Inland

Plattform-Arbeit: Heil sagt Gorillas-Fahrer*innen Unterstützung zu

In mehr als 20 deutschen Städten liefern Fahrer*innen des Start-up „Gorillas“ Dinge des täglichen Bedarfs per Rad. Zuletzt sind die Arbeitsbedingungen stark in die Kritik geraten. Nun hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil seine Hilfe zugesagt.
von Kai Doering · 20. Juli 2021
Viel beachtetes Treffen in Berlin-Kreubzerg: Bundesarbeitsministere Hubertus Heil sagte den Gorillas-Fahrer*innen seine Unterstützung zu.
Viel beachtetes Treffen in Berlin-Kreubzerg: Bundesarbeitsministere Hubertus Heil sagte den Gorillas-Fahrer*innen seine Unterstützung zu.

In Städten wie Berlin, Hamburg oder München gehören sie mittlerweile fest zum Straßenbild. Sie fahren auf Rädern, ihre Rucksäcke sind orange, blau oder schwarz. Darin liefern sie fertiges Essen oder eiinfach Dinge des täglichen Bedarfs. Bestellt wird meist per App auf dem Handy.

Vor ziemlich genau einem Jahr ist das Start-up „Gorillas“ neu an den Start gegangen. In mehr als 20 Städten in Deutschland liefern die Fahrer*innen – „Rider“ genannt – mehr als 2000 Dinge vom Schokoriegel bis zur Zahnbürste, zum Ladenpreis und in maximal zehn Minuten. „Schneller als du“ lautet der Slogan des Unternehmens.

Schlechte Ausrüstung und unregelmäßige Bezahlung

Seit einigen Wochen rumort es bei den „Gorillas“. In Berlin, wo das Start-up seinen Hauptsitz hat, legten die Rider einige Male spontan ihre Arbeit nieder. Erst am Wochenende gab es eine Protestfahrt quer durch die Stadt. Die Fahrer*innen beklagen mangelnden Arbeitsschutz, schlechte Ausrüstung und unregelmäßige Bezahlung. Außerdem behindere sie die Unternehmensführung bei der Gründung eines Betriebsrats.

Am Dienstag hat sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil selbst ein Bild von der Lage gemacht. Auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Cansel Kiziltepe traf sich Heil in Berlin-Kreuzberg mit Gorillas-Fahrer*innen, die sich im „Gorillas Workers Collective“ zusammengeschlossen haben. Sie berichteten dem Minister von fehlenden Pausenräumen, der falschen Berechnung von Gehältern und Urlaubstagen und wie die Unternehmensführung versucht habe, die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern.

Heil hörte zu, fragte nach und gab Hinweise. So riet er den Fahrer*innen sich von den Gewerkschaften helfen zu lassen. Verdi hat bereits Unterstützung zugesagt. Auch versprach der Minister, mit seiner Berliner Kollegin sprechen zu wollen, da viele der kritisierten Punkte in die Zuständigkeit des Landes fielen.

Arbeitgeber muss Arbeitsrecht​ und Arbeitsschutz​ einhalten

Hubertus Heil hatte aber auch gute Nachrichten. So habe ihm die Unternehmensführung von „Gorillas“ zugesagt, die Gründung eines Betriebsrats „nicht mehr in Zweifel ziehen“ zu wollen. Vor dem Gespräch mit den Fahrer*innen hatte sich Heil hinter verschlossenen Türen mit dem Management des Start-ups getroffen. Sollte es dennoch Widerstände geben, sagte er den Fahrer*innen seine persönliche Unterstützung zu. Unmittelbar in Arbeitskämpfe einschalten könne er sich aber als Minister nicht.

„Für mich ist wichtig, dass sich alle Unternehmen, auch die neu gegründeten in Deutschland, an Recht und Gesetz halten“, unterstrich der Bundesarbeitsminister nach dem Treffen. „Dazu gehört es, dass die Beschäftigten das Recht haben, einen Betriebsrat zu gründen.“ Eine solche Gründung verhindern zu wollen, sei eine Straftat. Heil verwies auch auf das im Mai beschlossene Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das Betriebsratsgründungen erleichtern soll. „Arbeitgeber sind verpflichtet alle Regeln des Arbeitsrecht​s und Arbeitsschutz​es einzuhalten“, betonte Heil. „Das gilt auch in der Plattformökonomie.“

Der Minister hatte bereits im November vergangenen Jahres ein Eckpunktepapier vorgelegt, um die Arbeitsbedingungen bei digitalen Plattformen stärker zu regulieren. Kernpunkte sind ein besserer sozialer Schutz für Soloselbstständige sowie die Möglichkeit, Betriebsräte zu gründen. Die Gorillas-Fahrer*innen sind – wenn auch zeitlich befristet – fest angestellt und nach Aussage der Unternehmensführung auch kranken- und unfallversichert. Sie erhalten „mindestens 10,50 Euro pro Stunde“ und auch im Krankheitsfall eine Bezahlung.

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