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Scholz on fire: Wie der Kanzler im Bundestag Klartext spricht

Eine Stunde lang hatten die Abgeordneten am Mittwoch Gelegenheit, den Bundeskanzler im Plenum zu befragen. Genutzt hat die Gelegenheit vor allem einer: Scholz selbst.

von Jonas Jordan · 4. Dezember 2024
Bundeskanzler Olaf Scholz während der Regierungsbefragung am Mittwoch im Bundestag.

Bundeskanzler Olaf Scholz während der Regierungsbefragung am Mittwoch im Bundestag.

„Angriff ist die beste Verteidigung“, lautet ein berühmtes Sprichwort, das ursprünglich aus dem Fußball-Fachjargon stammt. Ebenso könnte man es jedoch auch mit Blick auf die vermutlich letzte Regierungsbefragung von Bundeskanzler Olaf Scholz in dieser Legislaturperiode bemühen. Als der SPD-Politiker für sein achtminütiges Eingangsstatement von der Regierungsbank aus ans Mikrofon tritt, berichtet er zunächst in gewohnt sachlichem Ton von seiner jüngsten Reise in die Ukraine, einem zweieinhalbstündigen Gespräch mit Präsident Selenskyj und betont die große Unterstützung Deutschlands.

Scholz wirbt für Beschlüsse vor der Wahl

Mit Blick auf die voraussichtlich am 23. Februar anstehende Bundestagswahl wirbt er dafür, bis dahin weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu beschließen. Konkret nennt er den Abbau der kalten Progression in der Einkommensteuer sowie die Erhöhung von Kindergeld und Kinderzuschlag. Auch die Verlängerung des Deutschlandtickets und der Mietpreisbremse sollten seiner Meinung nach noch beschlossen werden. „Die Zeit des Wahlkampfs ist nicht die Zeit des Stillstands. Man kann noch etwas tun. Ich bitte Sie, daran mitzuwirken“, wirbt er in Richtung Union und FDP.

Auf die Fragen der Opposition reagiert Scholz dann jedoch mit energischen Antworten. Die frühere Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner will beispielsweise wissen, wann denn der versprochene wirtschaftliche Aufschwung komme. Scholz verweist zunächst auf bürokratische Hürden, „die mit vielen Jahren CDU-Regierung in Deutschland zu tun haben“. 

Olaf 
Scholz

Gut, dass Sie gerade mal in der Opposition sind!

Auf Nachfrage Klöckners entgegnet er ihr: „Ich sage auch an Sie persönlich: Eine Partei, die im Parlament und in der Regierung den Ausbau der erneuerbaren Energien als persönliches Herzensthema bekämpft und dafür gesorgt hat, dass die Stromleitungen nicht schnell gebaut werden, hat natürlich in der Tat Probleme produziert. Gut, dass Sie gerade mal in der Opposition sind!“

Beim Bürgergeld stimmte die Union jedoch auch als Oppositionsfraktion der damaligen Reform zu. Darauf verweist der Bundeskanzler als Antwort auf eine Frage des früheren CDU-Gesundheitsministers Hermann Gröhe. „Ich erlaube mir, bescheiden daran zu erinnern: Der Bürgergeldreform hat die CDU/CSU in diesem Deutschen Bundestag zugestimmt, und zwar exakt so, wie sie jetzt ist. Zu behaupten, man hätte damit nichts zu tun, ist nun mal nicht richtig. Wir haben im Detail darüber verhandelt“, macht Scholz deutlich.

Kanzler für schärfere Bürgergeld-Sanktionen

Zugleich stimmt er Gröhe mit Blick auf Reformbedarf beim Bürgergeld zu und macht der Union damit ein Angebot, gemeinsam für eine Gesetzesänderung zu stimmen: „Ich stehe zu den Vorschlägen der Wachstumsreform. Sie kann auch im Deutschen Bundestag mit Ihren Stimmen beschlossen werden.“ Er wolle sich nicht verdrücken und sei dafür, die Regelungen zu Sanktionen beim Bürgergeld weiter zu verschärfen, sagt Scholz.

Mit Blick auf die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr verweist der Kanzler auf die von ihm nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgerufene Zeitenwende, die so nur unter sozialdemokratischer Führung möglich gewesen sei. „Es war die CDU/CSU, es war Herr Guttenberg, Herr Schäuble und Frau Merkel, die entschieden haben, dass bei der Bundeswehr gespart wird. Dieser Kurs ist unter sozialdemokratischer Führung beendet worden. Vergessen Sie es nicht! Sie waren es! Sie waren es übrigens auch, die unbedingt die Wehrpflicht abschaffen wollten! Ganz persönlich als Partei. Ich hab das schon damals nicht für eine schlaue Idee gehalten. Seitdem wieder ein Sozialdemokrat Verteidigungsminister ist und ein Sozialdemokrat Kanzler, geht's der Bundeswehr wieder besser.“

Olaf
Scholz

Sie sind auf der falschen Fährte! Pech!

Im gleichen Themenfeld kontert Scholz eine kritische Frage von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu ausbleibenden Waffenlieferungen nach Israel mit dem Versprechen, ihn bei künftigen Lieferungen umgehend informieren zu wollen. Seinen Ausführungen fügt der Kanzler an: „Sie sind auf der falschen Fährte! Pech!“

Scholz erklärt Nein zu Taurus noch einmal

Auch eine Frage eines FDP-Abgeordneten nach einer möglichen Taurus-Lieferung in der kommenden Legislaturperiode kontert Scholz scharf: „Für eine Partei, die mit der Fünf-Prozent-Hürde zu kämpfen hat, sind Sie ganz schön tapfer.“ Zugleich fügt er an: „Ich will ausdrücklich sagen: Ich will auch mein eigener Nachfolger werden, damit sie sich auch darauf schon mal einstellen.“ 

Schließlich erklärt er einmal mehr, warum er die Lieferung dieses Marschflugkörpers für falsch hält: „Es handelt sich um eine sehr, sehr weitreichende Waffe, die auch mit großer Präzision und sehr viel Durchschlagkraft eingesetzt werden kann. Das halte ich angesichts der gleichzeitigen Absicht, die Ukraine zu unterstützen und Eskalationen zu vermeiden, für falsch.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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