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Gillamoos: Schweitzer lobt „Helden der Demokratie“ in Ostdeutschland

Bei seiner Gillamoos-Premiere lobt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer die sozialdemokratischen Wahlkämpfer*innen in Ostdeutschland. Zugleich fordert er von seiner SPD einen klareren Kurs in der Migrations- und Integrationspolitik.

von Jonas Jordan · 2. September 2024
Alexander Schweitzer feiert als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz seine Premiere beim Gillamoos im Bierzelt.

Alexander Schweitzer feiert als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz seine Premiere beim Gillamoos im Bierzelt.

Mit einem halb vollen Maßkrug betritt er die Bühne. „Hallo zusammen! Geht’s euch gut?“, ruft Alexander Schweitzer zunächst noch etwas schüchtern bei seiner Gillamoos-Premiere am Montagvormittag. Doch schnell macht der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz klar, dass er aus einem für die SPD erfolgsverwöhnten Bundesland kommt. Dementsprechend lobt er die dortigen Konservativen: „Es gibt keine erfahrenere Opposition in Deutschland als die CDU in Rheinland-Pfalz. Macht weiter! Ihr macht das so gut.“

Die CDU habe ihn zuletzt kritisiert, er sei als Ministerpräsident zu viel auf Weinfesten in Rheinland-Pfalz unterwegs. Schweitzer setzt noch eins drauf: „Ich fahre sogar nach Bayern zu den schönsten Bierzeltveranstaltungen.“ Er stellt sich gegen CDU-Chef Friedrich Merz, der im vergangenen Jahr verkündet hatte: „Gillamoos ist Deutschland.“ Doch Schweitzer macht klar: „Gillamoos ist Kult!“ Der Südpfälzer weist in seiner Rede auf die 130 Jahre lange gemeinsame Geschichte von Bayern und der Pfalz hin. Wenn man so durch Bayern fahre, bekomme man den Eindruck, diese Zeit habe Bayern gut getan, sagt er augenzwinkernd.

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Doch Schweitzer adressiert in seiner Bierzelt-Rede im niederbayerischen Abensberg auch durchaus ernste Themen. Angesichts des Regenwetters sagt er, der Wettergott habe am Sonntag wohl Wahlnachrichten aus Sachsen und Thüringen geschaut. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident lobt die Sozialdemokrat*innen in beiden Bundesländern, die sich im Wahlkampf zahlreichen Widrigkeiten gestellt hätten. „Das sind Helden unserer Demokratie. Lasst uns nicht verächtlich, sondern respektvoll auf unsere Genossinnen und Genossen schauen“, fordert er.

Zugleich sei der Ausgang dieser beiden Landtagswahlen kein gutes Ergebnis für die Demokratie. Deshalb brauche es nun Antworten auf die Fragen, die die Menschen sich stellten, fordert Schweitzer. „Bei uns kommt schon an, was die Menschen beschäftigt, aber wir müssen auch über unsere Antworten in diesem Dialog nachdenken. Wenn Menschen sagen, soziale Sicherheit und Migration sind ein Thema, ist es Aufgabe der Sozialdemokratie, dafür Lösungen anzubieten und nicht denjenigen das Wort zu reden, die das Thema soziale Ungleichheit mit dem Thema Migration unzulässig verknüpfen“, fordert der Ministerpräsident.

Schweitzer: „Lasst die Leute was schaffen!“

Zur Wahrheit gehöre aus seiner Sicht allerdings auch: „Wenn wir Humanität und Ordnung in unser Asylsystem bringen wollen, müssen wir auch den Ordnungszweig stärken. Es ist an uns als Sozialdemokratie, Antworten dazu nicht der politischen Konkurrenz zu überlassen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser hätten dazu in der vergangenen Woche schon die richtigen Vorschläge geliefert. Aus seiner Sicht sei klar: Auch Menschen abzuschieben, gehöre zu einer Politik, die Humanität und Ordnung miteinander verbinde. „Die Menschen erwarten, dass die Politik jetzt etwas gebacken bekommt. Zuhören, aber auch handeln, das ist unsere Aufgabe in der politischen Verantwortung“, fordert Schweitzer.

Mit Blick auf diejenigen Menschen, die nach Deutschland zugewandert sind und auch hierbleiben können, fordert er, mehr Wege auf den Arbeitsmarkt zu öffnen. „Arbeit ist die beste Integrationsmaschine. Wer zu Hause sitzt oder in der Unterkunft, der kommt natürlich auf Ideen. Lasst die Leute was schaffen, dann wird's auch besser mit der Integration!“, macht der Sozialdemokrat klar. Auch in Zukunft werde es zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland brauchen. Deswegen fordert Schweitzer stärkere Integrationsbemühungen: „Wir müssen endlich aufhören, sie nur als Produktivkräfte wahrzunehmen, sondern auch zu sagen, dann seid ihr Bayern oder Rheinland-Pfälzer. Ihr seid willkommen in Deutschland, weil ihr zum Wohlstandsmodell in Deutschland beitragt.“

Rücken gerade, Kopf hoch und Zuversicht vermitteln

Mit Blick auf die schlechten Umfragewerte der Bundesregierung fordert Schweitzer von SPD, Grünen und FDP, weniger zu reden und mehr zu handeln. „Die Leute wollen, weil sie uns gewählt haben, dass wir unseren Job hinkriegen und dass wir dann reden, wenn wir Ergebnisse vorzuweisen haben. Und nicht schon, wie in einer permanenten Selbsthilfegruppe sagen, da hat mir aber jemand mein Förmchen weggenommen.“ Denn es ärgere ihn, wenn durch diesen permanenten Streit Erfolge wie beim Mindestlohn oder der Rente verschütt gingen.

Schließlich fordert Schweitzer, nicht zu verzagen, sondern Mut zu haben und Geschlossenheit zu zeigen. „Wer glaubt, dass man über Streit Zustimmung gewinnt, sieht gerade, wo wir sind. Darum lasst uns diese Lehren aus den beiden Landtagswahlen ziehen. Lasst uns mal eine Körpersprache entwickeln, mit der wir sagen: Begeisterung entsteht nur, wenn wir selbst begeistert sind, wenn wir auch über die Themen reden, die gut gelaufen sind.“ 

Rücken gerade, Kopf hoch und den Menschen eine Zukunftsidee vermitteln, hinter sich die Mehrheit versammeln könne. Das müsse die Losung der Sozialdemokratie sein. Das kommt bei den bayerischen Genoss*innen gut an. Denn die Generalsekretärin Ruth Müller lobt: „Lieber Alexander Schweitzer, du bist nicht nur groß, sondern auch großartig.“  

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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