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Erneuerung: Warum Jette Wagler für eine feministische SPD kämpft

In der SPD muss sich nach der Niederlage bei der Bundestagswahl etwas ändern, am besten schon bis 2029. Das fordert eine Initiative junger Menschen, zu der auch Jette Wagler aus Baden-Württemberg gehört.

von Jonas Jordan · 1. Juli 2025
Jette Wagler ist stellvertretende Juso-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg.

Jette Wagler ist stellvertretende Juso-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg.

„Ich will eine feministische Partei – vom Ortsverein bis ins Willy-Brandt-Haus“, sagt Jette Wagler in einem Video, das auf Instagram mehr als 20.000 Menschen angesehen haben. Es ist damit das erfolgreichste einer Kampagne der Initiative „SPD2029“, in der sich vor allem junge Menschen für die Erneuerung der SPD engagieren. Kürzlich traf sich auch Generalsekretär Tim Klüssendorf mit Carl Mühlbach, einem der Initiatoren. Waglers Forderung einer feministischen Partei bedeutet für sie, Frauen in der SPD die gleiche Macht, aber auch insgesamt mehr Wertschätzung entgegenzubringen. „Wir fahren mit der paritätischen Besetzung für Ämter schon gut, aber das reicht nicht aus“, sagt sie.

Häufig würden Frauen in Verantwortung deutlich kritischer beurteilt als ihre männlichen Kollegen, so zum Beispiel die ehemalige SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Zugleich gebe es von den Männern in diesen Fällen zu wenig Rückendeckung. „Die Gesellschaft beurteilt Frauen sowieso schon strenger. Dass wir es dann innerhalb unserer Partei ebenso tun, finde ich nicht in Ordnung.“ Auch in ihrem Ortsverein bekomme sie das hin und wieder zu spüren, wenn ältere Genossen Sprüche von sich geben wie: „Du als junges Mädel kannst das noch gar nicht wissen, halte dich mal zurück“. Solch eine Atmosphäre führe häufig zu Frustration und letztlich dazu, dass sich in manchen Gegenden immer weniger Menschen in Ortsvereinen engagieren.

Wagler kennt solche Beispiele auch aus ihrem Kreisverband. „Die meisten Ortsvereine haben echt Probleme damit, allein schon ihre Vorstandsämter zu besetzen.“ Für sie ist daher klar: „Ich glaube, dass man sie in manchen Regionen wirklich nicht mehr braucht.“ Eine Lösung könnte aus ihrer Sicht sein, in solchen Regionen mehrere Ortsvereine zusammenzulegen, um weniger Personen in Vorstandsämtern zu binden und so mehr Kapazitäten für die eigentliche politische Arbeit zu haben.

Warum ein neues Grundsatzprogramm sinnvoll ist

Diese sollte aus ihrer Sicht in der gesamten Partei vom feministischen Leitgedanken geprägt sein. „Das sollte nicht nur einer von vielen Programmpunkten sein. Wenn wir das viel stärker leben würden, könnten wir als SPD auch wieder viel mehr Menschen abholen. Da hat die Partei auf allen Ebenen noch sehr hohen Verbesserungsbedarf“, kritisiert sie und ist daher froh, dass beim Bundesparteitag am Wochenende auch der Prozess für ein neues Grundsatzprogramm angestoßen werden soll. Das bislang letzte war das 2007 verabschiedete Hamburger Programm. Damals war Wagler drei Jahre alt. „In den vergangenen 20 Jahren hat sich unheimlich viel verändert“, sagt sie und nennt beispielhaft die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Migrationskrise 2015, die Corona-Pandemie, den russischen Angriffskrieg und den Krieg im Nahen Osten.

Auch an den Aufstieg einer extrem rechten Partei wie der AfD war 2007 noch nicht zu denken. 2017 zog diese erstmals in den Bundestag ein, wo sie inzwischen zweitstärkste Fraktion ist. Auf lokaler Ebene bekämen vor allem junge Sozialdemokratinnen das Erstarken der extremen Rechten zu spüren, weiß die 20-Jährige zu berichten. „Die Anhänger dieser Partei sind teilweise gefährlich für uns und für unsere Parteimitglieder. Deswegen ist es unheimlich wichtig, uns damit zu beschäftigen und entsprechend ein Zeichen an unsere Basis zu senden, dass wir uns dieser Gefahr bewusst sind und gemeinsam etwas dagegen tun müssen, um uns auch gegenseitig zu schützen.“ Sie selbst sei noch nicht bedroht worden, eine Juso-Kollegin habe aber kürzlich erst Drohbriefe der Jungen Alternative in ihrem Briefkasten gehabt.

Wagler will Juso-Landesvorsitzende werden

Wagler hat vor kurzem eine Kampagne unter dem Titel „Zeit für ein neues Wir“ gestartet. „Wir“ sind in diesem Fall die Jusos Baden-Württemberg, deren stellvertretende Vorsitzende sie bislang ist. Doch das reicht ihr nicht. Deswegen fordert sie auf der Landesdelegiertenkonferenz im Juli den Vorsitzenden Daniel Krusic heraus und will selbst Landesvorsitzende werden. „Ich habe einen gewissen Gestaltungswissen. Ich will, dass wir auch hier in dem Landesverband den Feminismus ernst nehmen und ihn konsequent umsetzen“, sagt sie. Wie die Wahl ausgeht, ist derzeit noch nicht absehbar. Wagler will sich so oder so weiter engagieren, sagt aber: „Ich habe da jetzt als junge Frau einfach Lust drauf und ich bin nicht bereit, noch ein oder zwei Jahre zu warten.“

Zur Serie

In unserer Serie „Rising Stars“ stellen wir in loser Reihenfolge Menschen aus der Sozialdemokratie vor, die auf unterschiedlichen Ebenen der Partei mit ihren Ideen oder ihrem Handeln beispielhaft für die Erneuerung der Partei stehen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 01.07.2025 - 11:32

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???? mal wieder so ein progressivistischer Spruch ! Passt so gut zu woke und gender und divers ....... .
Nun hat die SPD da ja eine gewisse Tradition und auch Erfolge. Nicht umsonst sahen Friedrich Engels, August Bebel, Klara Zetkin ........ die Emanzipation der Frauen als Teibereich der Emanzioation der Arbeiterklasse. Während letzteres anscheinend nicht mehr SPD-Politikk ist, wird Ersteres wie eine Monstranz vor sich hergetragen; leider mangelt es da aber auch an der Umsetzung. Feie Meinungsäuérung, freiheit von Abhängigkeitsverhältnissen und ökonomischen Zwängen .... nna eben die freie Entfaltung eines Jeden Einzelnen als Voraussetzng der freien Entfaltung Aller.
Das Eintreten für Partikularinteressen kann und darf nicht die Grundlage für SPD-Politik sein.

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