Inland

Ausbildung und Qualifizierung: Was im Weiterbildungsgesetz steckt

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein erstes Weiterbildungsgesetz auf den Weg gebracht. Im Mittelpunkt: Ausbildungsgarantie und Qualifizierungsgeld. Wir erklären, worum es geht.
von Vera Rosigkeit · 29. März 2023
Mit dem ersten Weiterbildungsgesetzn soll die berufliche Bildung gestärkt werden. Junge Menschen sollen u.a. einen Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung erhalten.
Mit dem ersten Weiterbildungsgesetzn soll die berufliche Bildung gestärkt werden. Junge Menschen sollen u.a. einen Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung erhalten.

Rund 2,3 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren haben in Deutschland keinen Berufsabschluss. Um mehr inländische Potenziale mit Blick auf einen möglichen Fachkräftemangel zu heben, soll nun die berufliche Bildung gestärkt werden, erklärt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Mittwoch in Berlin. Zuvor hat das Bundeskabinett den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung beschlossen. „Wir können es uns nicht mehr leisten, dass junge Menschen keinen beruflichen Abschluss haben, denn gut ausgebildete Fachkräfte sind unsere Zukunft“, so Heil. Mit der Ausbildungsgarantie sollen Aufnahme und der erfolgreiche Abschluss einer betrieblichen Berufsausbildung unterstützt werden. Ein Qualifizierungsgeld soll die Weiterbildung von Beschäftigten fördern.

Ausbildungsgarantie

Wie sieht die Ausbildungsvorbereitung aus?

Zunächst soll es mehr Beratung und Berufsorientierung geben, die bereits am Anfang des Berufslebens ansetzen. Beginnen soll das in der Schule, die Jugendberufsagenturen sollen mit einbezogen werden. Neu ist die Förderung von Berufsorientierungspraktika: Junge Menschen können sich bei Ausbildungsbetrieben über Berufsbilder informieren und möglichst noch im selben Jahr eine Ausbildung beginnen. Die Regelungen zur Einstiegsqualifizierung werden flexibilisiert. Mehr junge Menschen erhalten die Chance, über dieses Langzeitpraktikum direkt in eine betriebliche Ausbildung zu gelangen. 

Was ist eine Mobilitätsprämie?

Junge Menschen, die für eine Ausbildung einen Umzug in Kauf nehmen, können einen Mobilitätszuschuss erhalten. Die Mobilitätsprämie enthält finanzielle Hilfen für Fahrt- und Unterkunftskosten. Zudem wird, betont Heil bei der Vorstellung des Gesetzes, Bundesbauministerin Klara Geywitz 500 Millionen Euro in den Ausbau von Ausbildungswohnheimen investieren, die sowohl für Studierende als auch für Azubis gedacht sind.

Was bedeutet der Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung?

Junge Menschen, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden, sollen künftig einen Rechstanspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung erhalten. Außerbetriebliche Berufsausbildungsplätze sollen gerade auch in Regionen mit schwachem Ausbildungsmarkt Perspektiven schaffen und, wenn möglich, in Kooperation mit Betrieben angeboten werden. Ein Wechsel in einen Betrieb kann jederzeit stattfinden, um dort die Ausbildung zu beenden. Weiterhin geplant ist eine sozialpädagogische Begleitung, die bei einem Wechsel in eine betriebliche Ausbildung in vertrautem Rahmen fortgeführt werden kann.

Wann tritt die Ausbildungsgarantie in Kraft?

Die Ausbildungsgarantie soll in wesentlichen Teilen zum 1. April 2024 in Kraft treten.

Qualifizierungsgeld

Mit dem Weiterbildungsgesetz wird auch die Weiterbildungsförderung der Beschäftigten für alle Unternehmen geöffnet und durch feste Fördersätze noch attraktiver und verlässlicher gemacht, so Heil. Im Mittelpunkt steht das Qualifizierungsgeld.

Wer kann das Qualifizierungsgeld erhalten?

Zunächst einmal Betriebe, die besonders vom Strukturwandel betroffen sind, damit sie ihre Beschäftigten im Betrieb halten können. Eine zielgerichtete Qualifizierung soll helfen, dass Beschäftigte, deren Arbeitsplatz andernfalls verloren ginge, im Unternehmen bleiben. Deshalb ist das Qualifizierungsgeld für die Weiterbildung von Beschäftigten gedacht, deren Arbeitsplatz andernfalls verloren ginge. Sie werden zur Weiterbildung von ihrer Arbeit freigestellt und bekommen statt ihres Lohns während der Maßnahme von der Bundesagentur für Arbeit ein Qualifizierungsgeld.

Wie hoch ist das Qualifizierungsgeld?

Das Qualifizierungsgeld ist eine Lohnersatzleistung – der Höhe nach wie Kurzarbeitergeld, also zwischen 60 und 67 Prozent des Nettolohnes. Es wird von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Aufstockungen durch den Arbeitgeber sind möglich. Die Förderdauer umfasst bis zu dreieinhalb Jahre, so dass auch der Erwerb neuqualifizierender Berufsabschlüsse auf gleichem Qualifikationsniveau möglich ist.

Welche Voraussetzungen müssen erbracht werden?

Förderungsvoraussetzungen sind u.a., dass mindestens 20 Prozent der Arbeitnehmer*innen eines Betriebes innerhalb von drei Jahren strukturwandelbedingte Qualifizierungsbedarfe aufweisen (zehn Prozent bei Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten) sowie eine Betriebsvereinbarung, ein betriebsbezogener Tarifvertrag.

Was passiert mit der Regelung zur Weiterbildung während Kurzarbeit?

Die Möglichkeit der Erstattungen bei beruflicher Weiterbildung während Kurzarbeit wird um ein Jahr bis zum 31. Juli 2024 verlängert. Unternehmen können bei der Weiterbildung ihrer Arbeitnehmer*innen während Kurzarbeit die vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte erstattet bekommen, wenn die Bildungsmaßnahmen bestimmten Standards gerecht werden. Die Verlängerung soll zum 1. Juli 2023 in Kraft treten.

Was ist aus der ursprünglich geplanten Bildungszeit geworden?

Die im ersten Entwurf zum Weiterbildungsgesetz ebenfalls vorgesehene Bildungszeit soll mit einem zweiten Weiterbildungsgesetz zu einem späteren Zeitpunkt auf den Weg gebracht werden. Sie ist angelehnt an ein österreichisches Modell. Danach können sich Beschäftigte unbezahlt für Weiterbildungszwecke freistellen lassen und werden mit einem Weiterbildungsgeld finanziell unterstützt.

Wann tritt die Regelung zum Qualifizierungsgeld in Kraft?

Die Reform der Weiterbildungsförderung und die Einführung des Qualifizierungsgeldes sollen zum 1. Dezember 2023 in Kraft treten.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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