Stahlgipfel: Wie Kanzler Olaf Scholz die Zukunft der Branche sichern will
Ob Klimaschutz oder Billigkonkurrenz: Deutschlands Stahlindustrie steht vor vielen Herausforderungen. Bei einem Treffen mit Vertretern von Unternehmen und Gewerkschaften hat Bundeskanzler Olaf Scholz der Branche seine volle Unterstützung zugesagt.
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Die Stahlbranche ist im Umbruch: Hochöfen von ThyssenKrupp in Duisburg.
Um die klimafreundliche Transformation der deutschen Stahlindustrie auch weiterhin zu unterstützen und die Zukunft der Branche zu sichern, setzt sich die Bundesregierung für wettbewerbsfähige Energiekosten und fairere internationale Rahmenbedingungen ein. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Gespräch mit Unternehmen, Betriebsräten und Gewerkschaften unterstrichen.
„Die deutsche Stahlindustrie ist unverzichtbar für unser Land“, so Scholz. „Sie ist einer der größten Arbeitgeber, mit guten Arbeitsplätzen. Der hier produzierte Stahl ist von höchster geostrategischer Bedeutung für die Industrieproduktion in Deutschland und damit für unser wirtschaftliches Wachstum." Rund 71.000 Menschen sind direkt in der deutschen Stahlindustrie beschäftigt. Nimmt man die angegliederten Bereiche hinzu, werden etwa vier Millionen Arbeitsplätze gezählt.
Die Bundesregierung werde ihren Kurs beibehalten und auch in Zukunft Investitionen für den Umstieg auf die klimafreundliche Stahlproduktion mit Fördermitteln unterstützen, wurde Scholz nach dem Stahlgipfel am Montag im Bundeskanzleramt zitiert. Um die Branche zeitnah bei den Energiekosten zu entlasten, will der Kanzler die Kosten für den Stromtransport in Übertragungsnetzen auf drei Cent pro Kilowattstunde deckeln.
Olaf Scholz: Netzentgelte sollen 2025 nicht steigen
Um die Stromkosten kurzfristig konkurrenzfähig zu machen, will die Bundesregierung einen Teil der Kosten für die Übertragungsnetze finanzieren und Sorge tragen, dass die Übertragungsnetzentgelte im Jahr 2025 nicht steigen. Gleichzeitig setzt sich der Bund gegenüber der EU-Kommission dafür ein, dass wichtige Entlastungsinstrumente für die Stahlindustrie bestehen bleiben oder verbessert werden.
Dazu gehöre vor allem die Strompreiskompensation, die für einen Großteil der Stahlindustrie die Stromkosten deutlich reduziere. Dieses Instrument wurde kürzlich verlängert. Es müsse auch nach der im Jahr 2025 anstehenden Evaluierung der EU-Kommission für die Stahlindustrie weiterhin großzügig ausgestaltet werden und auf mehr Unternehmen ausgeweitet werden, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.
Ein zentraler Punkt sei zudem die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen auf den Weltmärkten. Höhere Klimaschutzanstrengungen in der EU müssten ausgeglichen und die Abwanderung in Länder mit geringeren Schutzstandards verhindert werden. Brüssel müsse entschlossen handeln, wenn es um Wettbewerbsverzerrungen durch Dumping und marktverzerrende Subventionen geht, forderte Scholz, der sich zudem für einen zeitnahen europäischen Stahlgipfel einsetzt.
Wirtschaftsvereinigung Stahl: „Die Strompreise müssen runter"
Letzteren Punkt wertete die Wirtschaftsvereinigung Stahl als positives Signal. Es sei höchste Zeit, europaweit Maßnahmen zur Stabilisierung der Branche klar und verbindlich auf den Weg zu bringen, so Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Auf nationaler Ebene seien die hohen Energiekosten das drängendste Thema. „Die Strompreise müssen runter – und zwar deutlich und langfristig“, forderte Groebler. Das derzeit vom Bund angepeilte Entlastungsvolumen von 1,3 Milliarden Euro bei den Netznutzungsentgelten reiche nicht aus.
Beim Stahlgipfel standen unter anderem die schwierige konjunkturelle Lage der Stahlindustrie und Fragen der Energieversorgung auf der Tagesordnung. Dazu hatten sich die Vorstandsvorsitzenden wichtiger deutscher Stahlunternehmen wie ThyssenKrupp Steel und Salzgitter, die Betriebsratsvorsitzenden der Unternehmen sowie Vertreter der IG Metall getroffen.
Die Gäste hatten einige Wünsche an den Regierungschef mitgebracht. So haben sie Scholz gebeten, die Nutzung des Kurzarbeitergeldes auf eine Zeitspanne von 24 Monate zu verlängern. Scholz habe versichert, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu bitten, dies in die Wege zu leiten.
Verena Hubertz, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte, der von Scholz einberufene Stahlgipfel müsse der Beginn eines Prozesses sein, an dessen Ende ein mit den Beschäftigten und ihren Vertreterinnen und Vertretern entwickelter Plan für den zukunftsorientierten Umbau der Stahlindustrie steht.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, forderte einen Schulterschluss von Politik, Unternehmen, Belegschaften und Gewerkschaften.