Zurückweisungen an Grenzen: Warum Dobrindt einen Rechtsstreit riskiert
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt macht als erste Amtshandlung eine Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag wahr. Flüchtlinge, die einen Asylantrag stellen wollen, sollen nicht mehr einreisen können. Beim Europäischen Gerichtshof wird er damit wohl nicht durchkommen.
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Die Bundespolizei im Einsatz: Hier kontrolliert sie Ende November 2024 an der deutsch-luxemburgischen Grenze Fahrzeuge und Transporter.
Ohne ein Gesetz zu ändern, führte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit einem Schreiben an die Bundespolizei eine neue deutsche Asylpolitik ein. Fast alle Asylsuchenden sollen nun an den deutschen Grenzen abgewiesen werden.
Die Maßnahme kommt nicht überraschend. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte sie schon im Wahlkampf versprochen –für den ersten Tag seiner Amtszeit. Auch die SPD wurde nicht überumpelt, sie hat vielmehr im Koalitionsvertrag zugestimmt. „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen“, heißt es dort.
Minister Dobrindt schrieb nun lediglich einen Brief an den Präsidenten der Bundespolizei Dieter Romann. Darin bat er die „ab sofort“ Schutzsuchenden die Einreise zu verweigen, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat kommen. Da Deutschland von sicheren Staaten umgeben ist, gilt diese Weisung an allen deutschen Außengrenzen. Ausnahmen soll es nur für „vulnerable Personen“ geben. Bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend erklärte Dobrindt, dass damit „Kinder und schwangere Frauen“ gemeint seien. Diese sollen weiterhin an deutsche Erstaufnahme-Einrichtungen weitergeleitet werden.
Rechtlich nicht auf der sicheren Seite
Dobrindt nimmt in seinem Schreiben Bezug auf Paragraf 18 des deutschen Asylgesetzes, der die Möglichkeit von Zurückweisungen bei der Einreise aus einem sicheren Drittstaat ausdrücklich vorsieht. Auch das deutsche Grundrecht auf Asyl gilt seit 1993 nicht mehr bei einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat und wurde damit faktisch abgeschafft.
Dennoch wurde Paragraf 18 in den letzten Jahren nicht angewandt. Denn 2015 hat der damalige Innenminister Thomas de Maiziére (CDU) in Absprache mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angeordnet, alle Personen einreisen zu lassen, die einen Asylantrag stellen wollen. Diese damals mündlich erteilte Weisung nahm Dobrindt nun ausdrücklich zurück. Eine Gesetzesänderung war deshalb nicht nötig. Paragraf 18 ist als Rechtsgrundlage für Zurückweisungen ja bereits vorhanden.
Ist Dobrindt damit rechtlich auf der sicheren Seite? Nein, denn das deutsche Recht wird nach ganz überwiegender Ansicht von Experten hier durch EU-Recht überlagert. Die Dublin-III-Verordnung der EU regelt, welcher Staat jeweils für ein Asylverfahren zuständig ist. Meist ist es der EU-Staat, den der Flüchtling zuerst betreten hat. Um herauszufinden, welcher EU-Staat zuständig ist, müssen Flüchtlinge also erst einmal einreisen können. Damit argumentierte auch die SPD im Wahlkampf. Eine Überstellung an den zuständigen Staat (meist ist es kein deutscher Nachbarstaat) soll dann später erfolgen, scheitert allerdings oft.
Nachbarländer wurden „in Kenntnis gesetzt“
Dobrindt will das EU-Recht an diesem Punkt aber nicht mehr anwenden. Er beruft sich hierbei auf die Notlagenklausel in Artikel 72 des EU-Arbeitsvertrags. Konkret beruft sich Dobrindt darauf, er wolle einer Überforderung der deutschen Kommunen und des deutschen Asylsystems vorbeugen. Außerdem sei das Dublin-System „dysfunktional“, weil sich viele EU-Staaten nicht daran halten.
Mit beiden Argumenten wird Dobrindt beim Europäischen Gerichtshof vermutlich nicht durchkommen. Das ahnt wohl auch Dobrindt, der betonte, es gehe vor allem um ein „deutliches Signal“ in die Welt und nach Europa, „dass sich die Politik in Deutschland geändert hat“. Die im Koalitionsvertrag als Bedingung vorgesehene „Abstimmung“ mit den Nachbarstaaten hält Dobrindt für erfüllt. Die Nachbarn seien vorab „in Kenntnis gesetzt“ worden und man führe mit ihnen eine „gemeinsame Diskussion“.
Schweiz und Polen reagierten prompt
Die Schweiz und Polen haben die von Dobrindt angekündigten Zurückweisungen bereits kritisiert. Polens Ministerpräsident Donald Tusk forderte Bundeskanzler Merz bei seinem Antrittsbesuch in Warschau aufauf, keine einseitigen Schritte vorzunehmen. Das Schweizer Justizministerium wies darauf hin, „systematische Zurückweisungen“ würden gegen geltendes Recht verstoßen, die Schweizer Behörden würden „gegebenenfalls“ Maßnahmen prüfen.
Die Bundespolizei wird nun aber nicht die deutschen Grenzen abriegeln, um flächendeckend Grenzkontrollen durchführen zu können. Sie soll, so Dobrindt, nur „Schritt für Schritt“ ihre Kräfte an den Grenzen erhöhen, um mehr Personen zu kontrollieren.
Wann es erste Gerichts-Entscheidungen geben wird, ist noch nicht abzusehen. Es müsste sich erst einmal ein zurückgewiesener Flüchtling finden, der bis zum Ende eines Gerichtsverfahrens in Polen bleibt. Flüchtlinge, die nach Deutschland wollen, werden nach einer Zurückweisung am Grenzübergang aber vermutlich lieber versuchen, über die nur schwach überwachten „grünen Grenzen“, also über Wiesen und Wälder, nach Deutschland einzureisen.
Flüchtlinge/Asyl /// Einwanderung
Die von Lars Klingbeil geführte 'neue' SPD wusste dies.
Und das wird nicht das einzige "Grenzwertige" bleiben.
Natürlich kann und muss man, wenn es u m u m g ä n g l i c h ist als
Ultima Ratio eine große Koalition aus Gesamtwohl verantwortlicher CDU/CSU und SPD bilden.
Also mit verantwortungsbewussten, gutwilligen, wohlwollenden Leuten.
Aber mit der BlackRock-Merz-CDU und der Mir-san-mir-Söder-CSU
kann die Sozialdemokratie nur verlieren.
Nochmals zur Erinnerung, was BlackRock-Merz auf seiner Wahlkampfabschlussveranstaltung vor der BT-Wahl 2025 gesagt hat:
"Keine Politik mehr für grüne und linke Spinner."
"Links ist vorbei."
Das konnte jede und jeder hören. Und das ist gar nicht misszuverstehen!