Fraktionschef Rolf Mützenich: „Das wird die SPD auf keinen Fall machen“
Mit ihrer Zusammenarbeit mit der AfD haben Friedrich Merz und die CDU „die Lebensader der politischen Demokratie beschädigt, wenn nicht sogar durchschnitten“, sagt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Eine Zustimmung der SPD zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ an diesem Freitag schließt er aus.
Dirk Bleicker | vorwärts
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich: Wir haben uns für nichts zu entschuldigen.
Mit ein wenig Abstand: Was ist da am Mittwoch im Bundestag passiert?
An diesem Mittwoch ist die CDU aus der politischen Mitte des Hauses, des Parlaments, ausgebrochen. Sie hat wissentlich und willentlich die Hand zur AfD ausgestreckt und damit auch die Lebensader der politischen Demokratie beschädigt, wenn nicht sogar durchschnitten. Das sind schon wirklich grundsätzliche Fragen, die nicht nur in den nächsten Stunden zu klären sind. Wie schnell das wieder heilen kann, hängt jetzt am Verhalten der Union und der anderen handelnden Personen.
Sie kennen Friedrich Merz auch persönlich schon sehr lange. Haben Sie ihm ein solches Handeln zugetraut?
Nein, ich habe da auf seine Zusage vertraut, sich nicht auf Mehrheiten mit der AfD zu stützen. So hatten wir es vereinbart, nachdem die Regierung zerbrochen ist, und so hatte es Friedrich Merz ja auch öffentlich immer wieder betont. Und dies hat er nun, auch wenn mir die Gründe überhaupt nicht klar sind, einfach über Wort geworfen. Und das ist etwas, das viele Menschen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern mit Erschrecken sehen.
Rolf
Mützenich
Über die Zeit nach der Wahl müssen die Wählerinnen und Wähler entscheiden.
Kann es zukünftig noch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Friedrich Merz geben – auch mit Blick auf die Zeit nach der Bundestagswahl?
Über die Zeit nach der Wahl müssen die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Am 23. Februar wird es für sie nun noch viel mehr darum gehen zu unterscheiden, wer integer und kompetent ist und letztlich auch den richtigen Kompass hat, um dieses Land durch wahrscheinlich schwerwiegende weitere Krisen auch zu führen – nicht nur vor dem Hintergrund der internationalen Lage, sondern auch wegen der strukturellen Umbrüche, die wir durch die Veränderung der Arbeits- und Wirtschaftswelt in Deutschland ja tagtäglich sehen. Wir Sozialdemokraten haben immer gezeigt, dass wir Regierungsverantwortung tragen können, dass wir die Verantwortung, wenn es vom Wähler gewünscht ist, auch annehmen: Was das dann im Einzelnen bedeutet und mit welchen Personen man das macht, müssen wir sehen.
CDU und FDP argumentieren, sie hätten nur mir der AfD zusammengearbeitet, weil SPD und Grüne in der Migrationspolitik nicht handeln würden. Haben Sie zu wenig getan?
Nein. Wir haben uns für nichts zu entschuldigen, sondern genau das getan, was von uns erwartet worden ist, nämlich zu einem Quantensprung in Europa zu kommen mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Wir wussten und wissen ja, dass die Fragen der Migration nur gesamteuropäisch beantwortet werden können und insbesondere, dass die Länder an den Außengrenzen stärker unterstützt, aber auf der anderen Seite eben auch dazu verpflichtet werden müssen, sich um dort ankommende Geflüchtete zu kümmern. Die gemeinsame europäische Außen- und Flüchtlingspolitik ist die Antwort auf die Dinge, die die Union meint, national lösen zu können. Das wird nicht gehen und man kann es auch nicht erreichen, indem man mit dem Kopf durch die Wand will.
An diesem Freitag steht bereits die nächste Abstimmung an, bei der es eine Mehrheit mit der AfD geben könnte. Diesmal geht es um das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz. Was erwarten Sie da?
Ich erwarte dasselbe wie am Mittwoch, solange Herr Merz nicht bereit ist, seinen Gesetzentwurf wieder zurückzuziehen. Was wir als SPD auf keinen Fall machen werden ist, dass wir diesen Gesetzentwurf einfach übernehmen, so wie Herr Merz das verlangt. So kann man in einer pluralen Demokratie nicht arbeiten, auch nicht in einem Rechtsstaat. Das wird wahrscheinlich dann auch wieder zu verhärteten Diskussionen führen. Vielleicht wird aber auch Herr Merz mittlerweile erkannt haben, was er da leichtfertig vom Zaun gebrochen hat.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.