Ampel-Aus: Diese Gesetze will SPD-Kanzler Scholz bis Dezember noch umsetzen
Auch wenn die Koalition nicht mehr steht, geht die Regierungsarbeit weiter. Bundeskanzler Olaf Scholz will noch zentrale Gesetzesvorhaben in den Bundestag einbringen. Ein Überblick
IMAGO / Bernd Elmenthaler
Große Zustimmung: Nach Bekanntgabe des Endes der Koalition erhielt Bundeskanzler Olaf Scholz in der SPD-Bundestagsfraktion Beifall.
Er wolle in den verbleibenden Sitzungswochen bis Weihnachten alle Gesetzentwürfe zur Abstimmung stellen, die seiner Meinung nach keinerlei Aufschub dulden. Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend der Presse, nachdem er die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner angekündigt hatte. Konkret benannte Scholz vier Projekte: den Ausgleich bei der kalten Progression als Teil des Steuerfortentwicklungsgesetzes, die Stabilisierung der gesetzlichen Rente, die Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und Sofortmaßnahmen für die Industrie.
Weniger Lohnsteuern
Beim Steuerfortentwicklungsgesetz zum Ausgleich der kalten Progression geht es Scholz darum, dass „alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 1. Januar mehr Netto vom Brutto haben“. Der Mechanismus dahinter: Wenn der Grundfreibetrag im Einkommenssteuertarif erhöht wird, verringert sich die abzuführende Lohnsteuer.
Schon für die Jahre 2023 und 2024 hatte die Ampelkoalition Steuererleichterungen eingeführt, um Bürger*innen zum Ausgleich der Inflation zu entlasten. Darunter fiel auch die Anhebung des Grundfreibetrags. Für 2023 wurde er um 561 Euro auf 10.908 Euro angehoben, in 2024 um 696 Euro auf 11.604 Euro. Das bedeutet, dass erst Einkommen über 11.604 Euro versteuert werden.
Der Eingangssteuersatz liegt hier bei 14 Prozent. Für die Jahre 2025 und 2026 ist eine weitere Anhebung des Grundfreibetrags um 300 Euro auf 12.084 Euro im Jahr 2025 und um 252 Euro auf 12.336 Euro im Jahr 2026 geplant. Auch die Kinderfreibeträge sollen im Jahr 2025 und 2026 steigen, um 60 Euro auf 6.672 Euro und um 156 Euro auf 6.828 Euro.
Stärkung der Rente
Dabei geht es um ein Wahlversprechen der SPD. Das Rentenniveau soll stabil bleiben, das Renteneintrittsalter nicht steigen, so der SPD-Plan. Gemeinsam mit dem ehemaligen FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil den Gesetzentwurf zum sogenannten Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz bereits im März der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit dem Gesetz soll das Mindestrentenniveau von 48 Prozent bis 2039 gesichert werden, das Renteneinstiegsalter aber nicht angehoben werden. Im Mai wurde der Entwurf vom Bundeskabinett beschlossen, seitdem kommt das Gesetz nicht voran, die FDP im Bundestag stellt sich quer.
Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)
Die EU-Asylreform sieht vor, dass Asylanträge von geflüchteten Menschen mit geringer Bleibeperspektive künftig bereits an der EU-Außengrenze entschieden werden kann. Zwei entsprechende Gesetzentwürfe von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wurden am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen. Damit kann das parlamentarische Verfahren starten.
Sofortmaßnahmen für die Industrie
In seiner Rede bezog sich Scholz auf Maßnahmen, „über die ich derzeit mit Unternehmen, Gewerkschaften und Industrieverbänden spreche“. Zudem verwies er auf konkrete Angebote „zur Stärkung Deutschlands in schwieriger Zeit“, die er Lindner vorgeschlagen habe. Dazu zählte er bezahlbare Energiekosten und das Deckeln der Netzentgelte für Unternehmen, um den Wirtschaftsstandort zu stärken. Weiterhin sprach er sich für Maßnahmen aus, die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei den vielen Zulieferbetrieben sichern sollen und für die Einführung einer Investitionsprämie, um steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu verbessern.
Auf die Frage, welche Maßnahmen kurzfristig überhaupt noch möglich sind, antwortete die Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Verena Hubertz dem „vorwärts“, dass alleine in der Wachstumsinitiative der Bundesregierung 49 Einzelmaßnahmen steckten, „die unsere Wirtschaft langfristig nach vorne bringen“. Anspruch sei, „diese Maßnahmen durch Parlament und Haushalt zu bringen“.
Zeit bis 20. Dezember
Geht es nach Scholz, sollten diese Beschlüsse bis zur letzten Sitzung des Bundesrates in diesem Jahr, am 20. Dezember, gefasst sein. Um die dafür notwendigen Mehrheiten im Bundestag zu erhalten, traf sich Bundeskanzler Scholz bereits am Donnerstag zu Gesprächen mit Oppositionsführer Friedrich Merz.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.