Inland

Expertise widerlegt Vorurteile: Wie Migration den Sozialstaat entlastet

Migration wird in Deutschland häufig kritisch diskutiert und als Kostenfaktor gesehen. Dabei zeigt eine neue Analyse: Zugewanderte tragen maßgeblich zur Stabilität und Finanzierung des deutschen Sozialsystems bei.

von Jonas Jordan · 10. Juni 2025
Ein Grenzübergang zwischen Deutschland und Österreich

Ein Grenzübergang: Migration wird aktuell in Deutschland vor allem negativ diskutiert.

Seit Monaten propagiert die Union eine sogenannte Migrationswende. Erst in der vergangenen Woche debattierte der Bundestag über die von CDU/CSU und SPD geplante Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär schutzbedürftige Menschen, die Teil dieser Wende sein soll. Durch die Aussetzung sollen weniger Menschen nach Deutschland kommen können und damit verbundene Kosten reduziert werden. Migration wird also in der aktuellen politischen Debatte in Deutschland häufig kritisch bewertet. Dabei zeigt eine neue Expertise im Auftrag des Mediendienstes Integration nun, dass Migration die Sozialsysteme hierzulande finanziell langfristig gesehen erheblich entlastet.

104 Milliarden Euro jährlich durch mehr Migration

Zu diesem Ergebnis kommt Martin Werding, Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum und seit 2022 Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sogenannten Wirtschaftsweisen. Im Auftrag des Mediendienstes Integration hat Werding nun eine Studie mit dem Titel „Migration und ihr Beitrag zum Staatshaushalt“ erhoben.

Demzufolge bedeutet Migration zwar kurzfristig höhere Kosten, führt langfristig aber zu erheblichen Ersparnissen und Einnahmen für den deutschen Staat. In Summe entlaste Migration die öffentlichen Haushalte – so das Ergebnis der Studie. Wenn jährlich 200.000 Menschen mehr nach Deutschland zuwanderten, könnte die bestehende Finanzierungslücke der öffentlichen Haushalte gemessen an den Werten des Jahres 2024 um rund 104 Milliarden Euro jährlich reduziert werden. Das sind umgerechnet knapp 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Bedarf an Zuwanderung noch größer

Das bedeutet, dass jede Person, die im Zuge dieser kontinuierlich hohen Zuwanderung nach Deutschland käme, den Staatshaushalt um 7.100 Euro im Jahr entlasten würde. Zugleich räumt die Studie mit bisherigen Fehlannahmen auf, welche Kosten durch Migration entstünden. Denn häufig habe der Fokus entsprechender Untersuchungen auf den Kosten für Geflüchtete gelegen. Allerdings kommen etwa zwei Drittel der hierzulande lebenden ausländischen Bevölkerung aus dem europäischen Ausland. 

Hinzu kommt, dass die Folgen des demografischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels immer deutlicher spürbar werden. In den kommenden Jahren dürfte sich dieser durch die bevorstehenden Verrentungen der Babyboomer-Jahrgänge noch weiter verstärken. Daher sprach sich das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schon im Jahr 2023 für einen jährlichen Zuzug von 300.000 bis 350.000 Menschen aus Drittstaaten aus, um diese Lücke auszugleichen. Insofern bleibt Werdings Rechnung mit 200.000 Zuzügen jährlich noch hinter dieser Forderung zurück.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Weitere interessante Rubriken entdecken

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Mi., 11.06.2025 - 11:48

Permalink

Das müsste Lars Klingbeil jetzt nur noch CDU-BlackRock-Merz und CSU-Mir-san-mir-Dobrindt sagen. Und die müssten es nur noch verstehen - wollen.
So einfach könnte - als Ultima Ratio - eine Koalition aus CDU/CSU / SPD sein.
Die R e a l i t ä t ist eine andere!

Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.