Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete: Was gilt, was sich ändern soll
CSU-Chef Markus Söder will Geflüchteten aus der Ukraine das Bürgergeld streichen. Die Debatte ist nicht neu. Warum Ukrainer*innen bisher Bürgergeld erhalten und wie die Situation in anderen Ländern ist
IMAGO/imagebroker
Zurzeit erhalten Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland Bürgergeld. Die Bundesregierung will das nun ändern.
CSU-Chef Markus Söder fand wie gewohnt markige Worte. Im ARD-Sommerinterview am 3. August forderte er eine „komplette Veränderung des Bürgergelds“. Dazu gehört für Söder auch eine Streichung des Bürgergelds für Menschen, die als Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind, „und zwar am besten nicht nur die, die in der Zukunft kommen, sondern alle“, wie der bayerische Ministerpräsident sagte.
Die Forderung ist nicht neu. Schon der damalige Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach sich im vergangenen Herbst dafür aus, Geflüchtete aus der Ukraine aus dem Bürgergeld-Bezug zu streichen. Ehe es zu Änderungen kommen konnte, zerbrach die Ampel-Koalition.
Was gilt zurzeit für ukrainische Geflüchtete in Deutschland?
In Deutschland leben aktuell 1,3 Millionen ukrainische Kriegsgeflüchtete. Seit 1. Juni 2022 haben sie einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung. Darauf hatten sich Bund und Länder nach Kriegsausbruch geeinigt. Ukrainer*innen ohne Arbeit können also Bürgergeld beziehen.
Das Bürgergeld hat zum Januar 2023 das Arbeitslosengeld II abgelöst. Eine Alleinstehende oder ein Alleinstehender bekommt im ersten Jahr 563 Euro im Monat, Menschen in Partnerschaft und Kinder erhalten weniger. Zusätzlich werden die Wohnkosten, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung sowie Kosten für Schulbedarf übernommen. Außerdem gibt es Zuzahlungen in besonderen Lebenssituationen wie einer Schwangerschaft oder bei einem Umzug.
Warum beziehen ukrainische Geflüchtete Bürgergeld?
Ziel der Bürgergeld-Regeln für ukrainische Geflüchtete war die finanzielle Entlastung der Kommunen, da der Bund die Ausgaben für Leistungen der Grundsicherung wie das Bürgergeld trägt. Auch sollten die Behörden von dem enormen Bürokratieaufwand entlastet werden, der bei Asylverfahren für mehr als eine Million Ukrainer*innen in Deutschland entstanden wäre. Jedes Verfahren wird nämlich einzeln geprüft.
Ein weiteres Argument der Bundesregierung für den Sonderstatus der ukrainischen Geflüchteten ist, dass sie schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Geflüchtete aus anderen Ländern dürfen erst nach Anerkennung ihres Status arbeiten.
Was wird daran kritisiert, dass ukrainische Geflüchtete Bürgergeld erhalten?
Laut Bundesregierung beziehen mehrere Hunderttausend ukrainische Kriegsgeflüchtete Bürgergeld. An sie flossen 2024 laut Sozialministerium rund 6,3 Milliarden Euro. Stimmen aus Union und AfD fordern nun einen Kurswechsel. Es gebe „kein Land der Welt“, das mit ukrainischen Geflüchteten so verfahre wie Deutschland beim Bürgergeld, sagte Markus Söder im ARD-Sommerinterview. „Deswegen sind bei uns auch so wenige Menschen aus der Ukraine in Arbeit, obwohl sie gute Ausbildungen haben“, so die Schlussfolgerung des CSU-Chefs. Im Mai 2025 lag die Beschäftigungsquote von Menschen aus der Ukraine nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bei 34,9 Prozent, ein Anstieg um zehn Prozentpunkte im Vergleich zum Oktober 2023.
Wie reagiert die Bundesregierung?
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU/CSU und SPD bereits auf Änderungen verständigt. Demnach erhalten Ukrainer*innen, die seit dem 1. April 2025 nach Deutschland geflohen sind, nicht mehr Bürgergeld, sondern Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Was würde eine Änderung hin zum klassischen Asylverfahren bedeuten?
Eine generelle Änderungn hätte weitreichende Folgen für die Ukraine-Geflüchteten. Sie müssten zunächst in behördlich zugeteilten Unterkünften wohnen. Während sie das Asylverfahren durchlaufen, haben sie Anspruch auf Sozialleistungen, die im Schnitt 100 Euro unter dem Bürgergeld liegen. Erst nach Anerkennung ihres Status (im Schnitt nach sechs bis neun Monaten) erhalten sie Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen wie dem Bürgergeld.
Wie ist die Situation in anderen (EU-)Ländern?
Ukrainische Geflüchtete haben in allen EU-Staaten einen speziellen Schutzstatus, der zunächst bis März 2026 gilt. Sie müssen damit in der gesamten EU keinen Asylantrag stellen und erhalten direkt einen befristeten Aufenthaltstitel. Damit dürfen sie auch in den anderen EU-Staaten arbeiten und haben gegebenenfalls, wie in Deutschland, Anspruch auf Sozialleistungen.
Aufgrund der unterschiedlichen sozialgesetzlichen Regelungen lässt sich die Situation in den einzelnen Mitgliedsstaaten nur schwer vergleichen. In Belgien liegt die staatliche Sozialhilfe für ukrainische Staatsangehörige mit mehr als 1.200 Euro deutlich über dem deutschen Betrag, in vielen anderen Ländern – wie Italien oder Polen – rangieren die Zahlungen deutlich unter dem deutschen Niveau. Es gibt außerdem große Unterschiede, wenn es um zusätzliche Leistungen wie Krankenversicherung oder Familienzuschläge geht.
Lea Hensen is Redakteurin des „vorwärts“, Finn Lyko ist Volontärin des „vorwärts“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
1. Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?Ukrainische Geflüchtete haben Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie die folgenden Bedingungen erfüllen:Sie haben eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erhalten.Sie sind in Deutschland gemeldet.Sie sind hilfebedürftig und erwerbsfähig.2. Wie beantragt man Bürgergeld?Der Antrag auf Bürgergeld muss beim Jobcenter gestellt werden. Dazu müssen die notwendigen Formulare ausgefüllt und die erforderlichen Nachweise erbracht werden, wie beispielsweise:AufenthaltserlaubnisMeldebescheinigungNachweis über die Bedürftigkeit (z.B. Kontoauszüge)3. Welche Leistungen umfasst das Bürgergeld?Das Bürgergeld umfasst:Regelbedarf zur Deckung des LebensunterhaltsKosten der Unterkunft und Heizung (Mietkosten)Mehrbedarfe (z.B. bei Schwangerschaft oder Alleinerziehung)Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung4. Wie hoch ist das Bürgergeld?Die Höhe des Bürgergeldes hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Familiengröße, dem Alter der Kinder und den Mietkosten. Der Regelbedarf für Alleinstehende beträgt ab Januar 2024 563 Euro pro Monat.5. Welche Pflichten haben die Leistungsempfänger?Empfänger von Bürgergeld müssen:aktiv nach Arbeit suchenan Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilnehmendem Jobcenter Änderungen in ihren Lebensumständen unverzüglich mitteilen6. Gibt es besondere Unterstützungsangebote für Geflüchtete?Ja, das Jobcenter bietet spezielle Beratungs- und Unterstützungsangebote für Geflüchtete, wie z.B. Integrationskurse, Sprachkurse und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen.7. Wie lange dauert die Bearbeitung des Antrags?Die Bearbeitungszeit kann variieren, liegt aber in der Regel zwischen einigen Wochen bis zu zwei Monaten. Es ist wichtig, alle erforderlichen Unterlagen vollständig und korrekt einzureichen, um Verzögerungen zu vermeiden.8. Was passiert, wenn der Antrag abgelehnt wird?Bei einer Ablehnung des Antrags besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Das Jobcenter überprüft dann den Antrag erneut. Gegebenenfalls kann auch eine Klage beim Sozialgericht erhoben werden.9. Können ukrainische Geflüchtete auch andere Sozialleistungen beantragen?Neben dem Bürgergeld können ukrainische Geflüchtete unter bestimmten Voraussetzungen auch weitere Sozialleistungen beantragen, wie z.B. Kindergeld, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, falls sie keinen Anspruch auf Bürgergeld haben.
sehr hart kämpfen, für diese Errungenschaft unter unserem herrlichen Kanzler Scholz. Bürgergeld für alle Menschen, die hier im Lande sind- das ist das Gebot der Stunde