Inland

Kürzung beim Bürgergeld: Warum die SPD der FDP widerspricht

Diesmal kommt die Kritik am Bürgergeld von der FDP: Deren Fraktionschef Christian Dürr will eine „Anpassung nach unten“, 14 bis 20 Euro im Monat will er kürzen. Aus der SPD erntet er Kritik.

von Vera Rosigkeit · 12. August 2024
Ein Mann mit Euro Geldscheinen vor einem leeren Kühlschrank

Die FDP schlägt vor, den Regelsatz von Bürgergeldbeziehenden monatlich um zwanzig Euro zu kürzen

Seit Monaten tobt ein Streit um das Bürgergeld, Vertreter*innen von rechten und konservativen Parteien werden nicht müde in ihrer Kritik an den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Nun kommt der Angriff von der FDP. Sie will das Bürgergeld kürzen, laut ihrem Fraktionschef Christian Dürr um 14 bis 20 Euro im Monat. Die Argumentation: Die Anhebung des Bürgergeldes von zwölf Prozent im Januar 2024 aufgrund steigender Lebenshaltungskosten und Energiepreise sei zu hoch gewesen. Das Ziel: Um bis zu 850 Millionen Euro könnte die „Anpassung nach unten“ den Bundeshaushalt entlasten.

SPD kontert FDP-Vorschlag

Kritik an einer Kürzung des Regelbedarfs, der für die Sicherung des Existenzminimums notwendig ist, kommt von der SPD. Martin Rosemann, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, erklärte gegenüber dem „Redaktions Netzwerk Deutschland“ (RND) am Montag, dass er sich nicht damit beschäftige, „denn ich halte überhaupt nichts davon, ständig mit völlig unausgegorenen Ideen fern jeder Realität für Verunsicherung zu sorgen.“

Mit Blick auf den Koalitionspartner FDP, der den Beschluss zur Anhebung des Bürgergeldes um zwölf Prozent zu Beginn des Jahres mitgetragen habe, sagte er weiter: „Herr Dürr führt eine Regierungsfraktion, die den Anpassungs­mechanismus beschlossen hat, bei dem die Inflation zurecht schneller berücksichtigt wird als vorher.“

FDP ohne Wirtschaftskompetenz

Die Berliner Senatorin und Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit in der SPD, Cansel Kiziltepe, wertet den Vorschlag Christian Dürrs als „Politische Hängematte bei der FDP“. Mit Blick auf die anstehende Haushaltsdebatte innerhalb der Ampelkoalition, die für diese Woche angesetzt ist, betont sie auf der Plattform X: „Auf der Suche nach Milliarden fällt der FDP nichts Besseres ein. Schwach!“ 

Und, ebenfalls auf X, stellt Wirtschaftswissenschaftler Gustav Horn, Leiter des Wirtschaftspolitischen Beirats der SPD, die Wirtschaftskompetenz der FDP in Frage, weil sie „nicht zwischen Inflation und Preisniveau unterscheiden“ könne. „Ob die Partei mit selbst wahrgenommener Wirtschaftskompetenz schon mal was von Kaufkraft gehört hat?“, fragt er. Für ihn ist das „einfach nur noch bitter lächerlich“. 

Bürgergeld: Berechnung nach festgelegtem Verfahren 

Das Existenzminimum für Menschen, die Bürgergeld beziehen, wird nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts jährlich in einem gesetzlich festgelegten Verfahren errechnet. Bei der Berechnung der Höhe des Regelbedarfs, der für die Sicherung des Existenzminimums notwendig ist, spielen sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichproben und auch gestiegene Lebenshaltungskosten eine Rolle. 

Zum 1. Januar 2024 ist der Regelbedarf beim Bürgergeld um zwölf Prozent gestiegen, weil besonders die Preise bei Lebensmitteln gestiegen sind. Das macht für Alleinstehende oder Alleinerziehende eine Erhöhung von 61 Euro auf 563 Euro pro Monat. 

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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2 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mo., 12.08.2024 - 18:31

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Die Angriffe auf das "Bürgergeld" kommen ja nicht allein von der FDP, sondern da sind ja auch Julian Reichel (Ex-Bild), die Welt, der Herr Merz und der Herr Söder sowie die ganze gut bezahlte Journalistenentourage. Ja im Wahlkampf in Sachsen und Thürinegnschwimmen der SPD die Felle weg und da sist es auch richtig den sozialen Status der betroffenen Menschen zu verteidigen, aber ob das noch reicht ? Der Krieg und seine Kosten sind die Achillesfersen der SPD ! Hieß es im EU-Wahlkampf nicht: Frieden und Sicherheit

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 14:16

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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Genau so ist es, bzw. war es mal.
Ein weiteres Nachgeben gegenüber der Blockadepartei beim Bürgergeld wie auch in der neu erklärten Verkehrspolitik der sechziger Jahre würde der AfD weitere Stimmenzuwächse einbringen. aber genau das scheint die FDP wohl zu wollen?