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EU-Gesetz blockiert: Wie die FDP Schutzrechte für Beschäftigte verhindert

Eine EU-Richtlinie wollte es Beschäftigten digitaler Plattformbetreiber erleichtern, Arbeitnehmerrechte zu erhalten. Doch Deutschland enthielt sich der Abstimmung, weil die FDP blockierte.

von Vera Rosigkeit · 20. Februar 2024
Kurierdienst

Lieferdienstfahrer*innen für Lebensmittel sind bei Wind und Wetter unterwegs (Symbolfoto)

Den rund 30 Millionen Beschäftigten, die in Europa derzeit als Kurier*innen für Lieferdienste, Taxifahrer*innen oder Korrektor*innen von Texten für Zeitschriften tätig sind, bleiben weiterhin Arbeitnehmerrechte verwehrt. Eine entsprechende EU-Richtlinie, die ein erstes gezieltes Gesetz zum besseren Schutz von Beschäftigten bei Plattformen wie Uber, Bolt, Deliveroo und Co gewesen wäre, ist vergangene Woche gescheitert. Neben Frankreich, das gegen die Richtlinie stimmte, enthielt sich Deutschland bei der Abstimmung, weil die FDP, wie schon eine Woche zuvor beim Lieferkettengesetz, ihre Zustimmung verweigerte.

Die Anzahl derer, die für digitale Plattformen arbeitet, steigt rasant, für das kommende Jahr wird sie auf rund 40 Millionen in der EU geschätzt. In der Mehrheit sind sie der Form nach selbstständig und damit ohne Schutzrechte, Betreiber*innen von Plattformen zahlen weder Sozialabgaben noch Mindestlöhne. Dabei hätten viele Unternehmen in den vergangenen Jahren Rekordumsätze auf erwirtschaftet, sagt Gaby Bischoff, SPD-Abgeordnete im EU-Parlament. Und das „auf dem Rücken der Plattform-Arbeiter*innen“, die häufig als Scheinselbstständige ohne soziale Absicherung für sie arbeiten. Die neuen Regeln sollten den Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen, Löhne und soziale Absicherung geben.

Scheinselbstständig seien sie deshalb, weil von vielen dieser Beschäftigten verlangt werde, dieselben Regeln und Beschränkungen einzuhalten wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, stellte der Europäische Rat vergangenen Sommer in einem Schreiben klar. Das deute darauf hin, dass sie eigentlich in einem Arbeitsverhältnis stehen und ihnen daher Arbeitnehmerrechte und Sozialschutz zustehe. Nach dem Vorschlag für die Richtlinie hätten Unternehmen auf Antrag künftig nachvollziehbar darlegen müssen, ob Beschäftigte als selbstständig oder angestellt einzuordnen sind, erklärt Bischoff. Betroffene hätten so Zugang zu grundlegenden Arbeitnehmer*innenrechten wie Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung erhalten. Für Bischoff sei es die Aufgabe von Politiker*innen, Rechtssicherheit zu schaffen, auch damit Gesetze nicht den Veränderungen in der Arbeitswelt hinterherhinkten.

Die Richtlinie hätte zudem dafür gesorgt, dass Beschäftigte über die Verwendung von automatisierten Überwachungs- und Entscheidungssystemen informiert werden. So hätten sie Einblick erhalten, wie Entscheidungen getroffen und wie personenbezogene Daten verwendet werden.

Bereits im Dezember hatten die EU-Mitgliedsstaaten für eine Einigung unter der spanischen Ratspräsidentschaft keine ausreichende Mehrheit gefunden. Damit ist eine vorläufige Einigung zwischen Europäischem Parlament und den Vertreter*innen der Ratspräsidentschaft bereits das zweite Mal gescheitert. „Dass Deutschland sich auf Druck der FDP enthält, irritiert viele in Europa“, so Bischoff.  Für sie schließt sich hier möglicherweise ein Zeitfenster, um Plattformarbeit gerecht zu gestalten.

Tatsächlich ist derzeit unklar, wie die nächsten Schritte aussehen könnten. Möglichkeiten eines weiteren Versuchs für eine Einigung sind noch gegeben. Eine ist, dass das EU-Parlament mit seiner Mandatsposition in die erste Lesung in's Plenum geht und es damit als Parlamentsposition sichert. Das neue Parlament würde nach der Europawahl im Juni dieses Jahres das Mandat aufgreifen und weiterverhandeln.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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2 Kommentare

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mi., 21.02.2024 - 10:31

Permalink

Wann wird endlich der Lobbyistenknecht Blockade-Lindner gestoppt?

Er verursacht eine schlechte Stimmung gegen die Bundesregierung in der Bevölkerung, er zieht die SPD und Grünen bei den Landtagswahlen herunter, er fördert AfD-Gewinne und missachtet vollkommen seinen Amtseid.

Tagtäglich erleben wir neue Blockaden, sein Generalsekretär plant schon nach dem Vorbild Genschers im Jahre 1982 einen Sturz der Regierung.

Es kann doch nicht so weitergehen, dass eine Mini-Partei die Richtlinien der Politik bestimmt und alles verhindert, was dem Wohl der Bevölkerungsmehrheit dient.