Mehrheit mit der AfD: Wie Friedrich Merz die Demokratie destabilisiert
Friedrich Merz und mit ihm CDU, CSU und FDP machen gemeinsame Sache mit der AfD – obwohl er stets das Gegenteil beteuert hat. Damit bringt er das Land und die Demokratie in Deutschland ins Wanken. Was kommt als nächstes?
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Friedrich Merz und AfD-Fraktion im Bundestag: Was soll man ihm jetzt noch glauben?
Die Fassungslosigkeit hält an: Am Mittwoch hat der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die gesamten Fraktionen von Union und FDP im Bundestag gemeinsame Sache mit der AfD gemacht. Mit der Partei, die in Teilen von Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.
Friedrich Merz destabilisiert die Demokratie
Es ist richtig: Geschichte wiederholt sich nicht. Am Tag nach diesem Tabubruch, dem Jahrestag der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten, muss trotzdem daran erinnert werden: Auch in der Weimarer Republik war das konservative Bürgertum der Meinung, die Nazis beherrschen und instrumentalisieren zu können. Dass es umgekehrt war, ist bekannt und endete im Dritten Reich – mit all seinen Folgen.
Die feixenden und hämisch grinsenden Gesichter der AfD-Fraktion nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses und die Einlassungen ihres Geschäftsführers geben zu erkennen, dass sich die Rechtsaußen auf einem ähnlichen Weg sehen.
Den Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz ficht das nicht an. Er hat dieses Land und seine Demokratie mit seinem Vorgehen schon jetzt destabilisiert. Dass sich Angela Merkel zu Wort gemeldet und Merz' Vorgehen als Fehler bezeichnet, spricht Bände.
Zum einen ist nicht ausgeschlossen, dass er mit seinem Handeln den extremen Rechten Stimmen zuführt und nicht – wie er wohl hofft – Stimmen abnimmt.
Was soll man Friedrich Merz jetzt noch glauben?
Zum anderen: Wer aus der bürgerlich-demokratischen Mitte kann nach dem Tabubruch vom Mittwoch noch auf eine verlässliche Koalition mit Merz hoffen? Wenn Merz am Mittwoch – und wohl auch am Freitag – mit dem „Zustrombegrenzungsgesetz“, nur um Recht haben zu wollen, und ohne Verhandlungen mit den demokratischen Parteien billigend in Kauf nimmt, von Rechtsextremen gestützt zu werden, wird er dies auch als Kanzler tun.
Dass er das aktuell verneint, ist mehr als billig. Was sein Wort wert ist, zeigt der Rückblick auf den 13.November vorigen Jahres: Damals versprach Merz am Rednerpult des Deutschen Bundestages, keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen. Der gleiche Friedrich Merz, der nun, ausgerechnet nach der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, mit den AfD-Stimmen seinen – noch dazu europarechtlich mehr als umstrittenen – Antrag durchgeboxt hat. Was also soll man ihm noch glauben? Dem Vorsitzenden der CHRIST-Demokraten und seiner Fraktion, die selbst ein Brandbrief der beiden großen christlichen Kirchen nicht beeindrucken konnte?
Fatale Symbolpolitik mit unabsehbaren Folgen
Um es klar zu sagen: Alle demokratischen Parteien, wollen, dass Anschläge wie zuletzt in Aschaffenburg nicht passieren. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung noch einmal eindringlich deutlich gemacht. Seine Regierung hat dazu schon eine Menge auf den Weg gebracht. Es liegen zudem mehrere Gesetzesentwürfe vor, die noch in dieser Woche verabschiedet werden könnten. Doch die Union verweigert ihre Zustimmung. Stattdessen setzt sie auf eine fatale Symbolpolitik mit unabsehbaren Folgen. Denn weder die Anträge, die Merz und seine Fraktion eingebracht haben, noch das „Zustrombegrenzungsgesetz“, das am Freitag zu Abstimmung steht, werden zeitnah etwas ändern.
Die Wählerinnen und Wähler sollten sich deswegen bei der Bundestagswahl sehr gut überlegen, was passieren kann, wenn sie die Union wählen. Denn Merz hat mit seinem Handeln vom Mittwoch jede Glaubwürdigkeit verloren. Eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten oder gar eine schwarz-blaue Koalition ist nach dem 29. Januar 2025 – leider – nicht mehr auszuschließen.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.