Meinung

Mehrheit mit der AfD: Wie Friedrich Merz die Demokratie destabilisiert

Friedrich Merz und mit ihm CDU, CSU und FDP machen gemeinsame Sache mit der AfD – obwohl er stets das Gegenteil beteuert hat. Damit bringt er das Land und die Demokratie in Deutschland ins Wanken. Was kommt als nächstes?

von Karin Nink · 30. Januar 2025
Friedrich Merz und AfD-Fraktion im Bundestag: Was soll man ihm jetzt noch glauben?

Friedrich Merz und AfD-Fraktion im Bundestag: Was soll man ihm jetzt noch glauben?

Die Fassungslosigkeit hält an: Am Mittwoch hat der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die gesamten Fraktionen von Union und FDP im Bundestag gemeinsame Sache mit der AfD gemacht. Mit der Partei, die in Teilen von Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.

Friedrich Merz destabilisiert die Demokratie

Es ist richtig: Geschichte wiederholt sich nicht. Am Tag nach diesem Tabubruch, dem Jahrestag der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten, muss trotzdem daran erinnert werden: Auch in der Weimarer Republik war das konservative Bürgertum der Meinung, die Nazis beherrschen und instrumentalisieren zu können. Dass es umgekehrt war, ist bekannt und endete im Dritten Reich – mit all seinen Folgen.

Die feixenden und hämisch grinsenden Gesichter der AfD-Fraktion nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses und die Einlassungen ihres Geschäftsführers geben zu erkennen, dass sich die Rechtsaußen auf einem ähnlichen Weg sehen.

Den Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz ficht das nicht an. Er hat dieses Land und seine Demokratie mit seinem Vorgehen schon jetzt destabilisiert. Dass sich Angela Merkel zu Wort gemeldet und Merz' Vorgehen als Fehler bezeichnet, spricht Bände.

Zum einen ist nicht ausgeschlossen, dass er mit seinem Handeln den extremen Rechten Stimmen zuführt und nicht – wie er wohl hofft – Stimmen abnimmt.

Was soll man Friedrich Merz jetzt noch glauben?

Zum anderen: Wer aus der bürgerlich-demokratischen Mitte kann nach dem Tabubruch vom Mittwoch noch auf eine verlässliche Koalition mit Merz hoffen? Wenn Merz am Mittwoch – und wohl auch am Freitag – mit dem „Zustrombegrenzungsgesetz“, nur um Recht haben zu wollen, und ohne Verhandlungen mit den demokratischen Parteien billigend in Kauf nimmt, von Rechtsextremen gestützt zu werden, wird er dies auch als Kanzler tun. 

Dass er das aktuell verneint, ist mehr als billig. Was sein Wort wert ist, zeigt der Rückblick auf den 13.November vorigen Jahres: Damals versprach Merz am Rednerpult des Deutschen Bundestages, keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen. Der gleiche Friedrich Merz, der nun, ausgerechnet nach der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, mit den AfD-Stimmen seinen – noch dazu europarechtlich mehr als umstrittenen – Antrag durchgeboxt hat. Was also soll man ihm noch glauben? Dem Vorsitzenden der CHRIST-Demokraten und seiner Fraktion, die selbst ein Brandbrief der beiden großen christlichen Kirchen nicht beeindrucken konnte

Fatale Symbolpolitik mit unabsehbaren Folgen

Um es klar zu sagen: Alle demokratischen Parteien, wollen, dass Anschläge wie zuletzt in Aschaffenburg nicht passieren. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung noch einmal eindringlich deutlich gemacht. Seine Regierung hat dazu schon eine Menge auf den Weg gebracht. Es liegen zudem mehrere Gesetzesentwürfe vor, die noch in dieser Woche verabschiedet werden könnten. Doch die Union verweigert ihre Zustimmung. Stattdessen setzt sie auf eine fatale Symbolpolitik mit unabsehbaren Folgen. Denn weder die Anträge, die Merz und seine Fraktion eingebracht haben, noch das „Zustrombegrenzungsgesetz“, das am Freitag zu Abstimmung steht, werden zeitnah etwas ändern.

Die Wählerinnen und Wähler sollten sich deswegen bei der Bundestagswahl sehr gut überlegen, was passieren kann, wenn sie die Union wählen. Denn Merz hat mit seinem Handeln vom Mittwoch jede Glaubwürdigkeit verloren. Eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten oder gar eine schwarz-blaue Koalition ist nach dem 29. Januar 2025 – leider – nicht mehr auszuschließen. 

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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5 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Fr., 31.01.2025 - 13:44

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Merz ist nun ein Bösewitsch ! Begünstigung der afd, Kontaktschuld, Kündigung des "Kpnsenses der "Demokraten" ....."
Das sind alles hilflose Scheinargumente gegen Merz und seine CDSU. Wichtig wäre die grundlegenden Unterschiede sozialdemokratischer Politik im Gegensatz zur Politik dieses Herrn heraus zu arbeiten, aber diese Mühe scheint sich keiner zu machen.
Am Wahlkampfstand brauche ich keinem zu sagen , aber der macht doch gemeinsame Sache mit der afd; das überzeugt nicht !!!!! Selbst wenn ich das gebetsmühlenartig wiederhole.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Fr., 31.01.2025 - 18:46

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„Friedrich Merz … macht gemeinsame Sache mit der AfD“ – und dass am Tag vor dem „Jahrestag der ´Machtergreifung der Nationalsozialisten“ (Walter Mühlhausen, 30.1.25). Allein dieses zeitliche Zusammentreffen zeigt, dass wir von Merz „große staatspolitische Verantwortung“ nicht erwarten können, wie auch Bundeskanzlerin a. D. Merkel noch am 30.1.25 konstatierte. Die Empörung über das Verhalten von CDSU und FDP, das nicht unbegründet als wahltaktisch-erpresserisch bezeichnet wird, war darum in der Öffentlichkeit zurecht sehr groß, wenn auch nicht ungeteilt. Ob sich allerdings die angedeutete Geschichte wiederholt, wollen auch Karin Nink und Walter Mühlhausen nicht behaupten, können sie aber auch nicht ausschließen. Allein dass der Anschein entstanden ist, wir sollten uns an den 30.1.33 erinnert fühlen, ist schon ein Desaster, das noch durch die taktischen Ränkespiele im Parlament und ihre Folgen für die Demokratieverdrossenheit vergrößert wird.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Fr., 31.01.2025 - 18:51

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Bei allem Entsetzen über die wahltaktischen Manöver von CDSU und FDP dürfen wir aber nicht vergessen, dass illegale Migration ein großes Problem für unsere Gesellschaft ist, das einer nachhaltigen Lösung bedarf. Auch die AfD verschwindet nicht einfach so oder durch die markigen Bekämpfungsversprechen der SPD, sondern nur, wenn unsere „demokratischen Parteien“ politische Lösungen für Migration, Wirtschaft, innere und äußere Sicherheit u. a. anbieten, die die Wähler an sie binden, sodass die AfD überflüssig wird. Nur so lässt sich auch die derzeit bestehende absolute strukturelle Mehrheit der CDSU (in den Umfragen) beseitigen: Jede Mehrheit gegen die CDSU muss zusätzlich eine gegen die AfD sein.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Fr., 31.01.2025 - 18:57

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Übrigens: Innere und äußere Sicherheit sind für die Mehrzahl der Wähler entscheidend für ihr Kreuzchen (Statista, 30.1.25). Da hat der Wähler aber kaum Alternativen, denn alle „demokratischen Parteien“ wollen das Gleiche: Sie überbieten sich darin, mehr als die anderen in unsere Sicherheit zu investieren, also massiv aufzurüsten. Die SPD hat dafür die griffige Begründung gefunden, dass „militärische Stärke und Diplomatie zwei Seiten der gleichen Medaille sind“ (SPD-Wahlprogramm). (Wenn ich diesen Satz lese, frage ich mich immer wieder, ob die SPD begriffen hat, was sie da sagt.) Sie will deshalb „mindestens“ 2% vom BIB fürs Militär ausgeben; Trump wird uns mindestens 3,5% abverlangen, und wir werden uns nicht „wegducken“ (Klingbeil) können – Pistorius will das nichteinmal.