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Gillamoos: Wie Lars Klingbeil im Bierzelt für eine starke SPD wirbt

Der Politische Frühschoppen auf dem Gillamoos hat eine jahrzehntelange Tradition. Für Lars Klingbeil ist er am Montag eine Premiere. Der SPD-Chef meistert sie und wirbt mit deutlichen Worten für eine starke SPD in Bayern.
von Jonas Jordan · 4. September 2023
Eine Premiere: Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil spricht zum ersten Mal beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos in Bayern.
Eine Premiere: Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil spricht zum ersten Mal beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos in Bayern.

Mehrere hunderttausend Menschen besuchen pro Jahr den Gillamoos. Der Jahrmarkt in Abensberg in Niederbayern geht bis ins Jahr 1583 zurück und ist damit der älteste im Freistaat. Nicht ganz so alt ist die Tradition des Politischen Frühschoppens, zu dem sich die jeweiligen Parteien jeweils am Gillamoos-Montag in mehreren Festzelten versammeln. Allgegenwärtig bei der SPD ist dabei ein Mann, der eigentlich ein Zelt weiter spricht: Hubert Aiwanger, Bundes- und Landesvorsitzender der Freien Wähler sowie stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister in Bayern. All diese Ämter darf er trotz seiner Verfehlungen rund um die Flugblatt-Affäre behalten, entschied Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Tag zuvor.

Bei der SPD kommt das nicht gut an. Luisa Haag, SPD-Unterbezirksvorsitzende und Landtagskandidatin, sagt, schon ihr Opa habe ihr immer geraten: „Entschuldige dich gescheit', wenn du einen Fehler gemacht hast!“ Es ist klar, dass sie Aiwanger meint. Noch deutlicher wird der bayerische SPD-Vorsitzende und Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 8. Oktober, Florian von Brunn: „Sophie Scholl hat Flugblätter gegen die Nazis verteilt und wurde dafür hingerichtet. Hubert Aiwanger hatte in seiner Tasche Flugblätter, mit denen tapfere Frauen wie Sophie Scholl verhöhnt wurden. Das ist kein dummer Jungenstreich. Das ist rechtsradikal und nichts anderes.“

von Brunn: „So ein rechtspopulistischer Geisterfahrer darf nicht länger die Hand am Lenkrad des Freistaats Bayern haben“

Hubert Aiwanger sei nicht erst seit der umstrittenen Demonstration in Erding ein Rechtspopulist, sagt von Brunn und erinnert daran, dass der Vorsitzende der Freien Wähler schon 2012 gemeinsam mit Beatrix von Storch (heute AfD) Montagsdemonstrationen gegen die Eurorettung organisiert hatte. „Wer so spricht, ist ein gefährlicher, rechter Demagoge. So ein rechtspopulistischer Geisterfahrer darf nicht länger die Hand am Lenkrad des Freistaats Bayern haben“, macht von Brunn deutlich.

Während er schon häufiger auf dem Gillamoos gesprochen hat, feiert Lars Klingbeil hier am Montagvormittag seine Premiere. Das sei „ein tolles Erlebnis“, das Spaß mache, sagt der SPD-Vorsitzende und wird dann in Bezug auf Aiwanger ebenso deutlich: „Antisemitismus gehört nicht auf Flugblätter, nicht in Schulranzen und nicht in Aktentaschen.“ Wer sich ernsthaft für solch ein Vergehen entschuldigen wolle, könne sich nicht gleichzeitig in Bierzelten feiern und als Medienopfer stilisieren lassen. „Das ist unanständig“, sagt Klingbeil. Insofern seien weder Söder noch Aiwanger Vorbilder für junge Menschen in Bayern: „Söder hat den Buckel gemacht vor Aiwanger. Das ist kein starker Ministerpräsident.“

Klingbeil: „Söder ist Bayern doch schon längst egal.“

Ohnehin, meint Klingbeil, schaue Söder nur noch, wie er selbst Kanzlerkandidat werden könne. „Ihm ist Bayern doch schon längst egal. Deswegen Florian von Brunn und die Sozialdemokratie am 8. Oktober wählen. Denn Bayern braucht eine starke Regierung, die die Probleme der Menschen ernst nimmt“, rät der SPD-Chef. Auch inhaltlich kritisiert Klingbeil Söder deutlich: „Euer Ministerpräsident hat die Energiepolitik völlig verpennt. Erst umarmt er Bäume, dann umarmt er Atomkraftwerke. Deswegen braucht ihr Florian von Brunn. Denn er weiß, wie man starke Energiepolitik macht, damit euer Land weiter stark bleibt.“

Die bayerische Sozialdemokratie stehe für gute Arbeitsplätze, für Wohlstand und ein bezahlbares Bayern für alle und fügt an Florian von Brunn gerichtet an: „Du bist ein korrekter Typ.“ Viele Werte, die denen fehlten, die jetzt in Verantwortung sind, habe von Brunn. Daher sagt der SPD-Vorsitzende: „So wie dieses schöne Bundesland geführt wird, kann es nicht weitergehen. Ihr braucht eine starke Sozialdemokratie.“ Inhaltlich hat der SPD-Spitzenkandidat beispielsweise vorgeschlagen, eine eigene Batterieproduktion im Freistaat zu ermöglichen, „damit auch in Zukunft die besten und saubersten Autos aus Bayern kommen“.

Kostenlose Bildung und mehr Wohnungen

Eine Milliarde will die SPD in Bildung investieren, „weil wir wissen, dass sich Investitionen in Bildung rechnen“, sagt von Brunn auf dem Gillamoos und erklärt: „Wir stehen für kostenfreie Bildung von der Kita bis zum Master oder Meister.“ Markus Söder habe kein Herz für Mieter*innen, die SPD schon. Sie wolle Wohnungen bauen, statt sie zu verkaufen. Und sie wolle nach dem 8. Oktober vor allem die „miserable“, „grottenschlechte“ „Null-Bilanz“ des Freistaates beim Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich verbessern. Denn, so von Brunn: „Mit der ganzen heißen Luft, die der Hubsi und der Markus produzieren, kann man keine Waschmaschine betreiben und keine Wohnung heizen.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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