Inland

Familiennachzug von Geflüchteten: Was die Aussetzung konkret bedeutet

Die Bundesregierung will den Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete aussetzen. Was bedeutet das und wie viele Angehörige werden dadurch wirklich daran gehindert, nach Deutschland zu kommen? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

von Lea Hensen · 27. Juni 2025
Eine muslimische Familien in Berlin: Schwarz-Rot will den Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete aussetzen.

Eine muslimische Familien in Berlin: Schwarz-Rot will den Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete aussetzen.

Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich auf eine strengere Migrationspolitik geeinigt und will im Zuge derer auch den Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete aussetzen. Am Freitag stimmt der Bundestag über ein entsprechendes Gesetz ab.

CSU-Bundesinnenminister Alexander Dobrindt argumentiert, Angehörige nach Deutschland holen zu können, sei ein sogenannter Pull-Faktor für Migration. Für die SPD sei das Vorhaben „kein einfaches Thema“, sagte Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, am Mittwoch. Allerdings habe sie dem Kompromiss in den Koalitionsverhandlungen zustimmen müssen. Wir erklären, was das Vorhaben konkret bedeutet.

Welche Geflüchtete betrifft das neue Gesetz?

Zunächst: Für Asylberechtigte oder Flüchtlinge nach Genfer Flüchtlingskonvention soll die Maßnahme nicht gelten, sie haben weiterhin das Recht, Ehepartner*innen und Kinder und im Falle von unbegleiteten Minderjährigen Eltern nach Deutschland nachholen. Schwarz-Rot will den Familiennachzug bei sogenannten subsidiär Schutzbedürftigen aussetzen, und zwar zunächst für zwei Jahre. Dabei geht es um Geflüchtete, die im Herkunftsland nicht verfolgt werden, denen dort aber trotzdem ernsthafter Schaden droht, etwa durch Folter oder Todesstrafe. 

Laut dem „Mediendienst Integration“ lebten Ende 2024 rund 381.216 Personen mit subsidiärem Schutz in Deutschland – der Großteil von ihnen sind Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien.

Welche direkten Konsequenzen hätte das Gesetz?

Tritt das Gesetz in Kraft, wird der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt. Erlaubt sind dann nur noch Härtefälle aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen. Der Innenausschuss des Bundestags hat entschieden, dass es keine Übergangsregelung geben soll für bereits laufende Verfahren – diese würden mit dem Beschluss am Freitag also einfach gestoppt.

Wie viele Menschen betrifft die Aussetzung des Familiennachzugs konkret?

Tatsächlich machen Angehörige von subsidiär Schutzbedürftigen nur einen kleinen Anteil unter allen nachgezogenen Angehörigen aus. Laut Mediendienst Integration lag ihr Anteil in den Jahren 2018 bis 2024 bei acht Prozent unter allen Familienmitgliedern von Geflüchteten, die nach Deutschland nachgekommen sind. 2024 wurden rund 12.000 Visa an Angehörige von subsidiär Schutzberechtigte erteilt, im ersten Halbjahr 2025 waren es 5.800. Die Maßnahme verhindert also nur den Zuzug von verhältnismäßig wenigen Menschen nach Deutschland.

Wie ist der Familiennachzug bislang geregelt?

Der Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigte ist schon jetzt limitiert. Seit 2018 werden monatlich maximal 1.000 Visa erteilt. Zwischen 2016 und 2018 hatte die damalige schwarz-rote Bundesregierung den Familiennachzug  ebenfalls ausgesetzt.

Welche Kritik gibt es an der Aussetzung des Familiennachzugs?

Expert*innen warnen, dass die psychische Belastung durch Trennung von Familienangehörigen die Integration erschwert. Sorge besteht zudem, dass Angehörige künftig illegal nach Deutschland kommen könnten, mithilfe von Schleusern etwa. Mehr als 30 Nichtregierungsorganisationen appellierten deshalb an die Bundesregierung, ihre Pläne fallen zu lassen.

Natalie Pawlik, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Menschen, die ihre Liebsten bei sich haben, die sich nicht Sorgen um ihre Kinder oder Angehörigen drüben machen müssen, integrieren sich besser.“  

Ist die Aussetzung des Familiennachzugs überhaupt rechtmäßig? 

Der Familiennachzug bei Geflüchteten nach Genfer Flüchtlingskommission oder Asylrecht ist auf EU-Ebene geregelt, ein Staat kann ihn nicht im Alleingang aussetzen. Bei subsidiär Schutzberechtigten ist das anders. Dennoch: Die Maßnahme berührt Artikel 6 der deutschen Verfassung, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt. Ob das Aussetzen aber wirklich gegen die Verfassung verstößt, könnten am Ende Gerichte entscheiden.

Autor*in
Lea Hensen
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

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Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Fr., 27.06.2025 - 10:25

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wird ein solches Motivbild gewählt. Kinderbilder wären hilfreicher, so werden wieder nur die gegenläufigen Motive geschürt

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