Von der Nazijustiz ermordet: der NS-Widerstandskämpfer Theodor Haubach (SPD)
Vor 80 Jahren, am 23. Januar 1945, wird der SPD-Politiker Theodor Haubach hingerichtet – wegen seines Widerstandes gegen das Hitler-Regime. Sein Tod ist eine Mahnung: angesichts des beispiellosen Rechtsrucks in Deutschland mehr denn je.
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Theodor Haubach (l.) vor dem Volksgerichtshof: Hier wurde er am 15. Januar 1945 von den Nazirichtern zum Tode verurteilt.
Als der Erste Weltkrieg zu Ende ist, strömen hunderttausende Soldaten zurück nach Deutschland. Müde und desillusioniert von den sinnlosen Gemetzeln. Die meisten wollen einfach nur nach Hause. Manche revoltieren für ein neues Deutschland, andere streben die Wiederherstellung der alten Ordnung an. In dieser Umbruchszeit findet Theodor Haubach zur Sozialdemokratie. Er ist 1914 mit Hurra-Gebrüll in den Krieg gezogen waren, von dem er glaubt, er werde in wenigen Wochen mit einem „Siegfrieden“ enden. Haubach, der in den Schützengräben vor Verdun schwer verwundet wird, verliert bald alle Illusionen.
Er wird 1924 als außenpolitischer Redakteur bei der sozialdemokratischen Tageszeitung „Hamburger Echo“ angestellt. Politisch engagiert er sich im Vorstand des Reichsbanners „Schwarz Rot Gold“. Er organisiert Veranstaltungen zum Schutze der Republik. Dass der Feind rechts steht weiß, Theodor Haubach nicht erst seit dem Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923. Er wünscht sich eine wehrhafte Republik, in der es gelingt, „aus einer positiven Begrenzung der Gewalt den Weg zu jenen neuen Formen zu finden, in denen Konflikte zwar sicher nicht gewaltlos, aber immerhin unblutig und mit Argumenten ausgefochten werden“.
Pressesprecher von SPD-Innenminister Severing
1929 wird Theodor Haubach von Reichsinnenminister Carl Severing als Pressesprecher berufen. 1930 kandidiert er, wie Carlo Mierendorff, für den Reichstag, bleibt aber im Gegensatz zu seinem Freund erfolglos. Da die SPD nach der Wahl aus der Regierung ausscheidet, wechselt Haubach als Pressesprecher in das Berliner Polizeipräsidium.
Für die Weimarer Republik beginnt nun „das letzte Gefecht“. Weitsichtig schreibt Theodor Haubach 1931 in den von ihm mit gegründeten „Neuen Blättern für den Sozialismus“: „Bedarf es also zur Abwehr des Faschismus nicht nur einer tatkräftigen Praxis, sondern einer starken geistigen Klarheit, die es erlaubt, die eigene Politik nicht nur mitzumachen, sondern mit Überzeugung und Sicherheit zu vertreten, so bedarf es andererseits eines noch tiefer gehenden Verständnisses für das faschistische Phänomen, das sich nicht allein mit der Erfassung soziologischer Ursachen und ökonomischer Motive begnügen kann.“
Flucht vor den Nazis – und Rückkehr
Nach der Machtübertragung an die Nazis flieht Theodor Haubach gemeinsam mit seinem Freund Carlo Mierendorff in die Schweiz. Dass sie von außen die fortschreitende Konsolidierung der faschistischen Macht mit ansehen müssen, bedrückt beide sehr. Sie verlassen den sicheren Ort im Abseits wieder, um in Deutschland den Kampf gegen die Nazis aufzunehmen. Haubach gelingt es bis zum November 1934, ein konspiratives Netz aufzubauen, das im Wesentlichen aus ehemaligen Reichsbanner-Leuten besteht. Er nimmt dabei in Kauf, dass er unter der Beobachtung der Gestapo steht. Im November 1934 wird Haubach verhaftet und in das KZ Esterwegen verschleppt.
Im Mai 1936 wird er entlassen und versucht sich zunächst als Versicherungsagent. Ab 1938 arbeitet er im Management der Papierfabrik eines Studienfreundes. Auf Vermittlung von Adolf Reichwein stoßen Theodor Haubach und Carlo Mierendorff 1943 zum Kreisauer Kreis. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hat Haubach im Februar 1944 anlässlich der Beerdigung seines Freundes Carlo Mierendorff, der in Leipzig bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen ist.
Das Attentat vom 20. Juli 1944 führt zu seiner Hinrichtung
Obwohl er von vielen Freunden wiederholt zur Flucht gedrängt wird, bleibt Haubach in Deutschland. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944, von dem er im Urlaub in Bayern erfährt, kehrt er trotz aller Warnungen nach Berlin zurück. Ob er sich aus Anstand selbst ans Messer geliefert hat, lässt sich nur vermuten. Es würde aber zu Haubachs Verständnis von politisch-moralischer Verantwortung passen.
Am 9. August 1944 wird Theodor Haubach, der in einer neuen Regierung nach den Nazis als Pressesprecher vorgesehen ist, in Berlin verhaftet. Hitlers oberster Scharfrichter Roland Freisler verurteilt ihn am 15. Januar 1945 zum Tode. Am 23. Januar wird der schwerkranke Mann auf einer Trage in den Hinrichtungsschuppen in Berlin-Plötzensee geschleppt und aufgehängt. Sein Vermächtnis hat Theodor Haubach lange vor Anbruch der braunen Zeit verfasst: „Die Grenze der Gewalt liegt nun darin, dass sie zwar die Person des Widerstandes, nicht aber die Gesinnung des Widerstandes vernichten kann.“