ist nicht zu vergleichen mit einem Durchschnittseinkommen. Für Deutschland bedeute dies aktuell einen Mindestlohn von 14,75 Euro. Bis November dieses Jahres hat Deutschland Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden.

Dies habe er der Mindestlohnkommission in einem Brief mitgeteilt, sagte Heil. Die Kommission entscheide unabhängig, müsse aber in der ersten Hälfte des kommenden Jahres über die Höhe des Mindestlohns ab Januar 2026 abstimmen. Dann sollte das Kriterium der Richtlinie erfüllt sein, so Heil.

Heil kündigt Gesetz zur Tariftreue an

Tatsächlich gilt die Richtlinie für alle europäische Mitgliedstaaten, in denen weniger als 80 Prozent der Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich von Tarifverträgen fallen. So definieren Länder wie Dänemark, Finnland, Schweden und Österreich ihre unteren Lohngrenzen über Tarifverträge. Alle anderen EU-Staaten regeln diese durch gesetzliche Mindestlöhne. So auch Deutschland, wo die Tarifbindung auf unter 50 Prozent zurückgegangen ist. 

Auch hier legt Hubertus Heil am Montag mit dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Tariftreuegesetz im Bund nach. Es legt fest, dass alle Aufträge, die der Bund künftig vergibt, nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die nach Tariflohn zahlen.

„Durchschnittlich ist der Stundenlohn bei Tariflöhnen 4,50 Euro besser“, so Heil. In Vollzeitarbeit seien das monatlich 750 Euro mehr. „Da hat der Staat eine Vorbildfunktion“, betonte Heil und wies darauf hin, dass es diese Regelung in den meisten Bundesländern bereits gebe. Nach langen internen Beratungen habe er das Gesetz jetzt in die Ressortabstimmung gegeben, „weil wir es ja auch noch schaffen wollen in dieser Koalition“. Es sei dazu entschlossen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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3 Kommentare

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Di., 10.09.2024 - 13:24

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Hier macht Minister Heil Schritte in die richtige Richtung. Das ist selbstverständlich zu begrüßen! Obwohl ein "gerechter" Mindestlohn noch n i c h t erreicht ist. Die Kapitalseite wird aufheulen und den bundesrepuplikanischen Wirtschaftsweltuntergang als Popanz aufbauen. Da ist dann von Minister Heil und der SPD Standhaftigkeit gefragt!

Zum Bürgergeld 2025 von Minister Heil passt die richtige Richtung beim Mindestlohn von Heil nicht!

Es muss gefragt werden (völlig ohne Polemik!), ob hier 'gespaltene Wahrnehmungen' durch Minister Heil vorliegen?

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Di., 10.09.2024 - 14:00

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"Warum der Mindestlohn auf mehr als 14 Euro steigen muss"

Und sich dann wundern wenn die Preise weiter steigen. Ein Döner soll z.B. trotzdem nicht mehr als 3 Euro kosten. Wie das bei diesem Lohn funktionieren soll, bleibt ein Geheimnis der Spezialdemokraten, das noch besser erklärt werden muss. Vermutlich soll der Dönerstand-Besitzer einfach auf seinen Gewinn verzichten.

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mi., 11.09.2024 - 14:50

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Kurz nach der Freischaltung der Kommentare ist der Artikel dann auch schon wieder weg von der Frontseite. Vielleicht kann man ja gegen die "Datenpanne", die zu verspäteten Freischaltung führt, etwas unternehmen. Sonst bleibt ein Geschmäckle das unbeliebte Kommente absichtlich nicht oder zu spät freigeschaltet werden.