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Equal Pay Day: Das öffentliche Interesse am Gender Pay Gap wächst

Frauen verdienten im Jahr 2020 rund 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Beim Thema Entgeltgleichheit hat Deutschland damit im europäischen Vergleich einen großen gleichstellungspolitischen Aufholbedarf. Eine wichtige Erkenntnis am Equal Pay Day.
von Vera Rosigkeit · 10. März 2021
Faire Löhne statt Beifall: Schild einer feministischen Kundgebung anlässlich des Frauentags in Potsdam am 7. März 2021
Faire Löhne statt Beifall: Schild einer feministischen Kundgebung anlässlich des Frauentags in Potsdam am 7. März 2021

In diesem Jahr fällt der Equal Pay Day auf den 10. März. Heißt konkret, dass bis heute Frauen im Vergleich zu Männern sozusagen ohne Lohn arbeiten. Laut Statistischem Bundesamt verdienten Frauen im Jahr 2020 durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Im Vorjahr lag der Wert bei 19 Prozent. Der so genannte Gender Pay Gap hat sich in den vergangenen 15 Jahren nur leicht verringert.

Deutschland ist ein Schlusslicht in Europa

Damit hat Deutschland einen „gleichstellungspolitischen Aufholbedarf“, betonen die Wissenschaftlerinnen Katharina Wrohlich und Julia Schmieder vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW). Vor allem im Vergleich zu Ländern mit ähnlich hoher Frauenerwerbstätigkeit in Europa. Denn hier lag Deutschland im Jahr 2018 auf dem drittletzten Platz. Nur Österreich und Estland wiesen laut Eurostat noch höhere Lohnlücken auf. Doch Dänemark, Norwegen, die Niederlande, Litauen, Finnland und die Schweiz haben im Vergleich zu Deutschland mit 75 bis 80 Prozent eine leicht höhere Frauenerwerbsquote und eine niedrigere Lohnlücke.

Insgesamt fallen Schweden und Island besonders positiv auf, da sie bei sehr hohen Frauenerwerbsquoten vergleichsweise niedrige Gender Pay Gaps haben, so Wrohlich. Ihre Empfehlung: Die Steuer- und Familienpolitik der nordischen Ländern sollte Vorbildcharakter für Deutschland haben. „Maßnahmen wie die Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld, die Einführung einer Familienarbeitszeit, der Ausbau der Kinderbetreuung und eine Reform des Ehegattensplittings würden den Gender Pay Gap nachhaltig senken. “

Ungünstige Entwicklung in der Pandemie

Ähnlich lauten die Empfehlungen der Forscherinnen Aline Zucco und Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans Böckler Stiftung an die Politik. Dass die Entgeltungleichheit im Jahr 2020 um ein Prozent zum Vorjahr gesunken ist, hat für Zucco und Lott auch damit zu tun, dass zwischen Frühjahr und Herbst 2020 aufgrund der Corona-Pandemie die Arbeitslosigkeit bei Männern deutlich stärker gestiegen sei als bei Frauen. Gleichzeitig waren mehr männliche Beschäftigte in Kurzarbeit, wodurch ihre durchschnittlichen Stundenlöhne gesunken seien.

Laut ihrer Studie „Gleichstellung in der Krise“ könnte sich dieser Effekt schon zum Jahreswechsel 2021 wieder gedreht haben, weil sich im zweiten Lockdown die Beschäftigung bei den Frauen ungünstiger entwickelte als bei den Männern. Lott und Zucco stellten zudem fest, dass während der Pandemie Frauen ihre Arbeitszeiten häufiger wegen Kinderbetreuung reduzierten, während Männer aufgrund von Kurzarbeit oder anderen betrieblichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus kürzer arbeiteten.

Interesse an Gender Pay Gap wächst

Die WSI-Expertinnen sehen das Risiko langfristiger Auswirkungen. Denn anders als bei der Kurzarbeit, bei der der Wechsel zurück zur vorherigen Arbeitszeit durch die Beteiligung der Bundesagentur faktisch „automatisch“ geschehe, sei der Einfluss der Arbeitgeber nach familienbedingten Reduzierungen größer. Im schlimmsten Fall könnte sich „ungewünschte Teilzeit“ verstetigen.

Positiv sei, dass die öffentliche Diskussion zur geschlechtsspezifischen Lohnlücke in den letzten Jahren stark zugenommen habe, schreiben Wrohlich und Schmieder in ihrem Beitrag zum „Gender Pay Gap im europäischen Vergleich“. Alleine in Deutschland habe sich zwischen 2014 und 2018 der Anstieg der Mediennennungen von 63 auf 455 mehr als versiebenfacht. Die zunehmende Popularität des Themas spiegele sich auch im starken Anstieg der Google-Suchanfragen zum Begriff „Gender Pay Gap“ wider.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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