Wahlprogramm: Was die SPD bei Integration und Fachkräfte-Zuwanderung will
Schon jetzt ist der Fachkräftemangel in Deutschland groß. In den kommenden droht er sich weiter zu verschärfen. Verstärkte Zuwanderung aus dem Ausland könnte die Situation entspannen. Die SPD hat dazu klare Forderungen in ihrem Programm für die Bundestagswahl.
IMAGO / Rainer Weisflog
Was passiert, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen? Überall in Deutschland suchen Unternehmen nach Fachkräften. Zuwanderung könnte das Problem lösen.
„In Deutschland gibt es viele alte Menschen. Und nur wenige junge Menschen. Deshalb braucht Deutschland Menschen aus anderen Ländern.“ So steht es im Programm der SPD zur Bundestagswahl, zumindest in dem in leichter Sprache verfassten. Treffender ließe sich die Situation kaum formulieren. Denn der Fachkräftemangel hierzulande ist schon jetzt enorm. Derzeit sind offiziell 1,2 Millionen Stellen unbesetzt, ob Handwerker*innen, Pflegekräfte, Fahrlehrer*innen, Erzieher*innen oder Programmierer*innen.
Diese Fachkräfte-Lücke droht in den kommenden Jahren noch größer zu werden, wenn die sogenannten Babyboomer-Jahrgänge (die zwischen 1955 und 1969 Geborenen) in Rente gehen. Um das auszugleichen, ist nach Ansicht von Ökonom*innen eine Zuwanderung von bis zu 400.000 Fachkräften aus dem Ausland pro Jahr notwendig. Die Ampel-Regierung hat dafür unter Federführung der SPD mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz bereits die Weichen gestellt. Seitdem ist es für Fachkräfte beispielsweise leichter geworden, nach Deutschland zu kommen, um hier einen passenden Arbeitsplatz zu finden.
Im Wahlprogramm der SPD finden sich nun weitere Punkte, um die Fachkräfteeinwanderung zu erleichtern.
1. Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes
In ihrem Programm macht die SPD klar: „Wir wollen das Fachkräfteeinwanderungsgesetz unbürokratisch umsetzen und weiterentwickeln.“ Dadurch sollen qualifizierte Arbeitskräfte einfacher und schneller nach Deutschland kommen können.
2. „Spurwechsel“ für integrierte Geflüchtete
Wer als Geflüchteter keinen Schutzstatus hat, aber bereits erfolgreich in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft integriert ist sowie straffrei lebt, soll nach dem Willen der SPD die Möglichkeit zum „Spurwechsel“ in die Fachkräfteeinwanderung erhalten. Wer arbeitet oder ein Jobangebot als Fachkraft hat und einen anerkannten Berufsabschluss vorweisen kann, soll den Asylantrag zurückziehen und eine Aufenthaltserlaubnis beantragen können.
Das forderte kürzlich auch die integrationspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Rasha Nasr, im vorwärts-Interview. „Lasst die Leute arbeiten! Dadurch erfährt man Selbstwirksamkeit. Die Akzeptanz steigt ins Unermessliche, wenn die Leute in die Lage versetzt werden, sich um sich selbst zu kümmern“, sagte Nasr und forderte, mehr Menschen den sogenannten Spurwechsel zu ermöglichen.
Zugleich betont die SPD in ihrem Programm mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen in der Asyl- und Migrationspolitik aber auch: „Wer sich nicht an die Regeln hält, muss wieder gehen.“
3. Mehr Integrationskurse
Oft kommt es vor, dass Menschen mehrere Monate lang auf einen Platz in einem Integrationskurs warten müssen. Deswegen hat sich die SPD vorgenommen, Integrationskursangebote massiv auszubauen und sicherzustellen, dass sie angemessen finanziert werden. Die Kurse sollen bei der Erstintegration eine zentrale Rolle spielen und zugleich den Einstieg in die deutsche Gesellschaft erleichtern. Auch berufsbegleitende Integrationskurse sollen ausgebaut werden.
4. Einführung eines Partizipationsgesetzes
Eigentlich hatten sich bereits SPD, Grüne und FDP in ihrem Ampel-Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein Bundespartizipationsgesetz zu erarbeiten. Es soll Teilhabe stärken und die Bundesverwaltung an die Vielfalt in der Einwanderungsgesellschaft anpassen. In einigen Bundesländern gibt es bereits vergleichbare Gesetze.
Nun taucht die Forderung auch im SPD-Wahlprogramm wieder auf. Darin heißt es: „Durch verbindliche Regelungen soll gleichberechtigte Teilhabe in allen relevanten Bereichen – von Bildung und Arbeit bis hin zu politischer Mitbestimmung – erreicht werden. Ziel ist es, Teilhabehürden abzubauen, Chancengleichheit zu schaffen und so Integration sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.“
5. Bessere Anerkennung von Qualifikationen
„Deutschland profitiert seit Langem davon, dass wir ein Einwanderungsland sind. Wir treten Menschen mit Respekt gegenüber, völlig egal, wo sie ihre Wurzeln haben“, heißt es im SPD-Programm. Deswegen brauche es klare und nachvollziehbare Regeln, weniger Bürokratie und eine deutlich transparentere und vereinfachte Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und Qualifikationen. Denn fair gestaltete Einwanderung darf nach Ansicht der SPD nicht zu Ausbeutung, Lohndumping und unfairem Wettbewerb führen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo