Meinung

Zweiter Anlauf: Warum die Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler gelingen muss

Am Dienstag sollte CDU-Chef Friedrich Merz zum zehnten deutschen Bundeskanzler gewählt werden. Doch die für ihn abgegebenen 310 Ja-Stimmen reichten nicht - er scheiterte. Im zweiten Wahlgang steht nun vieles auf dem Spiel.

von Karin Nink · 6. Mai 2025
Friedrich Merz sitzt im Bundestag

CDU-Chef Friedrich Merz verpasste am Dienstag beim ersten Wahlgang zum Bundeskanzler die erforderliche Mehrheit von 316 Ja-Stimmen

Bis Dienstagmorgen haben Kommentator*innen und Politiker*innen wie etwa der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz noch das geordnete demokratische Verfahren gelobt, mit dem Deutschland auch in diesen extrem schwierigen Zeiten unaufgeregt einen Regierungswechsel organisiert bekommt. 

Davon kann nun keine Rede mehr sein. Denn der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz wurde im ersten Wahlgang nicht zum Kanzler gewählt!  Ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen und der Zustimmung aller drei an der Koalition beteiligter Parteien fehlen ihm sechs Stimmen zur Kanzlermehrheit. 

Man muss Merz nicht mögen und seine Entscheidung im Februar, einen Entschließungsantrag mit den Stimmen der AfD durch den Bundestag zu bringen, hat bei vielen das Vertrauen in ihn zu Recht nicht gestärkt. Dennoch: Dass der designierte Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen mit vernünftigen, sozialdemokratisch geprägten Entscheidungen und Vorhaben beim ersten Wahlgang keine Kanzlermehrheit bekommen hat, ist ein absolutes Debakel für alle demokratischen Kräfte im Bundestag und im Land. Freuen kann sich darüber nur die AfD. 

Wahl von Merz zum Kanzler muss gelingen

Ob die Verursacher dieser Lage sich bewusst sind über die Tragweite ihres Handelns? Die Nichtwahl von Merz am Dienstagmorgen geht weit über eine Klatsche oder einen Denkzettel für den designierten Kanzler hinaus. Hiermit wird vielmehr die vertrauensvolle Basis dieser Vernunfts-Koalition in Frage gestellt, die darum bemüht ist, die demokratische Mitte in diesem Land durch vernünftiges Regieren wieder zu stärken. 

Es hilft jetzt nicht weiter, Spekulationen darüber anzustellen, wo die fehlenden Stimmen zu suchen sind. Vielmehr müssen die Volksvertreter*innen, die Merz nicht gewählt haben, sich bewusst darüber werden, wie demokratieschädigend dieses Verhalten letztendlich ist und wie sehr dies der nun in Gänze als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD in die Hände spielt. 

Das kann keiner wollen. Deswegen muss die Wahl des Kanzlers im zweiten Wahlgang unbedingt gelingen!

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 06.05.2025 - 15:48

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Wieviel Vernunft in diesem Koalitionsvertrag und in dieser Koalition steckt ist nicht unbedingt ersichtlich.
Nun gab es einen "Schuß vor den Bug". Aus welcher Partei die Dissidenten stammen ist ja nicht ersichtlich und es legt ja auch keinere die Beweggründe für das jeweilige Abstimmungsverhalten offen.
Allerdings zeigt das Abstimmungsergebnis auch mal wieder die zentrifugalen Kräfte in dieser Repubik. Damit ist also nicht nur Merz angesprochen.
Zu einer Politik der Vernunft würde es allerdings gehören die Kriegrethorik und den Rüstungswahn zu beenden, die EUBürocrazy in die Schranken zu weisen, politische Übergriffigkeit zu beenden und von der moralinischen zur rechtstaatlichen Politik zurückzukehren.

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