Neuer Bundestag: So erlebte eine SPD-Abgeordnete ihren ersten Arbeitstag
Daniela Rump ist eine der neu gewählten Abgeordneten der SPD-Fraktion. Bei der konstituierenden Sitzung am Dienstag hatte die 29-Jährige Premiere im Parlament. Wir haben sie begleitet.
Lea Hensen
Daniela Rump steht im Jakob-Kaiser-Haus
Ihr erster Tag ist eng getaktet. Fototermin vor dem Reichstagsgebäude, Fraktionssitzung und dann der wichtigste Punkt überhaupt: Der neu gewählte Bundestag kommt erstmals zusammen. Daniela Rump steht am Morgen des 25. März vor dem Restaurant im Erdgeschoss des Jakob-Kaiser-Hauses, das alle hier „Bedienrestaurant“ nennen – im Unterschied zur Kantine weiter oben, wo es keine Servicekräfte gibt.
Kurz vorher hat sie sich dort mit den Bundestagsabgeordneten aus dem Bezirk Hannover getroffen und saß neben Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Die 29-Jährige strahlt, wahrscheinlich wird das heute einer der aufregendsten Tage in ihrem Leben. Doch ansehen tut man es ihr nicht. „Ja, natürlich bin ich aufgeregt“, gibt sie auf Nachfrage zu. „Aber ich habe mich gut vorbereitet und schaue jetzt mal, wie der Tag so abläuft.“
Erst einen Tag vorher ist sie nach Berlin gekommen, um eine besondere Aufgabe anzutreten. Die SPD-Politikerin ist neu gewählte Abgeordnete im Parlament. Mit 30,7 Prozent der Stimmen hat sie im Februar den Wahlkreis in Hildesheim gewonnen. Ihr Leben wird sich nun verändern.
Plötzlich ging alles ganz schnell
Als die Ampel-Koalition in die Brüche ging, steht die Studentin kurz vor ihrem ersten juristischen Examen. „Ich habe dann entschieden, mich auf den Wahlkampf zu konzentrieren und gleich einen Tag später die ersten Termine im Wahlkreis wahrgenommen“, erzählt sie. In Hildesheim kommt es bei den Wahlen oft zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen. 2017 und 2021 bekam Bernd Westphal das Direktmandat für die SPD geholt, davor gewann die CDU. Bis kurz vor der Wahl sehen die Prognosen für Rump nicht gut aus. „Mir war aber klar, dass ich, egal wie es ausgeht, am Abend nach der Wahl sagen möchte, ich habe alles gegeben.“
Sie gewinnt mit knappem Vorsprung – und plötzlich geht als ganz schnell. Der Studienabschluss muss erstmal ein paar Monate warten. Denn statt Gesetze auszulegen, wird Rump die nächsten vier Jahre Gesetze machen.
„Ich habe mich erst mal um alles Organisatorische gekümmert“, sagt sie. Bernd Westphal, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hat ihr nicht nur den Wahlkreis vererbt, ein Teil seiner Mitarbeitenden ist jetzt für sie tätig. Auch sein Büro darf Rump nutzen, bis sie ihr eigenes bekommt. „Jetzt geht es noch darum, eine Wohnung in Berlin zu finden“, sagt sie. „Ist ja ein bisschen schwierig hier.“ Ihren Hauptwohnsitz will sie aber in Hildesheim behalten, wo sich auch ihr Wahlkreisbüro befindet.
Bislang saß sie nur auf der Tribüne
In der neuen SPD-Bundestagsfraktion ist Rump die einzige Newcomer-Frau. Auch Nancy Faeser ist neu gewählte SPD-Abgeordnete, aber als Bundesinnenministerin im politischen Berlin erfahren. Was ist das für ein Gefühl, in einem Bundestag zu sitzen, der nach der Wahl männlicher geworden ist? „Als ich am Montag nach der Wahl zum ersten Mal die Fraktion traf, waren alle Kolleginnen und Kollegen sehr aufgeschlossen“, erzählt Rump. Sie habe sehr viel Unterstützung erfahren, andere Abgeordnete seien zu ihr gekommen und hätten ihr die Abläufe erklärt.
Wie alle anderen Bürger*innen kennt auch sie die Sitzungen nur aus dem Fernsehen. Einmal sei sie zu Gast auf der Besuchertribüne gewesen, sagt sie. In den Plenarsaal selbst dürfen nur Abgeordnete und Saaldiener*innen. „Ich bin gespannt, wie ich mich fühle, wenn ich den Saal betrete“, sagt sie kurz vor Beginn der Sitzung. „Ich glaube, da werde ich noch einmal die große Ehre und Verantwortung spüren, die mein neues Amt begleitet.“
Wenig später ist es so weit. Rump nimmt im Plenarsaal neben den anderen SPD-Abgeordneten Platz. Die SPD-Fraktion ist um 87 Abgeordnete auf 120 Plätze geschrumpft, der Block der AfD hat sich dagegen fast verdoppelt. „Die neue Sitzordnung zu sehen, war schon erschreckend“, sagt sie später.
Alterspräsident Gregor Gysi (Linke) hält seine Eröffnungsrede. Dann wählen die Abgeordneten ihre neue Bundestagspräsidentin, traditionell werden sie dafür alphabetisch aufgerufen. Bei 630 Abgeordneten dauert das seine Zeit. Dann ist Rump an der Reihe. Den Moment, als sie ihre Stimme abgibt, beschreibt sie später als bewegend. „Da habe ich gemerkt, welch eine große Ehre das ist, als gewählte Abgeordnete die Demokratie zu verteidigen.“
Aktuelle Entwicklungen zur Bundestagswahl und den Koalitionsverhandlungen gibt es zum Nachlesen in unserem Newsticker.