Meinung

Wachstumsprogramm der Ampel-Koalition: Ein Hüpfer in die Zukunft

Mit zahlreichen Maßnahmen will die Bundesregierung die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Einige davon sind zentral für einen zukunftsfähigen Markt und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

von Gustav Horn · 31. Juli 2024
Die effiziente Verteilung von erneuerbarer Energie ist ein langfristiges Ziel.

Die effiziente Verteilung von erneuerbarer Energie ist ein langfristiges Ziel.

Die Wirtschaft in Deutschland lahmt und lahmt. Vor dieser wenig anregenden Kulisse hat die Bundesregierung jüngst den Haushaltsentwurf für 2025 und zeitgleich ein Programm vorgelegt, mit dem das Wachstum unserer Volkswirtschaft angetrieben und die konjunkturelle Flaute überwunden werden soll. Angesichts der sehr unterschiedlichen Sichtweisen der drei Regierungsparteien auf die Wirtschaft und deren Funktionieren ist die Vorlage einer gemeinsamen Strategie schon für sich genommen eine positive Nachricht, die verunsicherten Konsument*innen und Unternehmen bei der Orientierung hilft. Die entscheidende Frage ist jedoch: Helfen die vorgeschlagenen Maßnahmen, die Herausforderungen zu bewältigen, denen nicht nur die deutsche, sondern die globale Wirtschaft in dieser Zeit ausgesetzt ist? 

Um es vorwegzunehmen, der Regierung gelingt mit ihren Vorschlägen zwar kein großer Sprung in die Zukunft, wohl aber ein Hüpfer in die richtige Richtung. Ersteres hätte ein massives und langfristig angelegtes Investitionsprogramm in Infrastruktur und neue Technologien erfordert, das unsere Wirtschaft auf einen durchgreifenden Modernisierungskurs geschickt hätte. Angesichts der Uneinigkeit über die Finanzierung eines solchen Programms war dieser Sprung von vorneherein nicht zu erwarten. Ihn durchzuführen, bleibt einer künftigen Regierung vorbehalten.     

Kurzfristig wirkungsvolle Maßnahmen

Gleichwohl enthalten die Vorschläge der Bundesregierung sinnvolle Elemente, die in die Zukunft weisen. Es gibt einige Maßnahmen, die sich schon kurzfristig positiv auf die Investitionsbereitschaft auswirken können. Die lahme Konjunktur wird trotz Einhaltens der Schuldenbremse durch den Haushaltsentwurf nur maßvoll belastet, so dass ein Absturz, der die Investitionsbereitschaft der Unternehmen weiter drücken würde, vermieden wird. In die Gegenrichtung wirken, also zu mehr Investitionen beitragen,  dürften die angestrebten vermehrten Darlehen, die höheren Forschungszulagen sowie die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen. Dies sollte den Umbau der Wirtschaft bereits kurzfristig etwas vorantreiben. 

Auf längere Sicht dürften sich jedoch andere Maßnahmen als wirksamer erweisen. Zentral ist das Vorhaben, den Energiemarkt effizienter zu gestalten, um die Energiepreise zu senken. Alle übrigen Maßnahmen des Pakets dürften dagegen verblassen. Niedrigere Energiepreise hingegen entlasten unmittelbar private Haushalte wie Unternehmen. So ist es geradezu absurd, dass man auf der einen Seite eine Welle der Elektrifizierung fordert, um nachhaltiger produzieren und konsumieren zu können, und auf der anderen Seite den Stromverbrauch besteuert und mit hohen Abgaben belastet. Daher ist es richtig, die Stromsteuer dauerhaft auf das EU-Minimum zu begrenzen und die EEG-Umlage über Steuern zu finanzieren. Schon das senkt die Preise.

Strom in Zeit und Raum besser verteilen

Ebenso preisdämpfend dürfte sich eine effizientere Verteilung des Stroms in Zeit und Raum auswirken. Das Angebot an erneuerbaren Energien ist volatil, was zu starken Preisschwankungen, Verschwendung  und hoher Unsicherheit führt. Deshalb ist der Ausbau der Speicherkapazitäten und der digitalen Angebotssteuerung über Smart Meter sinnvoll. Das Angebot wird so zeitlich verstetigt, insbesondere brauchen Anlagen bei temporärem Überangebot nicht entschädigungspflichtig abgeschaltet zu werden. Das erhöht die Sicherheit und senkt die Preise. 

In die gleiche Richtung wirkt der räumliche Netzausbau. Wenn der Strom besser über das gesamte Bundesgebiet verteilt werden kann und damit dort ankommt, wo er auch gerade benötigt wird, dämpft dies die Preisausschläge und erhöht die Versorgungssicherheit. Mit diesen Schritten, die erst im Laufe der Zeit wirksam werden, leistet die Bundesregierung einen nennenswerten Beitrag zum Aufbau nachhaltiger und effizienter Energiemärkte. Das verbessert nicht nur den Standort für die Unternehmen, sondern entlastet auch jeden privaten Haushalt. 

Dieses Vorgehen ist ein nicht unwichtiges Glied in einer Kette von Maßnahmen, durch die im Laufe der kommenden Jahre mit Hilfe strategischer Industriepolitik und dem Aufbau effizienter, auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Märkte nicht nur der notwendige Umbau unserer Wirtschaft gelingen sollte, sondern auch ein technologischer Vorsprung erreicht würde. Dann könnte aus dem Hüpfer doch noch ein großer Sprung werden.     

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Gustav Horn

ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen. Er gründete und war von 2005 bis 2019 wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.

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