Konsequenzen aus der Wahlniederlage: Wie es in der SPD weitergehen soll
Nach dem historisch schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl will sich die SPD programmatisch, personell und inhaltlich neu aufstellen. Was das für ihn bedeutet, skizzierte der Vorsitzende Lars Klingbeil am Montag während der Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus.
Dirk Bleicker/vorwärts
Großes Interesse an der Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz und den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken
Womöglich ist es am Montagmittag die letzte Pressekonferenz von Olaf Scholz als Bundeskanzler im Willy-Brandt-Haus. Dementsprechend groß ist das Medieninteresse, als Scholz einen Tag nach dem historisch schlechtesten SPD-Ergebnis bei einer Bundestagswahl zusammen mit den Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken um 13.06 Uhr die Bühne betritt.
Scholz bekräftigt noch einmal, was er bereits am Abend zuvor nach der Bundestagswahl an gleicher Stelle gesagt hat. Es sei eine große Ehre für ihn, der neunte Bundeskanzler zu sein. Diese Arbeit wolle er bis zum letzten Tag ordentlich zu Ende führen.
Scholz will Abgeordneter bleiben
Zugleich gibt Scholz auf Nachfrage einen Einblick, wie es für ihn nach dem Ende seiner Kanzlerschaft weitergehen wird. Durch die Wählerinnen und Wähler sei eine Sache festgelegt: „Sie haben mich erneut direkt zum Abgeordneten im Deutschen Bundestag gewählt.“ Das berühre ihn und sei ein „ganz besonderer Stolzpunkt“.
Denn Bundestagsabgeordneter sei für ihn „das höchste Amt, in das man in Deutschland direkt gewählt werden kann“. Scholz gelang dabei das Kunststück, sechsmal direkt gewählt zu werden, von 1998 bis 2009 viermal in Hamburg-Altona und zuletzt zweimal in Potsdam.
Als Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion wird Scholz am Mittwoch einen neuen Vorsitzenden ins Amt wählen können. Bereits am Wahlabend um kurz vor 19 Uhr hatte Lars Klingbeil mit Entschlossenheit im Willy-Brandt-Haus deutlich gemacht, dass die Wahlniederlage der SPD mit dem historisch schlechtesten Ergebnis bei einer Bundestagswahl Umbrüche erfordere. Er forderte in diesem Kontext einen „Generationswechsel“ in der Partei.
Wie dieser mit Blick auf die SPD-Bundestagsfraktion aussehen soll, wurde einige Stunden später deutlich. Demnach soll Klingbeil ab sofort Rolf Mützenich als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion beerben. Das verkündete dieser in einem Brief an die Fraktionsmitglieder, der dem „vorwärts“ vorliegt.
Mützenich tritt nach sechs Jahren ab
Darin heißt es: „Heute sind wir in der Parteiführung zu dem Schluss gekommen, dass es gut ist, wenn Jüngere den Karren weiterziehen und die Kräfte gebündelt werden.“ Daher wird Klingbeil seitens der Parteispitze einstimmig für das Amt des Fraktionsvorsitzenden vorgeschlagen. Final müsse darüber am Montag der amtierende Fraktionsvorstand befinden und den Kandidaten der neuen Bundestagsfraktion am Mittwoch zur Wahl vorschlagen.
Mützenich, der die SPD-Bundestagsfraktion seit dem Rückzug von Andrea Nahles im Sommer 2019 fast sechs Jahre lang geführt hatte, resümiert in dem Brief: „Meine Zeit als Fraktionsvorsitzender geht damit zu Ende. Das Amt hat mich geprägt und gefordert. Mit euch zusammen zu arbeiten, hat mich Verantwortung gelehrt und mich stolz gemacht.“ Wenn sein Wirken helfen konnte, der Fraktion Gesicht und Stimme zu geben, sei er zutiefst dankbar, schreibt Mützenich.
Am Montag bekräftigte Klingbeil seinen Entschluss während der Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus: „Ich strebe an, das Amt des Fraktionsvorsitzenden auszufüllen.“ Im Hinblick auf mögliche Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU betonte der SPD-Vorsitzende: „Ob die SPD in eine Regierung eintritt, steht nicht fest. Das sind Entscheidungen, die in den nächsten Wochen und Monaten getroffen werden. Der Ball liegt erst einmal bei Friedrich Merz, auf die Sozialdemokratie zuzukommen und das Gespräch zu suchen.“
SPD-Mitglieder sollen über Regierung entscheiden
Dieser kündigte kurze Zeit später an, noch am Montag mit Klingbeil sprechen zu wollen. Union und SPD seien gemeinsam in der Lage, eine Regierung zu bilden, sagte Merz und fügte an: „Genau das ist das, was wir auch wollen.“ Ob die SPD das auch will, sollen final die Parteimitglieder entscheiden dürfen, bekräftigte Klingbeil am Montag.
Ohnehin stehe die SPD in den nächsten Wochen und Monaten vor einer doppelten Herausforderung: Mit Blick auf die anstehende Regierungsbildung schnell handlungs- und entscheidungsfähig zu sein und zugleich die Modernisierung und Stärkung der SPD als Volkspartei der linken Mitte voranzutreiben. „Dazu gehört es Entscheidungen zu treffen, die die programmatische, die organisatorische und auch die personelle Erneuerung der SPD voranbringen, das Ganze schonungslos und in aller Klarheit, weil wir eine starke Partei sein wollen“, bekräftigte Klingbeil.
Miersch soll Fahrplan entwerfen
Drei Punkte hob der Vorsitzende mit Blick auf die inhaltliche Erneuerung seiner Partei hervor. „Ich will, dass die Partei der arbeitenden Mitte ist. Das Vertrauen der Arbeiter haben wir nicht gewonnen. Ich will, dass wir uns das zurückgewinnen“, forderte er. Dazu gehörten eine Einkommensteuerreform, die Stärkung der Rente, eine höhere Tarifbindung und vernünftige Löhne. Zugleich stehe die SPD für einen handlungsfähigen Staat, auch mit Blick auf notwendige Investitionen in Klimaneutralität, Infrastruktur und die Sicherheit des Landes. Darüber hinaus sagte Klingbeil: „Ich will mich nicht damit abfinden, dass die junge Generation uns nicht so das Vertrauen geschenkt, wie wir es gerne hätten.“
Klar sei in jedem Fall, dass die Debatten in der SPD nach der verkorksten Wahl nicht mit einer Personalentscheidung beendet seien. „Wir brauchen programmatische Veränderungen, wir brauchen organisatorische Veränderungen, wir brauchen eine Standortbestimmung der SPD in diesen Zeiten.“ Alle diese Herausforderungen seien in der Sitzung des Parteivorstands adressiert worden. Matthias Miersch habe nun als Generalsekretär die Aufgabe, alle Vorschläge zu bündeln und zur nächsten Sitzung des Parteivorstands am kommenden Montag einen klaren Fahrplan vorzulegen, der dann dort festgelegt und beschlossen werden solle.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
Mit dem Abgang Mützenichs und der Übernahme
von Fraktion und Partei durch Klingbeil und Pistorius sind die letzten friedenspolitischen Positionen aus der SPD restlos verbannt. Aus der Partei Willy Brandts ist binnen drei Jahren die Partei der Aufrüstung und Konfrontation geworden.
Herzlichen Glückwunsch zum historscih schlechtesten Wahlergebnis, es wird nicht das Schlechteste bleiben.
Klingbeil
Seit die Niedersachsen in der SPD die hohen Ränge besetzengibt es bei der Wählerzustimmung einen eindeutigen Trend und in diesem Sinne ist Lars Klingbeil wohl ein geeigneter Kandidat.
Fraktionschef
Rolf Mützenich hat diese Bundestagswahl n i c h t verloren!
Die 16,4-Prozent-BTW-SPD muss jetzt mit Argusaugen darauf achten, dass sie nicht zum
bloßen Steigbügelhalter für 'BlackRock-Merz' degeneriert. Mit: 'Wir lassen uns für das Land in die Pflicht nehmen' sollte sehr, sehr, sehr sorgfältig umgegangen werden!!!
Merz ist BlackRock-Merz und wird BlackRock-Merz bleiben!
Friedrich Merz wird ganz, ganz sicher am Abbau der Sozialen Gerechtigkeit und der Ökologischen Gerechtigkeit und der 'Nord-Süd-Gerechtigkeit' ("Dritte Welt / Globaler Süden") sehr zielstrebig arbeiten! Die SPD darf sich da nicht hinter die Fichten führen lassen!