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Neuer SPD-Generalsekretär Matthias Miersch: „Da ist etwas verloren gegangen“

Seit zwei Wochen ist Matthias Miersch als Generalsekretär im Amt. Im Interview sagt er, wie er die SPD fit für den Bundestagswahlkampf machen will, warum ihn der Rückstand in den Umfragen nicht schreckt – und er nicht auf TikTok tanzen wird.

von Karin Nink und Kai Doering · 19. Oktober 2024
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch: Ich sehe mich als Teammanager.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch: Ich sehe mich als Teammanager.

Seit dem 7. Oktober sind Sie Generalsekretär der SPD. Sehen Sie sich mehr als General oder als Sekretär?

Nach der kurzen Zeit würde ich sagen: Beide Begriffe passen nicht ganz. Die Kombination macht es. General klingt zu sehr nach Kommandoton, und Sekretär ist mir ein bisschen zu passiv. Ich sehe mich als Teammanager, der alle Mitspielerinnen und Mitspieler zusammenbringt, die Taktik abstimmt und für den Teamgeist sorgt. Und ja, manchmal bedeutet das auch, um im Fußball zu bleiben, den Ball selbst ins Tor zu schießen – oder zumindest die Vorlage zu liefern.

Was sind die größte Aufgaben, die jetzt vor Ihnen liegen?

Das sind vor allem zwei: Das eine ist das Organisatorische, dass die SPD für den kommenden Bundestagswahlkampf gut aufgestellt ist und das andere, dass wir programmatisch klar aufgestellt sind. Glücklicherweise wurde da von Kevin Kühnert und den Kolleginnen und Kollegen im Willy-Brandt-Haus schon unheimlich viel Vorarbeit geleistet.

Matthias
Miersch

Die Bundestagswahl wird eine Richtungsentscheidung für unser Land sein.

Was erwarten Sie da von den Mitgliedern und vom Willy-Brandt-Haus?

Ein enger Austausch mit den Mitgliedern ist mir enorm wichtig – das habe ich schon als Bundestagsabgeordneter in Hannover so gehandhabt. Die Dialogkonferenzen im November sind daher für mich zentral, und ich werde auch ‚Wir müssen reden‘ von Kevin Kühnert fortführen. Jetzt heißt es: den Spirit unserer erfolgreichen Parteivorstandsklausur in die ganze Partei tragen!

Und mit Blick auf die Bundestagswahl?

Unsere 370.000 Mitglieder sind unser größtes Kapital. Wir müssen diese Stärke auf die Straße und in die sozialen Medien tragen. Das Willy-Brandt-Haus ist dafür die Servicestation, die uns alle unterstützt. Ich bin bereit, überall mit anzupacken, wo es nötig ist. Die Bundestagswahl wird eine Richtungsentscheidung für unser Land sein. 

Sie werden aber nicht auf TikTok tanzen?

Keine Sorge, das bleibt allen erspart! Aber als Partei müssen wir offen für neue Formate sein – den Extremisten das Internet zu überlassen, ist keine Option. Stattdessen sollten wir unsere Mitglieder befähigen, dass sie in den sozialen Medien dagegenhalten können, zum Beispiel mit authentischem Material aus dem Willy-Brandt-Haus. Mir geht es darum, unsere Leute fit zu machen, damit sie auch digital die richtigen Moves draufhaben – nur eben ohne Tanzvideos.

Als Sie vorgestellt wurden, haben Sie gesagt: „Ich werde nicht bequem sein und kein Ja-Sager.“ Muss sich die Partei auf einen neuen Stil einstellen?

Ich hatte immer den Eindruck, dass auch Kevin Kühnert durchaus seine Meinung vertreten hat und nicht nur als Dienstleister der Partei fungiert hat. Und jeder, der mich kennt, weiß, dass auch ich meine eigene Meinung habe. Das wird auch so bleiben. Trotzdem bin ich ein Teamplayer und weiß, wann es wichtig ist, sich mal zurückzunehmen. Aber natürlich werde ich weiter meine Punkte einbringen, etwa in Fragen des Klimaschutzes, der mir seit Jahren ein Herzensanliegen ist.

Bei der Vorstellungspressekonferenz haben Sie  gefordert, die SPD müsse auch miteinander ringen und streiten. Haben Sie das in den vergangenen Jahren vermisst?

Ja. Mir fällt auf, dass es generell nach Corona schwieriger geworden ist, Formate zu finden, in denen vernünftig miteinander diskutiert wird. Den Diskurs, das miteinander Ringen, habe ich vor zehn Jahren noch ganz anders erlebt. Da ist etwas verloren gegangen. Da möchte ich gerne wieder hin. Natürlich müssen wir aufpassen, da Diskussionen medial gern als Streit interpretiert werden. Aber die Demokratie lebt doch von der Auseinandersetzung über den besten Weg. 

Nach der Klausur des Parteivorstands war bereits viel von der Bundestagswahl im kommenden Jahr die Rede. Ist die SPD ab jetzt im Wahlkampfmodus?

Ja, denn vor der Klausur hat ja bereits die Unterbezirksvorsitzendenkonferenz stattgefunden, bei der wir den Wahlkampf auf Funktionärsebene eingeläutet haben. Wir haben gezielt abgefragt, wo die Bedürfnisse der Mitglieder vor Ort sind und worauf in den Gliederungen Wert gelegt wird. Die Parteivorstandsklausur hatte dann bewusst das Setting einer Mannschaftskabine. Da haben wir uns eingeschworen und jetzt gehen wir – um im Bild zu bleiben – raus auf den Platz.

Wer ist für die SPD der Hauptgegner?

Das ist ganz klar die Merz-CDU. Er hat die Partei als Vorsitzender geprägt und den Abschied von der Ära Merkel vollzogen. Die Merz-CDU steht für einen neoliberalen Kurs mit einem schwachen Staat. Wir werben für einen handlungsfähigen Staat, der in Zukunft investiert und 95 Prozent der Steuerzahler entlastet – und dafür das obere ein Prozent mehr in die Verantwortung nimmt. Die Bundestagswahl ist eine Richtungsentscheidung. Und natürlich geht es um die Frage, wer unser Land künftig führt: der erfahrene und besonnene Olaf Scholz oder Friedrich Merz, der noch nie ein Regierungsamt bekleidet hat und sich häufig nicht im Griff hat.

Matthias
Miersch

Wir haben schon oft gezeigt, dass wir große Rückstände bis zum Wahltag aufholen können.

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In den Umfragen liegt die CDU deutlich vorn. Wie will die SPD den Rückstand aufholen?

Wir haben schon oft gezeigt, dass wir große Rückstände bis zum Wahltag aufholen können. Die Zeiten sind volatil, und viele Menschen entscheiden sich erst spät. Wir werden klar machen, was uns von der Merz-CDU unterscheidet und dass es bei der Bundestagswahl um eine echte Richtungsentscheidung geht.

Bis zur Bundestagswahl ist es noch ein knappes Jahr. Was tut die SPD, um die aktuellen Probleme der Menschen zu lösen? Die Verunsicherung im Land ist ja groß.

Das stimmt und deshalb sind die Ankündigungen des Bundeskanzlers für einen Pakt der Industriearbeitsplätze so wichtig. Wir müssen auf jeden Fall Industriearbeitsplätze in Deutschland halten und die Wirtschaft insgesamt stärken. Mit den Beschlüssen der Parteivorstandsklausur haben wir da ganz entscheidende Weichen gestellt. Wir stellen bewusst die Zukunft des Standorts Deutschlands in den Mittelpunkt, denn er ist Garant für unser aller Wohlstand. Die Maßnahmen, die es braucht, um Deutschland wieder auf Wachstumskurs zu bringen, müssen jetzt ergriffen werden und gehören nicht in den Wahlkampf.

Woran denken Sie dabei?

Zentral ist eine bezahlbare Energieversorgung – dafür müssen wir die Netzentgelte stabilisieren. Wir wollen zudem Anreize für Elektromobilität schaffen und sicherstellen, dass unsere Infrastruktur in Deutschland funktioniert. Dafür braucht es massive Investitionen. Den Menschen Sicherheit zu geben, dass das, was sie brauchen, funktioniert, ist mir wichtig. Und dazu gehört auch die Rentenreform, die jetzt dringend kommen muss.

Autor*in
Karin Nink und Kai Doering

sind Chefredakteurin und stellvertretender Chefredakteur des „vorwärts“.

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20 Kommentare

Gespeichert von Hans-Peter Oswald (nicht überprüft) am Sa., 19.10.2024 - 21:09

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Matthias Miersch trägt große Verantwortung für die Zukunft der SPD, ja für die Zukunft Deutschlands. Ich hoffe, er kann die Mitglieder für diesen Wahlkampf mobilisieren.

Die Tierschutzpartei und Volt haben bei der Europawahl beachtliche Ergebnisse erzielt und sitzen im Europaparlament. Wegen der 5-Prozent-Klausel dürften sie keine Chancen bei einer Bundestagswahl haben.

Mein Vorschlag: Die SPD sollte das Gespräch mit Volt und der Tierschutzpartei suchen. Das Angebot der SPD könnte sein: Sowohl Volt als auch der Tierschutzpartei einen sicheren Listenplatz auf der Liste der SPD einräumen, im Wahlprogramm den Tierschutz als im Grundgesetz zu verankerndes Staatsziel berücksichtigen und Ideen von Volt für Europa aufgreifen.

Die damit verbundene Erwartung ist, dass die Stimmen der Anhänger dieser Klein-Parteien 2025 im Bundestagswahl überwiegend der SPD zugutekommen, anstatt nicht zu zählen.

Die Betonung des Tierschutzes im Wahlprogramm der SPD wäre nicht nur im Hinblick auf die Anhänger der
Tierschutzpartei interessant, sondern kann auch Nichtwähler und Wähler andere Parteien für die SPD einnehmen.

Hans-Peter Oswald

Gespeichert von Alexander Nösler (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 19:40

Antwort auf von Hans-Peter Oswald (nicht überprüft)

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Hans-Peter Oswalds Vorschlag halte ich für richtig. Allmählich ist die Situation so, dass die SPD so etwas probieren sollte.
Schön wäre es, wenn FDP-Verluste Volt über die 5%-Hürde bringen würden, aber mit so was rechne ich nicht.

Gespeichert von walter weimer (nicht überprüft) am Di., 22.10.2024 - 12:45

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Es wäre viel geholfen, wenn sich die SPD auf die „Küchentischthemen“ ihrer Wähler konzentrieren würde. Nicht die Klimarettung, sondern die Rettung des eigenen Girokontos zum Monatsende vor den massiven Überziehungszinsen gehört zu den Alltagsorgen. Lösung: Alle regelmäßigen Abbuchungen müssen freigestellt werden. Der Anteil der Miete am Gesamtbudget hat für viele ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen. Deckelung des Strompreises: 2000 Kwh pro Person steuerfrei stellen. Wiedereinführung der Bundesschatzbriefe als festverzinsliche Anlage für Sparguthaben zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten. Der „Club of Rome“ fordert eine Reichensteuer. Die genauen Zahlen zur ungleichen Vermögensverteilung sind mit wenigen Clicks zu erfahren.

Gespeichert von Jens Adolf Döhle (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 18:28

Antwort auf von walter weimer (nicht überprüft)

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Dem Argument Küchentisch stimme ich grundsätzlich zu. Unsere Kernkompetenz liegt in den Bedürfnissen der Arbeitnehmer. Wenn wir grüner als grün sein wollen, dann könnten die Wähler sinnvollerweise auch gleich die Grünen wählen.
Allerdings sind die nachfolgenden Vorschläge nicht gut durchdacht.
- Die Reichensteuer ist überfällig, da stimme ich zu.
- 2.000 kWh Strom pro Person steuerfrei zu stellen, ist völlig überzogen, weil dann wahrscheinlich fast der gesamte Strom steuerfrei wäre. Ein Haushalt mit 2 Kindern dürfte dann 8.000 kWh steuerfrei verbrauchen!
- Überziehungszinsen für regelmäßige Abbuchungen von Zinsen frei zu stellen ist technisch unmöglich. Es sind nicht die festen Ausgaben allein, die das Defizit verursachen, was man nicht vernünftig trennen könnte. Da müsste man eher über ein genauer ortsspezifisches Wohngeld nachdenken. Die Miete in München ist eben mehrfach höher als in Ostfriesland.

Will man den Werktätigen und den zwangsläufig daraus entstehenden Rentnern wirklich helfen, was eben unsere Kernkompetenz sein muss, gäbe es einfachere Mittel:
- Statt über komplizierte neue Steuermodelle zu debattieren, könnte man den Steuerfreibetrag deutlich erhöhen. Das käme ganz besonders den schwächsten Verdienern und den Rentnern zu Gute, die inzwischen einen großen Teil der Wählerschaft stellen. Im Gegenzug müsste der Spitzensteuersatz erhöht werden, was die Besserverdiener trifft. Woran sich heute niemand mehr erinnert, der Spitzensteuersatz zu Adenauers Zeiten lag bei 56 %. Heute sind es nur noch 43%. Da ein klein wenig wieder drauf packen, wird niemanden in die Armut treiben.
- Reichensteuer, Vermögenssteuer oder Erbschaftssteuer sind Dauerbrenner in der politischen Diskussion.
- Zur Reichensteuer siehe oben. Man muss nur die Progressionslinie verlängern, und wer mehr als das aktuelle Cap verdient, zahlt noch ein wenig mehr Steuern.
- Vermögenssteuern zu definieren ist schwierig. Natürlich kann man bei Superreichen etwas abgreifen, aber ich argwöhne, das führt nur zum Transfer von Kapital ins Ausland. Außerdem wird jeder Reiche irgendwann zum Erblasser.
- Bei der Erbschaftssteuer wird immer wieder der arme Mittelstand missbraucht. Wie soll der Erbe eines Klempnerbetriebs überleben, wenn er seine Erbschaft sofort versteuern muss? Ok, das kann man sich vorstellen, aber er könnte ja ein sehr langes Zahlungsziel bekommen. Was aber viel wichtiger ist, sind die Erbschaften, an purem Vermögen. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum ich nicht, analog zur Kapitalertragssteuer, knapp 30 % Steuern, auf ein geerbtes Aktien- oder Wertpapiervermögen zahlen sollte. Da muss ich eben ein gutes Viertel der Aktien verkaufen. Das gleiche gilt für mehrfachen Immobilienbesitzt. Man kann nur in einem Haus wohnen.
- Das Heizungsgesetz ist sicherlich sinnvoll, nur viel zu schnell. Es gibt in Deutschland rund 10 Millionen Altbauten, in denen garantiert sehr viele Rentner und Kleinverdiener leben. Egal wie viel man da subventioniert, die schaffen das nicht. Es braucht sehr deutlich längere Übergangsfristen.
- Das klassisch grüne Thema Elektromobilität führt sich gerade ad absurdum. 1/3 aller Erstkäufer eines Elektrofahrzeugs sind inzwischen zum Verbrenner zurückgekehrt. Ich bin selbst Naturwissenschaftler und kann rechnen. Eine Vergleichsfahrt auf der Autobahn, zwischen E-Auto und Diesel ergab doppelt so hohe Fahrtkosten für das E-Auto! Es ist einfach nur dumm, den Kauf von Elektrofahrzeugen erzwingen zu wollen, bevor die nötige Infrastruktur und ausreichende Kapazitäten, bei der erneuerbaren Energie, geschaffen wurden. Das ist der berühmte 2. Schritt vor dem 1.
- Der gerade erwähnte Ausbau der erneuerbaren Energien führt schon mal zu Unmut, bei der betroffenen Bevölkerung. Ok, da denkt man also daran, die Bevölkerung, an den Gewinnen der Betreiber zu beteiligen. Nur geht das Geld nicht an die wirklich betroffenen, sondern an die Gemeinden. Im Zweifelsfall baut der Bürgermeister dann irgendetwas, was man nicht wirklich braucht. Das Geld muss an die wirklich direkt betroffenen gehen, um mehr Akzeptanz zu schaffen. Wer weniger als 1.000 m von einem Windrad entfernt wohnt, sollte eine Kompensation, für den Wertverlust seiner Immobilie, bekommen, statt das Geld, mit der Gießkanne, über die Gemeinde zu verteilen.
- Die Krankenkassen brauchen gerade wieder sehr viel mehr Geld. Ich kenne diverse Freiberufler, die mich auslachen, weil ich lebenslang in die Rentenkasse eingezahlt habe. Nur sind etliche dieser Freiberufler inzwischen pleite und belasten die sozialen Kassen ohne je einen Euro eingezahlt zu haben. Die soziale Pflichtversicherung für jeden ist absolut überfällig.

Gespeichert von Klaus Kellner (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 22:13

Antwort auf von walter weimer (nicht überprüft)

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Die Alltagssorgen wahr- und ernst nehmen meint auch, dafür zu sorgen, das nicht weiterhin die illegale Zuwanderung aktiv und passiv gefördert wird, denn der Wohnungsmangel hat auch zu höheren Mieten geführt, etwas verkürzt gesagt. Wenn stetig noch mehr Leute hierzulande zusätzlich wohnen wollen, wird die Konkurrenz zur einheimischen Bevölkerung verstärkt - nicht nur auf dem Wohnungsmarkt. Das hat Auswirkungen auf Kitaplätze, Schulunterricht, die Justiz etc. usw. Das wird gefühlt, gedacht, gesagt und kann nicht als rechtsradikale Ansicht abgewunken werden, denn viele Leute wählen AfD, im günstigen Fall CDU, weil von der SPD die tatsächlichen und gefühlten Probleme moralisierend klein redet werden. Zuhören und nicht alles sofort abstreiten, ist angesagt. Meint Klaus Kellner, Bremen

Gespeichert von P. Bruns (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 16:40

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Ich habe das Gefühl, dass Miersch der Partei gut tun wird. Es ist auch gut, dass Kühnert gegangen ist. Er hat es versäumt, frühzeitig die richtigen Akzente zu setzen. Er ist auch schuld daran, dass die SPD einen Großteil ihrer DNA verloren hat und hinter ihren Zentralthemen sozial, demokratisch und antimilitaristisch nicht mehr sichtbar ist. Damit lassen sich keine rote Linien mehr setzen. Alles ist Verhandlungssache und die SPD wird jetzt natürlich vor sich her getrieben von populistischen Parteien, die sich angenehme Themen auch von der SPD holen und plakativ bewerben, ohne differenzierte Lösungen anzubieten. Wenn die zentralen Themen in den Vordergrund gerückt werden, geht der Blick in die Tiefe. Alles wird einfach und ist dann auch einfach verständlich. Das gibt auch die Kraft, sich Themen von der AFD "zurückzuholen". Mir ist zu wichtig zu sehen:

1. Die SPD ist demokratisch. Also müssen wir alle darin unterstützen, ihre Meinung zu äußern. Wir dürfen sie nicht davon abhalten, ihre Meinung zu äußern, nur weil sie uns nicht gefällt. Ganz schlimm finde ich, dass der Verfassungsschutz dazu genutzt wird, Andersdenkende auf breiter Front zu verfolgen. Das ist nicht die Rolle des Verfassungsschutzes. Und außerdem: Wir sollten keine Steilvorlage dafür bieten, dass die AFD, wenn sie an die Macht kommt, den Verfassungsschutz auf die SPD hetzen und sich dann auch noch darauf berufen darf, dass die SPD das so vorgelebt hat. Sehr unglücklich erscheinen jetzt auch die iÜ. völlig zwecklosen Bestrebungen, ein Verbotsverfahren gegen die AFD einzuleiten. Viele AFD-Wähler stammen aus der SPD. Sie werden zurückkommen, wenn sich die SPD nicht mehr mit der AFD beschäftigt, sondern mit sich selbst. Kühnert scheint mir zuletzt nur blockiert zu haben. Und noch ein Wort zu den ö-r. Medien. Die Worte Systemmedien oder Staatsmedien mögen Kampfbegriffe anderer Parteien sein, in der Sache ist es aber offensichtlich, dass diese Medien, obwohl sie von allen bezahlt werden, nur die Regierungsmeinungen wiedergegeben. Wir erleben es seit dem Ukraine-Krieg in nie dagewesener Form. Viele schauen sich Nachrichten jetzt nur noch über Youtube-Videos an, die mittels Schwarmintelligenz nach oben gespült werden. Das Vertrauen in die Staatsmedien ist eigentlich dahin. Wir sehen das auch jetzt wieder: Kein Wort der Kritik daran, dass der frühere NATO-Vorsitzende Stoltenberg zum Chef der Münchener Sicherheitskonferenz ernannt wird. Ja, geht`s denn noch? Die Medienrundfunkräte sind nicht in der Lage, für Pluralismus bei diesen Medien zu sorgen. Demokratisch ist etwas anderes. Das muss dringend reformiert werden. Auch die Lage der bei den Sendern beschäftigten Mitarbeiter ist zu prüfen. Ich empfinde es als Skandal, wenn der SWR mit Schützenhilfe wichtiger SPD-Funktionäre eine Mitarbeiterin hinauswerfen dürfen, nur weil sie zB zu einem Boykott gegen israelische Waren aufruft. Ich weiß auch nicht, was das mit Antisemitismus zu tun hat.

2. Die SPD ist sozial. Da tut sie viel. Das sollte sie nur besser kommunizieren. Auch Asylpolitik kann sozial ausgestaltet sein. Keine Frage: Rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber müssen sofort das Land verlassen. Das ist auch umzusetzen. Aber treten müssen wir diese Leute nicht.

3. Die SPD ist antimilitaristisch. So steht das auch im Hamburger Grundsatzprogramm. Waffenlieferungen in Spannungsgebiete geht gar nicht. Das hat schon vor 2 Jahren über die Hälfte der Bevölkerung so gesehen. Nur die CDU nicht. Warum müssen wir es der CDU nachmachen? Wen sollen die Bürger wählen, wenn alle Volksparteien für eine Einmischung in einen Krieg sind, der uns nichts angeht? Wie kommt die SPD dazu zu sagen, dass durch diesen Krieg die europäische Sicherheitsarchitektur ins Wanken gebracht wird? Wer soll das denn glauben? Auch durch ständige, gebetsmühlenartige Wiederholung wird das nur bei wenigen in den Kopf gegangen sein. Ich bin daher auch dagegen, dass Deutschland wieder eine Plattform für Mittelstreckenraketen bildet. Die Älteren von uns haben hart für die Abrüstung und die Entfernung der Pershing II-Raketen aus Deutschland gekämpft. Warum fällt die SPD denen jetzt in den Rücken? Freundschaft zur USA ist in Ordnung. Aber wir müssen nicht unsere ganze Politik danach ausrichten, deren Waffen und Frackinggas zu kaufen. Natürlich finde auch ich es gut, wenn Länder um ihre Freiheitsrechte kämpfen. Aber in der Hälfte der Länder auf unserer Erde ist ein ordentliches Niveau nicht gegeben, ohne dass wir gleich Waffen hinliefern. Die SPD-Führung sollte sich klarmachen und weiß das auch, dass das einer der Hauptgründe ist, warum SPD-Mitglieder scharenweise zur AFD gewandert sind, die den Kontakt mit Russland (angeblich) verbessern will. Das muss man sich mal vorstellen: Eine rechtsradikale Partei wirbt für Russland! Ein Vorsitzender eines SPD-Ortsbezirks hat mir neulich gesagt, das Hamburger Grundsatzprogramm sei schon alt und müsse reformiert werden. Die SPD-Führung sollte sich davor hüten, die Finger vom Antimilitarismus zu lassen. Vor allem braucht Deutschland keine Wiederbewaffnung. Kriege werden in der Zukunft ohnehin digital bzw. mit Drohnen geführt.

Gespeichert von Mario Kade (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 16:43

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Ich bin (noch) ostdeutsche Mitglied der SPD.
Als kleiner Unternehmer war ich stolz, dabei zu sein.
Leider hat sich die SPD weit vom Osten Deutschlands entfernt.
Wir finden einfach nicht statt, weder in Vorstand, noch im Gremien...
Warum ist Ostdeutschland für die West SPD so uninteressant, warum sind kleine Unternehmer nicht wichtig?
Lg

Vielen Dank hierfür, die aus den Beschlüssen sprechenden Grundhaltungen kann und will ich teilen! Gerade auch Punkt 2, die SPD werde deutlich machen, dass unsere Lebensqualität nicht durch Migration bedroht ist, sondern durch ungleiche und unfaire Lebensbedingungen.

Gespeichert von Dr. Johannes Bock (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 17:27

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Seit Jahren trampelt die unselige AfD auf der "Ampelregierung" herum. Mit gnadenlos gleichen dumpfen Sprüchen tun das die CDU und CSU auch. Das bleibt nicht ohne Wirkung. Ich denke, die SPD müsste viel stärker argumentativ dagegen vorgehen. Natürlich ist das schwierig, aber die Bürgerinnen und Bürger sind daran zu erinnern, dass es ihnen trotz aller äußeren großen Probleme viel besser geht, als je zuvor.

Gespeichert von Anne Muehlberg (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 17:27

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Mit Olaf Scholz als Bundeskanzlerkandidat können wir keine Wähler mehr begeistern. Die SPD braucht dringend einen neuen Kopf an seiner Spitze. Nur das ist die Lösung.

Ich lese: „nur das ist die Lösung“ und muss dem vehement widersprechen! Austausch von Köpfen an der Spitze, um allen entgegenzukommen, die selbst nicht fähig und gewillt sind, sich wirklich mit dem Problem auseinanderzusetzen, wäre der schlechteste Rat, der man der SPD geben könnte. Bis jetzt hat Olaf Scholz Deutschland gut durch viele Krisen geführt, behutsam, abwägend, intelligent, ich sehe für Deutschland keine Alternative im Gegensatz zu CDU, FDP und geschweige der AfD.

Gespeichert von Robert Hagen (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 17:41

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Bezeichnenderweise geht der neue Generalsekretär mit keinem Wort auf das politische Kernthema ein: Die Migrationsfrage. Bei jeder der verlorenen Wahlen der Vergangenheit glaubte man, sich um dieses Thema herumdrücken zu können. Kann man aber nicht, wenn die Mehrheit der Wähler darin ihr wichtigstes Problemfeld sehen, und man gewinnen will.

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Fr., 25.10.2024 - 14:39

Antwort auf von Robert Hagen (nicht überprüft)

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um nur einen zu nennen- die SPD ist die Partei der Migranten- da liegt unsere Zukunft und Vergangenheit, nicht zuletzt wegen Willy Brandt, der ja selbst Migrant war. Also : Mehr Migranten /Zuwanderer- ergibt mehr Stimmen für die SPD. Tendenziell ist diese Wachstumspotential enorm

Gespeichert von Helwig Schmidt… (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 19:40

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Die SPD muss - was glücklicherweise neuerdings wieder etwas zum Vorschein kommt, eine Friedenspolitik im europäischen Verbund betreiben und Sicherheit und Zusammenarbeit groß schreiben. Dabei nimmt sie die Stärke Amerikas ernst und stellt doch die europäischen Interessen und besonders auch die deutschen Interesdsen in den Vordergrund. Sie beteiligt sich nicht an Feindbildkonstruktionen, sondern setzt auf Analyse und Distanz und wo immer möglich auf Freundschaft/Partnerschaft. - Zum Chinabild könnte ich mich gesondert äußern. Auch hier darf sie nicht den Laschets das Feld überlassen.

Gespeichert von Andreas Lindemann (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 20:52

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Entscheidend wird auch das Auftreten von Herrn Miersch sein! Die SPD braucht nun jemanden mit Biss, der scharf angreift und ebenso verteidigt. Rücksichtnahme auf politische Gegner, die die SPD sowie den Sozialstaat zerstören wollen, hat in dieser abstoßenden Zeit keinen Platz! Miersch darf sich weder von den asozialen Anti-Christen der Union noch von den Neoliberalen oder Rechtsextremisten auch nur einen Deut unterbuttern lassen! - Und noch etwas: Vergessen Sie bei Ihrem Fokus auf die heilige sog. "Mitte" nicht den Sozialstaat und die von ihm abhängigen Menschen bzw. Bürgergeld-Bezieher - die SPD muss auch deren Anwalt sein und bleiben!

Gespeichert von Herbert Paul (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 20:57

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In unserer Gesellschaft gibt es zwei Großthemen: 1. Die illegale, ungeregelte Zuwanderung und 2. die Unzufriedenheit mit der Ukraine-Politik. Die SPD hat hierzu Nichts bzw. nur Halbherziges zu sagen und lässt in ihrer Programmatik Großteile der Bevölkerung außen vor.
"Nebenkriegsschauplätze" wie mehr Tierschutz, niedrigere Energiepreise oder Begrenzung von Überziehungszinsen brächten im Vergleich zu den Großthemen, deren Verweigerung Parteien wie AfD und BSW erst groß gemacht haben, höchstens Bruchteile von Stimmenzuwächsen. Abgesehen dass die programmatische Innovationskraft unserer Partei gegen Null strebt (grundlegende Steuerreform, Rentenreform, Reform der Mehrwertsteuer, Erbschaftssteuer, Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Einführung eines allegemeinen Dienstjahres, energische Bekämpfung der Regelungswut usw.). Wie soll da ein Stimmenzuwachs möglich sein?

Gespeichert von Joachim Schulte (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 21:56

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Ich vermisse massiv, eine klare Forderung zum Erhalt und Ausbau des demokratischen Rechtsstaats:
Vielfalt ist die Grundlage der Demokratie; sie hat als Wesenskern die Gleichwertigkeit von jeder Person und die gleichen Rechte. Das verabredete Demokratiefördergesetz muss endlich in dieser Legislaturperiode noch kommen wie auch die Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die Novellierung des AGG.
Als Slogan wünsche ich mir: Deutschland ist Vielfaltland!

Gespeichert von Christian Keller (nicht überprüft) am Do., 24.10.2024 - 23:24

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Leider ist meine SPD unglaubwürdig mit der Worthülse - Wir entlasten 95 Prozent der Bürgerinnen und Bürger - nein das tut meine SPD eben leider nicht
Deutschlandticket wird ab Januar 2025 teurer
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SPD Bundesgesundheitsminister will Krankenkassenbeiträge & Pflegeversicherungsbeiträge so massiv steigen lassen wie nie zuvor
Wo ist da unser Kanzler Olaf Scholz? Machtwort?
Die Bürgerinnen und Bürger werden von der SPD massiv belastet und nicht entlastet….

Gespeichert von Emanuel Adam (nicht überprüft) am Fr., 25.10.2024 - 04:10

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Ich frage mich ob die SPD ihre Programmatik nur in Bezug auf einen politischen Gegner zu definieren sollte. Viel wichtiger ist es die Werte der Partei mit den aktuellen Themen der WählerInnen in Einklang zu bringen; was auch heisst, komplexe Themen wie Sorgen um hohe Energiepreise und unkontrollierten Migration als Teil der Antwort zu verstehen, wie Menschen eine gerechte und sichere Gesellschaft geschaffen werden kann.