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Bundestag statt Rathaus: Warum Bürgermeister Daniel Iliev kandidiert

Daniel Iliev ist Bürgermeister einer Kleinstadt in Hessen. Nun zieht es den SPD-Politiker auf die große Bühne: Am Sonntag kandidiert er für den Bundestag. Im Interview sagt Iliev, was ihn zu dem Schritt bewegt hat und wie er von seiner kommunalen Erfahrung profitieren will.

von Carl-Friedrich Höck · 20. Februar 2025
Will kommunales Wissen in den Bundestag bringen: Bürgermeister Daniel Iliev

Will kommunales Wissen in den Bundestag bringen: Bürgermeister Daniel Iliev

Kommunalpolitiker*innen wird nachgesagt, besonders pragmatische Politik zu machen. Wie haben Ihre Erfahrungen als Bürgermeister von Heringen Sie als Politiker geprägt?

Es stimmt, dass man in der Kommunalpolitik nur mit pragmatischen Vorschlägen vorankommt. Ich habe als Bürgermeister gelernt, dass es darum geht, verschiedene Interessen zu moderieren und zu kanalisieren im Sinne der Stadt. Man kann mit unterschiedlichen Ansichten etwas Gutes entwickeln, wenn man gemeinsam eine Lösung anstrebt.

Welcher Erfolg aus ihrer knapp neunjährigen Zeit als Bürgermeister bedeutet Ihnen besonders viel?

In Heringen wurden die Kita-und Krippengebühren für die Ganztagsbetreuung komplett abgeschafft. Es gibt bei uns neuneinhalb Stunden Betreuung. Dass eine Kommune so etwas entscheidet, ist nicht selbstverständlich. Mir war es wichtig, weil die Gebühren für Eltern ein hoher Kostenfaktor sind, gerade im Krippenbereich. Natürlich mussten wir darum ringen, es gab auch andere Interessen. Am Ende des Tages konnten wir aber vorrechnen, dass die Kommune sich das leisten kann. Darauf bin ich wirklich stolz.

Daniel
Iliev

Die abstrakte Gesetzgebung in Berlin wird nirgendwo fassbarer als auf der kleinsten Ebene der Kommune.

Nun treten Sie als SPD-Kandidat für die Bundestagswahl an. Gibt es kommunale Themen, die Sie mit in den Wahlkampf – und vielleicht später in den Bundestag – nehmen?

Ja, jede Menge! Die abstrakte Gesetzgebung in Berlin wird nirgendwo fassbarer als auf der kleinsten Ebene der Kommune. Wir müssen viele gesetzliche Vorgaben einhalten, für die wir aber finanziell nicht ausreichend ausgestattet werden. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Kommunen in Zukunft nicht noch mehr finanzielle Spielräume verlieren. Denn sonst schafft dies Frust und stärkt die extremen Parteien. Wenn ein Schlagloch vor dem Haus fünf Jahre lang nicht repariert wird, weil Gelder fehlen, denken die Menschen: Die Politik tut nichts. Der Staat muss handlungsfähig sein, und das beginnt mit einer handlungsfähigen Kommune.

Was motiviert Sie, jetzt die politische Ebene zu wechseln und für die Bundestagswahl zu kandidieren?

Ich liebe Herausforderungen. Wir haben schwierige Zeiten vor uns. Es gibt einen Rechtsruck in Europa. Donald Trump, Wladimir Putin und Kriege beherrschen die Nachrichten und die Menschen empfinden eine wachsende soziale Ungerechtigkeit. Sie sind es leid, dass Politiker*innen sich in Streitigkeiten verlieren und keine Lösungen präsentieren. Das motiviert mich und treibt mich an. Ich bin ein optimistischer und lösungsorientierter Mensch. Jetzt will ich die Erfahrungen, die ich fast neun Jahre als Bürgermeister gemacht habe, in die große Politik mit einbringen.

Daniel
Iliev

Wir sollten weniger streiten und nicht alles kaputtreden, sondern sachlich an Lösungen für die Probleme der Menschen arbeiten.

Wie sind Sie den Wahlkampf angegangen?

Ich wollte viel mit Menschen sprechen. Also ich bin jeden Tag von früh bis spät unterwegs, an Haustüren oder bei Unternehmen, und versuche, mit so vielen Menschen wie möglich ins Gespräch zu kommen. Die Bürgerinnen und Bürger konnten mich in ihr Wohnzimmer einladen. Dann bin ich mit Brötchen, Kuchen oder Pizza vorbeigekommen. Außerdem kann man mich natürlich auch über die Sozialen Medien immer erreichen.

Es klingt abgedroschen, aber ich glaube, dass wir viel mehr zuhören müssen. Und zwar aktiv zuhören, damit die Menschen auch spüren, dass das, was sie sagen, ernst genommen wird und von Belang ist. Bei den Wohnzimmergesprächen wurde mir immer wieder auf den Weg gegeben, wie wichtig es ist, dass wir wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Wir sollten weniger streiten und nicht alles kaputtreden, sondern sachlich an Lösungen für die Probleme der Menschen arbeiten.

Sie sind auf verschiedenen sozialen Netzwerken aktiv. X gehört nicht dazu, dafür aber TikTok. Tanzen Sie lieber als zu twittern?

Bei X bin ich ausgetreten, als Elon Musk das Netzwerk gekauft hat. Ich hielt ihn damals schon für durchgeknallt, noch bevor er mit seinen rechtsextremen Äußerungen aufgefallen ist. TikTok finde ich spannend, weil es so viele junge Menschen erreicht. Diese Generation sollten wir nicht den Rechten überlassen.

Daniel Iliev ist seit 2016 Bürgermeister der Stadt Heringen (Werra). Bei der Bundestagswahl kandidiert er im Wahlkreis 168 (Landkreis Hersfeld-Rotenburg und Werra-Meißner-Kreis).
Das Interview erschien zuerst auf demo-online.de.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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