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Ausbildungsreport 2024: Ein Drittel der Azubis macht regelmäßig Überstunden

Noch nie waren so viele junge Menschen ohne Berufsabschluss wie heute. Der diesjährige Ausbildungsreport der DGB-Jugend zeigt, woran das liegt und warum vor allem Arbeitgeber und Politik nun in der Verantwortung sind.

von Finn Lyko · 22. August 2024
Der diesjährige Ausbildungsreport der DGB-Jugend zeigt: Viele sind mit ihrer Ausbildung zufrieden - und trotzdem gibt es Verbesserungsbedarf.

Der diesjährige Ausbildungsreport der DGB-Jugend zeigt: Viele sind mit ihrer Ausbildung zufrieden - und trotzdem gibt es Verbesserungsbedarf.

„Es gilt: Ohne Ausbildung keine Zukunft“, sagte Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auf einer Pressekonferenz zum diesjährigen Ausbildungsreport der DGB-Jugend.

Ein Blick auf den Bericht zeigt, dass Elke Hannack mit diesem Satz wohl nicht nur die individuelle Zukunft junger Menschen, sondern auch die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands meint. Denn fast jede*r Fünfte in der Altersgruppe der 20- bis 34-Jährigen hat demnach keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das macht insgesamt knapp 2,9 Millionen Menschen, denen somit „ein qualifizierter Zugang zum Arbeitsmarkt“ fehle, heißt es im Ausbildungsreport 2024. In Zeiten von Fachkräftemangel sei das eklatant, so Hannack. Gleichzeitig sei die Zahl der Betriebe, die Ausbildungsplätze anbieten, zurückgegangen. Die Arbeitgeber*innen, die diesen Mangel regelmäßig beklagen, hätten das Schicksal hier selbst in der Hand.

Arbeitgeber sollen ihren Beitrag leisten

Dabei komme es auch auf die Qualität der Ausbildung an. Ein engagiertes Ausbildungspersonal gehöre beispielsweise auch zu einer guten Ausbildung, sagte DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker auf der Pressekonferenz. Konkret bedeute das, dass Ausbildende Zeit und Raum schaffen, um ihre Auszubildenden in angemessenem Umfang und auf Augenhöhe zu betreuen.

Die Realität sähe aktuell für viele anders aus, berichtete Becker aus den Ergebnissen des Ausbildungsreports. Für etwa ein Drittel der Auszubildenden gehören regelmäßige Überstunden beispielsweise zum Ausbildungsalltag. Knapp zehn Prozent der für den Ausbildungsreport befragten Azubis würden für diese Überstunden keinerlei Ausgleich erhalten – obwohl das eigentlich gesetzlich vorgegeben ist.

Hinzu komme, dass rund 15 Prozent der Befragten regelmäßig ausbildungsfremde Tätigkeiten wie Kaffee kochen oder Putzen übernehmen müssten, erklärt Becker. Dadurch bleibe weniger Zeit für die tatsächliche Ausbildung. Arbeitgeber „missbrauchen Azubis als billige Arbeitskräfte“, sagte Becker. Das sei kein tragbarer Zustand.

Solche Aspekte aber würden eine Ausbildung attraktiver oder weniger attraktiv machen, so Becker. Dazu gehöre auch die Sicherheit über eine Übernahme nach einer abgeschlossenen Ausbildung. Wer hier mehr anbiete, könne mit mehr Auszubildenden rechnen. Elke Hannack appellierte an die Arbeitgeberseite: „Bitte leistet euren Beitrag."

„Luft nach oben“ in Sachen Ausbildungsgarantie

Doch es brauche mehr als nur eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, erklärte Hannack auf der Pressekonferenz. Denn die Politik müsse insbesondere dort mit anpacken, wo es darum gehe, Interessierte in Ausbildungen zu bringen – beispielsweise, indem sie die Jugendberufsagenturen stärke. Denn diese könnten erheblich dazu beitragen, dass junge Menschen einen betrieblichen Ausbildungsplatz finden, der ihren Interessen und Fähigkeiten entspreche.

Mit dem Gesetz zur Aus- und Weiterbildungsförderung sei 2024 zudem ein erster Einstieg in die Ausbildungsgarantie geschafft. Das Gesetz soll Ausbildungen durch verschiedene Maßnahmen zugänglicher und zukunftsorientiertere gestalten. Das begrüße der DGB. Dennoch gäbe es „Luft nach oben“, sagte Hannack, auch weil die Ausbildungsgarantie bisher selten angewendet werde. Laut DGB reichen die dort beschlossenen Maßnahmen jedoch insgesamt nicht aus. Denn eine Lösung für die strukturellen Problemen des Ausbildungsmarkts sei damit nicht geboten.

Auszubildende überwiegend zufrieden

Der Ausbildungsreport zeigt jedoch auch: Trotz teils schwieriger Arbeitsbedingungen und häufiger Unsicherheit, was die Übernahme nach einem Ausbildungsabschluss angeht, ist weiterhin die Mehrheit der Auszubildenden mit ihrer Ausbildung zufrieden.  Auch DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker bekennt sich mit einem Augenzwinkern auf der Pressekonferenz: „Eine Ausbildung zu machen war für mich die beste Entscheidung – und Gewerkschaftsmitglied zu werden natürlich.“

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Sa., 24.08.2024 - 21:01

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