Unions-Antrag mit AfD beschlossen: So reagieren SPD und Gesellschaft
Zum ersten Mal hat die AfD einem Antrag im Bundestag zu einer Mehrheit verholfen. Die Reaktionen aus Politik und Gesellschaft fallen eindeutig aus. In Berlin kam es am Abend zu einer spontanen Demonstration. Eine weitere soll folgen.
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Vor der CDU-Parteizentrale kam es am Mittwochabend zu einer spontanen Demonstration, nachdem die Union bei einer Abstimmung auf die AfD gesetzt hatte.
Die SPD-Fraktion steht am Mittwochabend geschlossen in der dritten Etage des Bundestags. Ihr Vorsitzender Rolf Mützenich hat kurzfristig zu einem Pressestatement eingeladen und die 209 sozialdemokratischen Abgeordneten stärken ihm symbolisch den Rücken. „Die SPD-Bundestagsfraktion ist empört“, sagt Mützenich. Es fallen Begriffe wie „Rechtsbeugung“ und „unverantwortliche Politik“. Was ist geschehen?
Ein schlechtes Zeichen für das Parlament und das Land
Nach heftiger Debatte hat ein Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zur Migrationspolitik eine knappe Mehrheit bekommen, weil die AfD-Abgeordneten ihm zugestimmt haben. Es ist das erste Mal, dass eine Fraktion auf die Stimmen der in Teilen rechtsextremen Partei gesetzt hat. „Wissentlich und willentlich ist Herr Merz aus der demokratischen Mitte dieses Hauses ausgebrochen“, sagt Rolf Mützenich.
Auch in den sozialen Netzwerken ist die Aufregung groß. „Ich werde noch eine Zeit brauchen, zu verarbeiten, was wir heute gemeinsam erlebt haben. Dieser Tag wird sicherlich von manchen als historisch beschrieben werden“, schreibt Bundeskanzler Olaf Scholz auf X. Noch in seiner Regierungserklärung am Nachmittag hatte er Friedrich Merz vor einer gemeinsamen Abstimmung mit der AfD gewarnt, ohne Erfolg. Dass der Unionsantrag mit einer Mehrheit beschlossen wurde, die auch von der AfD getragen wurde, wertet Scholz auf X als „ein schlechtes Zeichen. Für das Parlament. Und auch für unser Land.“
Friedrich Merz „zockt mit unserer Demokratie“
Von einem „historischen Tabubruch“ spricht der stellvertretende SPD-Vorsitzende Achim Post auf X. Der 29. Januar 2025 sei ein „ganz schwarzer Tag für die Demokratie“. „Die Gewinner nach der heutigen Bundestagsabstimmung sind nicht CDU, CSU oder FDP – es ist die AfD.“ Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil findet auf X klare Worte. „Seit 1949 war immer klar: Demokraten verschaffen sich keine Mehrheiten im Bundestag mit Rechtsradikalen. Friedrich Merz hat diesen Konsens der demokratischen Mitte heute aufgekündigt. Er zockt mit unserer Demokratie. Ihm darf man keine Verantwortung für unser Land anvertrauen.“
Auf seiner Facebook-Seite hatte sich SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bereits vor der Abstimmung im Bundestag zu Wort gemeldet. „Wer die Rechtsextremen in sein Haus lässt, kriegt sie nicht mehr raus“, schrieb Miersch. Mit seinem Manöver untergrabe Friedrich Merz „das Vertrauen der demokratischen Mitte unseres Landes. Wie soll man ihm vertrauen, dass er nach der Wahl nicht die Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD sucht, wenn er sie braucht?“
Großdemo in Berlin geplant
Diese Befürchtung scheinen viele zu teilen. Am Abend kommen hunderte Demonstrant*innen zu einer spontanen Demonstration unter dem Motto „Brandmauer statt Brandstiftung“ vor der CDU-Zentrale in Berlin zusammen. Aufgerufen hatte unter anderem Amnesty International. Für den kommenden Sonntag ist eine Großdemonstration in Berlin gegen die Politik von Friedrich Merz geplant.
Wo die breite Bevölkerung steht, dürfte sich bei der Bundestagswahl zeigen. „Am 23. Februar entscheidet der Souverän darüber, ob dies ein Fehler einer unverantwortlichen Politik gewesen ist durch einen Oppositionsführer, der dies leichtfertig herbeigeführt hat, oder ob die Rutschbahn noch weitergeht“, sagt SPD-Fraktionschef Mützenich am Mittwochabend.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
Empörung !!!
Da wird wieder die "demokratische Mitte" beschworen etc. etc. Wenn es dem Kapital gut geht, dann mag etwas Demokratie sogar nützlich sein, wenn das Kapital aber Abstiegsängste hat, dann war bis Faschismus oder vergleichbare repressive Systeme das passende Rezept (lest bei Dimitroff nach). Mit Migrantenfeindlichkeit läßt sich da ganz gut das Geschäft betreiben, aber es gibt ja auch die Sozialschmarotzer und andere Gruppen. Die SPD hat da leider nicht immer saubere Hände.