Vertrauensfrage: Wie der SPD-Generalsekretär Forderungen der CDU kontert
SPD-Generalsekretär Mattias Miersch hat den Fahrplan seiner Partei auf dem Weg zu Neuwahlen vorgestellt. Zudem appellierte er an das Verantwortungsbewusstsein der politischen Mitte und erneuerte seine Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz.
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SPD-Generalsekretär Matthias Miersch am Montag nach der Gremiensitzung im Willy-Brandt-Haus.
Nach nur wenigen Wochen im Amt steht SPD-Generalsekretär Matthias Miersch vor der Aufgabe, den Bundestagswahlkampf seiner Partei zu organisieren. Das bringt Herausforderungen mit sich, denen er sich ohne üppigen zeitlichen Vorlauf stellen muss. „Ich befasse mich viel mit Papierbeschaffung und Druckereikapazitäten“, berichtete er am Montag mit einem leichten Schmunzeln vor Journalisten*innen im Willy-Brandt-Haus.
Doch es blieb bei diesem einen humorvollen Einwurf. Miersch machte nach der Sitzung der SPD-Gremien deutlich, dass es nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen und Neuwahlen anzustreben, vor allem darauf ankommt, die kommende Bundestagswahl sorgfältig vorzubereiten, ordnungsgemäß durchzuführen und so die Legitimität des Urnengangs zu wahren. Pannen bei der Wahl würden nur den Populist*innen in die Hände spielen, warnte Miersch.
Was auch heißt: Die SPD solle nicht über jedes Stöckchen springen, die die Oppositionsparteien ihr hinhalten. Mit seiner Prioritätensetzung richtete sich Miersch vor allem an CDU-Chef Friedrich Merz: Dieser hatte Scholz aufgefordert, bereits am Mittwoch nach der Regierungserklärung im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Nach der Auflösung des Bundestags müssten dann innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.
Kommunalpolitiker*innen warnen vor zu engem Zeitplan für Neuwahl
Miersch hält diesen Fahrplan für „nicht umsetzbar“. Mehrere Bürgermeister*innen, deren Verwaltung die Wahl vor Ort zu organisieren haben, hätten ihn darin bestätigt. Zugleich kritisierte er verbale Attacken der Union gegen Bundeswahlleiterin Ruth Brand. Auch diese seien Wasser auf die Mühlen von Extremist*innen. Brand hatte ebenfalls vor einem zu engen Fahrplan gewarnt.
Beim Thema Vertrauensfrage ist einiges in Bewegung geraten. Zunächst hatte Scholz dafür den 15. Januar ins Spiel gebracht. Am Sonntag ließ er die Bereitschaft durchblicken, den Termin auf den Dezember vorzuziehen. Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktionen, verhandelt derweil mit den Unionsfraktionen über einen Termin für die Vertrauensfrage. Und auch über die Gesetzesvorhaben, die Rot-Grün womöglich vor der Neuwahl mit CDU und CSU durchs Parlament bringen könnte. „Ich bin zuversichtlich, dass wir mit der Union eine Einigung erzielen werden“, so Miersch.
Gleichwohl trat er dem von einigen Medien und Oppositionsparteien erweckten Eindruck entgegen, die verbliebene rot-grüne Koalition könne politisch nichts mehr bewegen. „Die Bundesregierung und der Bundestag sind voll handlungsfähig“, betonte Miersch. „Nun kommt es darauf an, dass die demokratische Mitte zusammenarbeitet, um bei wichtigen Themen, die viele Menschen bewegen, zu einem Ergebnis zu kommen.“ Als Beispiele nannte er die Eindämmung der kalten Progression, die Erhöhung des Kindergeldes und die künftige Ausgestaltung des Deutschlandtickets.
Matthias Miersch: Solidaritätszuschlag bleibt erhalten
Miersch machte aber auch klar, wo für die SPD rote Linien sind. „Eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik wird es mit uns nicht geben“, sagte Miersch. Auch damit richtete er sich an Merz. Dieser hatte jüngst steuerliche Entlastungen und mehr Anerkennung für Wohlhabende gefordert. Miersch und weitere Politiker*innen hatten diesem Kurs eine deutliche Absage erteilt.
Miersch machte klar: Der Weg zu Neuwahlen ist herausfordernd, doch die SPD ist dafür bestens gewappnet. Bei bestens besuchten Dialogkonferenzen treibe die Partei die Programmdiskussion voran. Nach Veranstaltungen in Hamburg und Mainz steht am 19. November eine weitere in Essen auf dem Programm. Anfang nächsten Jahres soll es einen ersten Aufschlag für ein Wahlprogramm geben. Für den 30. November ist eine Konferenz mit den Kandidierenden in Berlin angesetzt.
Auch was den Weg zur kommenden SPD-Kanzlerkandidatur betrifft, schuf Miersch Klarheit. Wer kandidiert, wird beim für Ende Januar oder Anfang Februar geplanten Bundesparteitag in Berlin entschieden. „Ich habe keinen Zweifel, dass soll Olaf Scholz Kandidat wird“, erklärte Miersch.
1.000 neue SPD-Mitglieder
Die Lage ist ernst, doch die SPD steckt den Kopf nicht in den Sand: Diesen Geist ließ Miersch am Montag immer wieder durchblicken. Seine Zuversicht dürfte sich auch daraus speisen, dass die SPD seit dem Aus der Ampel auf einem wichtigen Gebiet im Aufwind ist: Mehr als 1.000 Mitglieder hat die Partei seit vergangenen Mittwoch hinzugewonnen.
ich bin gerad zu erschüttert wegen der Äußerungen des neuen
Generals in Bezug auf die Kandidatenfrage. Er hat ganz offen in Frage gestellt, dass Olaf Scholz unserer Kandidat sein wird. Geschlossenheit geht anders. Stehende Ovationen in der Bundestagsfraktion, und nun ein Abschied in Etappen??!! Wenn wir nun den Termin offen halten und in der länger werdenden Zeitspanne bis zu den Wahlen nicht nur von der Opposition sondern nun auch von den Grünen unter Druck gesetzt werden (die ja ganz offen an Seiten der CDU weiterregieren wollen) , dann können wir uns einen Kanditatenwechsel nun überhaupt nicht mehr leisten. Wenn tatsächlich Pistorius der Kandidat werden soll, dann muss dass nun innert weniger Tage erfolgen. Später geht das nur noch mit immensem Vertrauennsverlust.
Kandidat
Pistorius geht gar nicht ! Hier in Brandenburg haben Mann und Frau garnichts für Rüstung und Krieg übrig. Das mag man in einer Berliner Blase (oder in Hamburg/Niedersachsen) anders sehen. Woidke konnte bei der Landtagswahl noch punkten indem er sich Wahlkampf"hilfe" von gewissen Leuten verbat.
Wer führt die SPD besser in die Zukunft?
Die aktuelle Diskussion um die Vertrauensfrage und die Forderungen der CDU zeigt deutlich, wie wichtig es jetzt ist, eine starke und beliebte Führungspersönlichkeit in der Bundestagswahl zu nutzen.
Boris Pistorius hat sich in den letzten Monaten als einer der beliebtesten Politiker in Deutschland etabliert. Seine klare Kommunikation und entschlossene Handlungsweise haben ihm nicht nur innerhalb der SPD, sondern auch bei der breiten Bevölkerung hohe Zustimmungswerte eingebracht.
Im Vergleich dazu hat Olaf Scholz, trotz seiner umfangreichen politischen Erfahrung, nicht nur mit schwankenden Beliebtheitswerten zu kämpfen. Er würde mit dem Malus eines verlorenen Parteivorsitzes und einer verlorenen Vertrauensfrage von der CDU aufgerieben werden. Wunsch und Wirklichkeit waren mit ihm nie weiter auseinander. Sein Verständnis von Maß und Mitte droht geschichtlich als Mittelmaß zu verblassen. Die Schwäche Olaf Scholz ist es, dies nicht zu erkennen und die Schwäche seiner Umgebung ist es, ihm nicht ehrlich zu sagen.
Es sollte für die SPD keine langwierige und schwierige Entscheidung werden, dies vor den Neuwahlen zu klären. Boris Pistorius' Fokus auf innere Sicherheit und Verteidigung sowie seine Authentizität machen ihn zu einem stärkeren Kandidaten, der auch Wechselwähler* und jüngere Wähler* anziehen wird.
Friedrich Merz die Stirn zu bieten bedeutet den CDU-Chef, der vorgeblich eine höhere wirtschaftspolitische Kompetenz zugesprochen bekommt und eine stabile Unterstützung innerhalb der CDU habe, zu schlagen und zwar bei den progressiveren Wählern*.
Dessen polarisierende Art und gelegentlichen rhetorischen Ausfälle kosten ihm zu Recht Sympathien und beeinflussen seine öffentliche Wahrnehmung negativ. Zudem spricht Friedrich Merz konservative Haltung jüngere und progressivere Wähler* weniger an, was ihm in urbanen Gebieten und bei jüngeren Wählergruppen Nachteile bringen wird.
Die SPD muss für eine soziale Erneuerung und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit stehen. Boris Pistorius verkörpert diese Werte durch seine klare und entschlossene Politik, die darauf abzielt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und extreme Ränder zu bekämpfen. Seine Unterstützung für eine vorbehaltslose Ukraineunterstützung und seine proeuropäische Haltung zeigen, dass er die Bedeutung eines starken und vereinten Europas versteht.
In einem direkten Vergleich wird Boris Pistorius aufgrund seiner hohen Beliebtheit und positiven Wahrnehmung in verschiedenen Wählergruppen besser gegen Friedrich Merz konkurrieren als Olaf Scholz. Boris Pistorius' Stärken auch auf dem internationalen Parkett, sowie seine klare und authentische Kommunikation, machen ihn zu einem stärkeren Herausforderer für Friedrich Merz.
Seine Fähigkeit, sowohl konservative als auch progressive Wähler anzusprechen, wird der SPD helfen, eine breitere Wählerbasis zu mobilisieren und Friedrich Merz effektiv entgegenzutreten.
Die SPD muss diese Dynamiken berücksichtigen, wenn sie sich auf die Neuwahlen am 23. Februar 2025 vorbereitet. Ein Kandidat wie Boris Pistorius wird der Partei deutlich besser helfen, sowohl die Basis zu mobilisieren als auch neue Wählergruppen zu gewinnen und somit eine starke Alternative zu Friedrich Merz darzustellen. Mit Boris Pistorius an der Spitze wird die SPD ihre Vision von sozialer Gerechtigkeit, Klimafrieden und einem starken Europa verwirklichen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern.