Reem Alabali-Radovan: Vom „Flüchtlingsmädchen“ zur Bundesministerin
Reem Alabali-Radovan wird neue Entwicklungsministerin, mit 35 Jahren die jüngste aller Zeiten. Die SPD-Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern sorgt zudem für eine zweite Premiere im Ministerium.
IMAGO/Metodi Popow
Die jüngste Ministerin im Kabinett von Friedrich Merz: Reem Alabali-Radovan wird Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
In den vergangenen fünf Jahren ist viel passiert im Leben von Reem Alabali-Radovan. Mit 29 Jahren wurde sie 2020 Integrationsbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ein Jahr später trat sie in die SPD ein und bei der Bundestagswahl an. Ihren Schweriner Wahlkreis gewann sie direkt und erhielt wenige Monate später einen Anruf des damaligen Kanzleramtsministers Wolfgang Schmidt mit dem Angebot, Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration zu werden. Ein Jahr später übernahm sie zusätzlich das neu geschaffene Amt der Bundesbeauftragten für Antirassismus.
Aus dem Asylheim in die Bundesregierung
Nun, vier Tage nach ihrem 35. Geburtstag, folgt der nächste Karrieresprung: In der kommenden Bundesregierung soll Alabali-Radovan Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden. Sie wird damit das jüngste Mitglied im künftigen Kabinett und die jüngste Entwicklungsministerin aller Zeiten sein. Dabei war die Lebensgeschichte der Schwerinerin alles andere als geradlinig.
1990 wurde Alabali-Radovan in Moskau geboren. Ihre Eltern stammen aus dem Irak und studierten in Russland. Mit sechs Jahren kamen sie nach Deutschland, wo die Familie Asyl erhielt. „Ich kann mich auch an die Zeit in Russland erinnern und an die ersten Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung“, erzählte die SPD-Politikerin 2021 kurz nach ihrem Einzug in den Bundestag im Gespräch mit dem „vorwärts“.
Erfolgreich durchgeboxt
Um diese politische Karriere machen zu können, hat sich die SPD-Politikerin durchgeboxt, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Alabali-Radovan ist Mitglied im Box-Verein BC Traktor Schwerin. Ihr Mann ist der Profiboxer Dennis Radovan, mit dem sie eine zweijährige Tochter hat. Im gemeinsamen Bundes- und Landtagswahlkampf 2021 besuchten auch Olaf Scholz und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig den Box-Verein in Schwerin.
Gerade Schwesig hatte entscheidenden Anteil am Weg, den Alabali-Radovan in den vergangenen Jahren gegangen ist. Am Montag schrieb Schwesig auf X: „Herzlichen Glückwunsch liebe Reem und viel Erfolg! So stolz auf dich! Du bist 1996 mit sechs Jahren als Flüchtlingsmädchen zu uns gekommen und morgen wirst du Bundesministerin. Da geht was im Osten. Mit Mut, Einsatz, Unterstützung und Zusammenhalt.“
Die vierte Sozialdemokratin im Amt
Alabali-Radovan wird nach Marie Schlei, Heidemarie Wieczorek-Zeul und ihrer direkten Vorgängerin Svenja Schulze die vierte Sozialdemokratin an der Spitze des Entwicklungsministeriums sein, die erste mit Migrationsgeschichte, mit Wurzeln in einem Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.
Auf der Homepage des Ministeriums heißt es: „Nach Jahren der Krise sind in Irak deutliche Erfolge bei der Stabilisierung des Landes und beim Wiederaufbau zu verzeichnen. Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) arbeitet mit Irak zusammen, um diese Entwicklung zu unterstützen.“ Das dürfte auch für Alabali-Radovan, deren Eltern einst aus dem Land fliehen mussten, ein ganz persönliches Anliegen sein.
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ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo