Koalitionsvertrag in Brandenburg: So wollen SPD und BSW gemeinsam regieren
Es war ein langer Weg, doch nun sind SPD und BSW in Brandenburg auf der Zielgeraden. Am Mittwoch haben sie ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Eine Hürde gilt es aber noch zu nehmen.
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In Brandenburg will die erste rot-lila Landesregierung in Deutschland ihre Arbeit aufnehmen.
Sicherheit, Digitalisierung, weniger Bürokratie – das sind die Schwerpunkte des ersten Koalitionsvertrags von BSW und SPD in Deutschland. Der amtierende Ministerpräsident und Brandenburger SPD-Parteichef Dietmar Woidke hat den Entwurf am Mittwoch gemeinsam mit BSW-Fraktionschef Robert Crumbach in Potsdam vorgestellt. Sie wollten das Land in den kommenden fünf Jahren voranbringen, sagte Woidke. „Es geht darum, für die Menschen in Brandenburg das Beste zu erreichen. Brandenburg braucht Stabilität, gerade in einer Zeit, in der viele Menschen der Meinung sind, dass es an dieser Sicherheit zunehmend fehlt.“
Wie aus dem Koalitionspapier hervorgeht, übernimmt die SPD in Brandenburg sechs Ministerien plus Staatskanzlei: die Ministerien für Inneres, Land- und Ernährungswirtschaft, für Klima- und Verbraucherschutz, Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, für Wirtschaft, sowie das Justizministerium. Das BSW wird das Finanzministerium, das Ministerium für Infrastruktur und das Ministerium für Gesundheit und Soziales führen. Über die Namen der Minister*innen, sollen die Parteien auf ihren Parteitagen Anfang Dezember entscheiden.
Mehrheitsverhältnisse wackelten bis zuletzt
Dort müssen SPD und BSW dem Koalitionsvertrag noch zustimmen. Für den 11. Dezember ist Woidkes Wiederwahl als Ministerpräsident geplant. Bis zuletzt waren die Verhandlungen von politischen Spannungen geprägt. Der BSW-Abgeordnete Sven Hornauf hatte gedroht, wegen der Stationierung eines Raketenabwehrsystems auf dem Luftwaffenstützpunkt Holzdorf nicht für Woidke zu stimmen. Am Mittwoch war das Problem gelöst. BSW-Fraktionschef Crumbach forderte Hornauf auf, auf sein Mandat zu verzichten. Das BSW werde geschlossen für Woidke stimmen, sagte er. Wenn Hornauf aus der Fraktion austritt, aber im Landtag bleibt, hätte eine rot-lila Landesregierung nur eine Mehrheit von einer Stimme.
Bei der Landtagswahl vor zwei Monaten erhielt die SPD 30,9 Prozent der Stimmen und blieb damit stärkste Kraft. Die AfD, die in Brandenburg landete dahinter. Um eine stabile Regierungsmehrheit ohne die Rechtspopulisten sicherzustellen, entschied sich die SPD für eine Zusammenarbeit mit dem BSW, das mit 13,5 Prozent der Stimmen erstmals in den Landtag einzog. Doch die Verhandlungen gestalteten sich schwierig – auch wegen der außenpolitischen Forderungen des BSW. Schließlich einigten sich SPD und BSW auf ein Sondierungspapier, in dem es heißt, man setze sich für eine diplomatische Lösung in der Ukraine ein. Die geplante Stationierung von Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden sehe man kritisch.
Mehrere Bundespolitiker*innen kritisierten diesen Kompromiss. Woidke sagte am Mittwoch: „Wir wissen, dass es viele Vorbehalte gibt in der Öffentlichkeit.“ Er erinnerte an die erste Koalition mit den Linken im Jahr 2009. Auch damals habe es Vorbehalte gegeben, dann regierten SPD und Linke Brandenburg über zehn Jahre. „Es heißt nicht, wenn es am Anfang schwierig wird, dass es nicht danach deutlich besser werden kann“, sagte Woidke.
Krankenhäuser in Brandenburg erhalten
Der Koalitionsvertrag setzt den Fokus auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Dazu sollen Bürokratie abgebaut und die Digitalisierung vorangebracht werden. Die Koalition will die Zahl der Polizist*innen schrittweise auf 9000 aufstocken und illegale Migration stärker bekämpfen: Menschen ohne Bleiberecht müssten Deutschland schneller verlassen, Menschen mit Bleibeperspektive früher in den Arbeitsmarkt integriert werden, so die Forderung. Eltern mit geringeren Einkommen sollen von den Kita-Beiträgen entlassen werden.
Eine Enquete-Kommission soll Lehren aus der Corona-Pandemie für die Zukunft ziehen. SPD und BSW sprechen sich gegen einen Anstieg des Rundfunkbeitrags aus. Sie wollen zudem die Krankenhausstandorte in Brandenburg erhalten. Woidkes bisherige Regierung hatte vergangene Woche im Bundesrat gegen die Krankenhausreform gestimmt – um eine einheitliche Abstimmung seines Landes zu erreichen, hatte der Ministerpräsident kurz vorher die bisherige Grünen-Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher entlassen.
BSW wird AfD-Anträge ablehnen
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und BSW sei im Unterschied zu dem der Vorgängerregierung „vernünftig und gerecht“, sagte BSW-Fraktionschef Crumbach. „Die Handschrift des BSW ist deutlich erkennbar.“ Die schwierigen Verhandlungen seien ein „Sinnbild“ für die Politik der kommenden Jahre: „Es wird nicht immer einfach sein.“ Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass SPD und BSW im Landtag grundsätzlich gegen Anträge der Opposition stimmen. Die Vereinbarung wurde kurz zuvor auf die Probe gestellt: Die AfD hatte drei Anträge angekündigt, einer davon greift die BSW-Forderung auf, sich im Bund und der EU für eine schnelle diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs einzusetzen. Crumbach betonte, seine Fraktion werde die Anträge am kommenden Dienstag ablehnen.
Positive Rückmeldung bekamen SPD und BSW am Mittwoch aus Berlin. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht zeigte sich zufrieden mit den im Koalitionsvertrag vereinbarten außenpolitischen Zielen. „Wir konnten in Potsdam erfolgreich verhandeln, weil die SPD bereit war, die Ergebnisse der Landtagswahl ernst zu nehmen und sich auf einen gemeinsamen Neubeginn einzulassen“, sagte sie. Das unterscheide Brandenburg von Sachsen, wo SPD und Teile der CDU eine Zusammenarbeit mit dem BSW „eigentlich gar nicht gewünscht“ hätten.
Halbherzig
Für mich als Brandenburger (früher Wessi aus der Pfalz) ist dieser Koalitionsvertrag noch nicht das Gelbe vom Ei. Trotz Korrekturen durch das BSW bleibt er weit hinter den Friedenspolitischen Forderungendes Berliner Programms des SPD zurück.
Der destruktiven Politik des Bahnvorstands ist mit landespolitischen Mitteln kaum bei zu kommen. Wie soll die Krankenhausschließungspolitik des BGM effektiv verhindert werden ? Welche konkreten Maßnahmen sind zur Optimierung der Bildungspolitik vereinbart ? ...............