Meinung

Nach der Bundestagswahl: Jetzt kommt es auf die SPD an

Die SPD hat die Bundestagswahl verloren. Trotzdem wird es jetzt ganz besonders auf die Sozialdemokraten ankommen – wegen der schwierigen Regierungsbildung, vor allem aber wegen des starken Abschneidens der AfD.

von Karin Nink · 23. Februar 2025
Lange Gesichter am Wahlabend im Willy-Brandt-Haus. Auf die SPD wird es in den kommenden Jahren trotzdem ankommen.

Lange Gesichter am Wahlabend im Willy-Brandt-Haus. Auf die SPD wird es in den kommenden Jahren trotzdem ankommen.

Es gibt nichts drumherum zu reden: Das Bundestagswahlergebnis von lediglich rund 16 Prozent für die SPD ist verdammt bitter. Die Partei ist offenbar bei vielen Themen und Inhalten nicht zu den Wähler*innen durchgedrungen. Woran das gelegen hat, gilt es schnellstmöglich aufzuarbeiten und entsprechend zügig die Konsequenzen daraus zu ziehen. Dennoch hat die SPD trotz ihres schlechten Wahlergebnisses weiter Verantwortung für das Land.

Ein Bollwerk gegen die extreme Rechte wird dringend gebraucht

Sie steht für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die SPD war immer stark, wenn es darum ging, zum Wohle des Landes und seiner Bürger*innen zu handeln – auch wenn es zu ihren eigenen Lasten ging. Und sie war im Laufe ihrer Geschichte immer ein Bollwerk gegen die extreme Rechte. Ein solches Bollwerk brauchen wir auch heutzutage dringend!

Denn die in Teilen rechtsextreme AfD hat ihr Wahlergebnis verdoppelt. Jeder fünfte hat die Partei der „Remigration“ gewählt. Nimmt man die Worte des US-Historikers Timothy Snyder am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz ernst: „Deutschland ist die wichtigste Demokratie der Welt“, so müssen wir dringend handeln, damit die Rechtsextremen nicht weiter erstarken. Das geht nur mit der SPD.

Mit der SPD ist weiter zu rechnen

Denn sie hat im Laufe ihrer Geschichte immer jede Kooperation mit Rechtsaußen abgelehnt. Auch und gerade in jüngster Zeit hat die SPD im Bundestag Haltung gezeigt, als es anderen mindestens egal war, ob ihr von Anfang an folgenlosen Antrag mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit finden würde oder nicht. Auch das BSW hat sich nicht gescheut, mit der AfD zu stimmen.

Aber auch außenpolitisch ist die Lage mit US-Präsident Donald Trump uns seiner imperialistischen Politik sehr schwierig geworden. Europa ist in der Zange zwischen der neuen US-Administration und Putins Russland. Es muss schnellstmöglich beweisen, dass es stark und geschlossen ist und entsprechend handeln kann. Das wird auch Folgen für die Regierungsbildung in Deutschland. 

Im wirtschaftlich stärksten Land der Europäischen Union darf es jetzt keine endlosen Verhandlungen über eine Regierungsbildung geben. Das verbietet sich angesichts der Dramatik des weltpolitischen Geschehens. Und auch an dieser Stelle wird die SPD zu ihrer Verantwortung stehen. Ob in der Regierung oder als konstruktive Oppositionspartei, das wird sich zeitnah zeigen müssen.

Mit der SPD ist auf jeden Fall weiter zu rechnen. Wir wissen um unsere Verantwortung.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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7 Kommentare

Gespeichert von Ralf Schönert (nicht überprüft) am Mo., 24.02.2025 - 14:55

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Die SPD kann sich nicht länger in der Illusion wiegen, allein ein „Bollwerk gegen Rechts“ zu sein. Ein Wahlergebnis von 16 Prozent ist nicht nur „bitter“, sondern Ausdruck fundamentalen Vertrauensverlusts. Wähler*innen haben der SPD nicht nur wegen der AfD den Rücken gekehrt, sondern weil sie in zentralen Fragen – von sozialer Gerechtigkeit bis Wirtschaftspolitik – keine überzeugenden Antworten liefert. Wer Wohlstand gerechter verteilen will, muss endlich die Vermögenssteuer wieder einführen, statt sich vor Konflikten zu scheuen. Verantwortung heißt, Fehler ehrlich zu analysieren und Konsequenzen zu ziehen, anstatt sich nur als Schutzschild gegen Rechts zu inszenieren. Wenn die SPD wieder eine gestaltende Kraft sein will, muss sie Politik für die Menschen machen, statt sich auf historische Verdienste zu berufen. Nur so kann sie ihre eigene Relevanz retten.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Do., 27.02.2025 - 19:33

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Es wäre ja schön, wenn Beschwörungsformeln helfen würden. Aber „ein Bollwerk gegen die extreme Rechte, dringend gebraucht“, kann mit 16,4% Wählerstimmen nicht gerade unüberwindbar ausfallen, taugt auch offensichtlich nicht als zündendes Mantra. Die SPD konnte keiner Partei Stimmen abnehmen, sondern war Konkursmasse für CDSU (1,76 Mio.), AfD (0,72 Mio.), Linke (0,56 Mio.), BSW (0,44 Mio.); und selbst die Grünen bedienten sich noch mit 100.000 (0,1 Mio.) Abgewanderten bei der SPD (Spiegel, 24.2.2025). Von den Wählern bis zum Alter von 60 Jahren gewann die SPD maximal 15% (Durchschnitt: 13%) für sich, aus den Altersgruppen 60+ bis zu 25% (Durchschnitt 23%). Geht das so weiter, sorgt die Biologie für ein gnädiges Ende.

„Die SPD will sich programmatisch, personell und inhaltlich neu aufstellen“ (24.2.25). Das war schon seit langem Folgerung und Forderung nach jeder Wahl, seit 2022 wird sie auch umgesetzt. Durch Klingbeil vor allem, der die „Sozialdemokratischen Antworten auf eine Welt

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Do., 27.02.2025 - 19:35

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im Umbruch“ gefördert hat, der „unsere eigene Rolle in der Welt neu definieren und mehr ...Verantwortung für … eine regelbasierte internationale Ordnung“ übernehmen will. „Die eigene Stärke ist eine Grundvoraussetzung (dafür und) definiert sich auch über militärische Fähigkeiten“. „Mehr für Dich. Besser für Deutschland“ bedeutet also, „für uns sind militärische Stärke und Diplomatie zwei Seiten der gleichen Medaille“. Griffiger lässt sich Bellizismus nicht übersetzen und auch nicht die „Neuausrichtung sozialdemokratischer Politik“. Klingbeil wie Pistorius stehen für diese Politik der militärischen Stärke; sie sind darum folgerichtig die neuen starken Männer der SPD. Die Wähler scheinen das noch nicht mitbekommen zu haben – vielleicht beweist das Wahlergebnis aber, dass sie die Militarisierung sehr wohl bemerkt haben.

Seit kurzem ist US-Trump dabei, mit der Russischen Föderation den Krieg zu beenden unter den Bedingungen, dass die Ukraine auf die Nato-Mitgliedschaft

„Aber auch außenpolitisch ist die Lage mit US-Präsident Donald Trump und seiner imperialistischen Politik sehr schwierig geworden“, analysiert und beklagt Frau Nink, denn „Europa ist in der Zange zwischen der neuen US-Administration und Putins Russland“. Jeder weiß, was Frau Nink damit anspricht. Und dennoch verbindet mit diesen Sätzen nicht jeder die gleichen Inhalte, die aber zu klären von großer Relevanz wären für die Auflösung des Gordischen Knotens Ukraine-Krieg, „um unsere eigene Rolle in der Welt neu definieren“ und, wenn man will, um ihre „Folgen für die Regierungsbildung in Deutschland“ zu überdenken.
Ausgehend von dem ersten Teil des Anfangs-Zitats versuche ich nichts Anderes in „Jetzt kommt es auf die SPD an“_3 und _4.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Do., 27.02.2025 - 19:44

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Darum ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir auch über eine atomare Aufrüstung verfügen wollen.

An der Politik der letzten 20 Jahre, die uns in unsere augenblickliche, mehr als prekäre Lage gebracht hat, war die SPD immer maßgeblich beteiligt: „Mit der SPD ist auf jeden Fall weiter zu rechnen. Wir wissen um unsere Verantwortung“.

Willy Brandt (siehe Bild) wäre stolz auf die SPD - "seine" wäre es wohl nicht mehr.