Staatsbürger in Uniform: Warum das Konzept für die Bundeswehr so wichtig ist
Die Bundeswehr braucht dringend mehr Soldat*innen – wenn möglich freiwillig. Um dafür mehr junge Deutsche zu gewinnen, spielt das Konzept des „Staatsbürgers in Uniform“ eine zentrale Rolle. Wir erklären es.
Maurizio Gambarini
Staatsbürger in Uniform: Bundeswehrsoldaten bei einem Gedenkmarsch für die 117 im Einsatz gefallenen Kameraden 2024 in Berlin.
Was bedeutet das Bundeswehr-Konzept „Staatsbürger in Uniform“?
Es bedeutet, dass Soldat*innen auch im Dienst gleichberechtigte Bürger*innen bleiben, damit also „Staatsbürger in Uniform“ sind. Sie sind somit nicht nur Angehörige der Streitkräfte, sie bleiben zugleich Teil der demokratischen Gesellschaft.
Warum ist das so wichtig?
Zum einen, damit die Bundeswehr keinen „Staat im Staate“ oder eine Art Parallelgesellschaft bildet. Zum anderen, damit die Soldat*innen keine kritiklosen Befehlsempfänger sind, die etwa für undemokratische Zwecke missbraucht werden könnten. Sie sollen weiter an der demokratischen Ordnung mitwirken. Kurz gesagt: Mit dem Konzept soll die Integration der Streitkräfte in die Demokratie sichergestellt werden.
Welche Lehren aus der Geschichte wurden gezogen?
Das Konzept ist ein Ergebnis der negativen Erfahrungen, die mit der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg gemacht wurden. Sie war nicht auf die demokratische Verfassung vereidigt, sondern auf den damaligen „Führer und Reichskanzler“ Adolf Hitler persönlich. Ihm schuldete jeder einzelne Soldat laut Eidesformel „unbedingten Gehorsam“, egal welche Verbrechen Hitler befahl, wie etwa Eroberungskriege und Völkermorde. Ein Recht auf Widerstand dagegen oder auf Befehlsverweigerung gab es für die Wehrmachtssoldaten nicht, ebenso wenig das Recht, den Kriegsdient mit der Waffe zu verweigern.
Vom wem stammt das neue Konzept?
Der wehrpolitische Berater der SPD, Friedrich Beermann, prägte den Begriff „Staatsbürger in Uniform“ bereits 1952 – also drei Jahre vor der Aufstellung der Bundeswehr, die ab 1955 begann. Beermanns Ideen wurden danach vom späteren Generalleutnant Wolf Graf von Baudissin für die Bundeswehr aufgegriffen und weiterentwickelt.
Welche Rechte haben die Angehörigen der Bundeswehr?
Sie haben nahezu die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Staatsbürger*innen in Deutschland. Das gilt zum Beispiel für den Schutz der Menschenwürde und für die Grundrechte des Grundgesetzes. Diese gelten auch innerhalb der militärischen Hierarchie und damit auch gegenüber den Vorgesetzten.
Gibt es hier Einschränkungen?
Ja, die gibt es. So ist die Meinungsfreiheit im Dienst eingeschränkt. Soldat*innen dürfen auch nicht in ihrer Uniform politisch aktiv werden oder in Uniform für eine Partei werben.
Warum spielen die Grundrechte für die Bundeswehr eine so große Rolle?
Weil sie nicht nur für die Soldat*innen selbst gelten, sondern weil diese durch ihren Dienst in der Bundeswehr die Grundrechte aller Bürger*innen schützen. Sie verteidigen mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben die Menschenwürde, das Recht und die Freiheit aller. Die Angehörigen der Bundeswehr sind diesen Werten also ganz besonders verpflichtet.
Kennt die Bundeswehr keinen Gehorsam?
Doch, den kennt sie. Aber es ist kein unbedingter Gehorsam, der über allem anderen steht, beispielsweise über dem Grundgesetz und seinen Werten. Die letzte Entscheidungsinstanz der Soldat*innen ist ihr Gewissen. Sie haben im Dienst eigene Ermessensspielräume für selbstverantwortliches Handeln und tragen so Mitverantwortung. Sie sollen in Entscheidungsprozesse eingebunden werden, im Alltagsdienst wie auch im Einsatz.
Warum hat das Gewissen des Einzelnen für die Streitkräfte so eine hohe Bedeutung?
Das Gewissen jedes einzelnen Angehörigen der Streitkräfte soll eine Instanz sein, die einen Missbrauch der Bundeswehr verhindert. Das Verantwortungsbewusstsein, die Urteilsfähigkeit und das moralische Handeln der Soldat*innen haben dafür eine entscheidende Bedeutung.
Welche Rolle spielt Bildung für die Soldat*innen?
Eine große. Bildung, etwa historische und politische, ist deshalb so wichtig, weil sie das Gewissen der Soldat*innen schulen soll. Daher sind diese verpflichtet, sich innerhalb des Dienstes zu bilden. Diesem Ziel dienen Unterricht und Schulungen. Sie sollen den Soldat*innen ethische Grundlagen für ihr Handeln liefern und sie stärken in ihrem Urteil. Bildung, Ausbildung und Training sind auch deshalb wichtig, weil die Bundeswehr starke, charakterfeste und stressstabile Soldat*innen braucht, die die hohen physischen und psychischen Anforderungen in Krisensituationen meistern können.
Warum ist das Konzept des „Staatsbürgers in Uniform“ gerade heute so wichtig?
Das Konzept soll die Integration der Streitkräfte in die demokratische Gesellschaft ermöglichen. Diese steht aber zur Zeit vor wachsenden Problemen: etwa durch den Zulauf für extremistische Strömungen wie Rechtsradikale und Islamisten. Dies stellt auch die Angehörigen der Bundeswehr vor neue Herausforderungen, damit die Streitkräfte auch in Zukunft ein Stabilitätsanker und Garant unserer Demokratie bleiben.
Friedenspolitisches Profil der SPD: Alternativen entwickeln
Die aktuelle Aufrüstung der Bundeswehr und anderer Nato-Staaten wird zwangsläufig auf der Gegenseite ähnliches zur Folge haben und damit die Konflikteskalation weiter anheizen - von den sozialen Verwerfungen und ökologischen Folgen einmal ganz abgesehen. Von der kritischen Friedensforschung und von Friedensorganisationen gibt es zivile Konzeptionen für die Resilienz eines freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaats. Auf Anregung des KV Freudenstadt im Schwarzwald - Antrag O23 - hat der Bundesparteitag beschlossen, sich auch mit diesen sicherheitspolitischen Alternativen zur militärischen Friedenssicherung zu befassen. Im Energiebereich wurden alternative Möglichkeiten lange von Ökologen und Umweltverbänden gefordert. Heute sind sie selbstverständlich, staatlich gefördert und auf Dauer gesehen alternativlos.
Auch im Bereich der Friedenssicherung könnte die SPD hierbei Vorreiter sein und würde für viele ausgetretene bzw. austrittswillige GenossInnen wieder attraktiv werden.
Friedenspolitisches Profil der SPD: Alternativen entwickeln
Die aktuelle Aufrüstung der Bundeswehr und anderer Nato-Staaten wird zwangsläufig auf der Gegenseite ähnliches zur Folge haben und damit die Konflikteskalation weiter anheizen - von den sozialen Verwerfungen und ökologischen Folgen einmal ganz abgesehen. Von der kritischen Friedensforschung und von Friedensorganisationen gibt es zivile Konzeptionen für die Resilienz eines freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaats. Auf Anregung des KV Freudenstadt im Schwarzwald - Antrag O23 - hat der Bundesparteitag beschlossen, sich auch mit diesen sicherheitspolitischen Alternativen zur militärischen Friedenssicherung zu befassen. Im Energiebereich wurden alternative Möglichkeiten lange von Ökologen und Umweltverbänden gefordert. Heute sind sie selbstverständlich, staatlich gefördert und auf Dauer gesehen alternativlos.
Auch im Bereich der Friedenssicherung könnte die SPD hierbei Vorreiter sein und würde für viele ausgetretene bzw. austrittswillige GenossInnen wieder attraktiv werden.
Staatsbürger in Uniform
Ein Euphemismus, denn es gilt das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Die Grundrechte von Soldaten sind eingeschränkt !!!
Menschenwürde ? Als ich erinnere mich da an meine Bundeswehrzeit ...... und es gingen vor ein paar Jahren noch massive Verstöße dagegen durch die Presse.
Da nutzt alles schönschreiben nichts !
Menschen dazu auszubilden damit sie andere Menschen töten (Tucholzky) ist per se schon ein Verstß gegen Menschenrecht und Menschenwürde.