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Warum die SPD bei der Hamburg-Wahl mit deutlichem Vorsprung siegte

Nur eine Woche nach ihrer schweren Wahlniederlage bei der Bundestagswahl ist die SPD wieder auf der Siegerstraße: Bei der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft kam sie klar auf Platz 1. Und dafür gibt es gute Gründe.

von Lars Haferkamp · 2. März 2025
Weiter die Nr. 1 in Hamburg: Bürgermeister Peter Tschentscher und seine SPD – hier bei der Siegesfeier am Wahlabend – haben die Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 klar gewonnen.

Weiter die Nr. 1 in Hamburg: Bürgermeister Peter Tschentscher und seine SPD – hier bei der Siegesfeier am Wahlabend – haben die Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 klar gewonnen.

Die SPD hat die Bürgerschaftswahl in Hamburg gewonnen. Sie liegt deutlich über 30 Prozent. Laut Landeswahlleiter kommt sie auf 33,5 Prozent und damit auf den ersten Platz. Danach folgen – mit deutlichem Abstand – Union und Grüne, die beide unter 20 Prozent liegen. Die Union kommt auf 19,8, die Grünen auf 18,5 Prozent. Ebenfalls in der Bürgerschaft vertreten sein werden die Linke (11,2 Prozent) und die AfD (7,5 Prozent) und. FDP (2,3 Prozent) und BSW (1,8 Prozent) scheitern klar an der Fünf-Prozent-Hürde. 

Neue Bürgerschaft: Mehrheit für Rot-Grün

Im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl vor fünf Jahren bedeutet dies: SPD und Grüne verlieren beide 5,7 Prozent. Zugelegt hat die CDU um 8,6 Prozent, die AfD um 2,2 Prozent und die Linke um 2,1 Prozent. Die FDP verliert 2,7 Prozent, das BSW gab es 2020 noch nicht.

Damit gibt es in der neuen Bürgerschaft eine klare Mehrheit für ein SPD-geführtes Zweier-Bündnis. 61 Mandate werden für eine Mehrheit in der Bürgerschaft mit ihren 121 Sitzen benötigt. SPD und Grüne verfügen zusammen über 70 Mandate. Alternativ gäbe es auch eine Mehrheit für ein rot-schwarzes Bündnis, das auf 71 Sitze käme. 

Klares Ziel der SPD im Wahlkampf war es jedoch, die rot-grüne Koalition im Rathaus fortzusetzen. Das ist auch der Wunsch der Mehrheit der Wähler*innen. Laut ARD-Umfrage vom Wahltag finden 61 Prozent der Befragten einen rot-grünen Senat gut. Dagegen befürwortet nur eine Minderheit von 38 Prozent eine Koalition von SPD und CDU. Die SPD werde erst mit den Grünen sprechen und danach mit der CDU, so Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher im ZDF-Interview am Wahlabend. So habe man es auch vor fünf Jahren gehalten. Das Ziel sei eine gute Regierungsarbeit.

Lars Klingbeil: Freude über ein tolles Ergebnis

„Ich freue mich sehr“, kommentiert am Wahlabend im ARD-Fernsehen SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil das „tolle Ergebnis“. Die Hamburger SPD habe „gut gekämpft“. Dazu gratuliert er der Partei „sehr herzlich“. Im Unterschied zur Ampel-Regierung auf Bundesebene sei Hamburg in den letzten Jahren „ruhig“, „stabil“ und „geräuschlos“ regiert worden. Man habe sich dort wenig gestritten und das sei einer der Hauptkritikpunkte bei der Bundestagswahl gewesen, „dass die Ampel sich wahnsinnig viel gestritten hat“. 

Aus dem Hamburger Wahlergebnis, so Klingbeil, sei für die nun anstehenden Sondierungen mit der Union zu lernen, was die Menschen erwarten: „dass die Politik handelt, dass sie Dinge voran treibt, dass die großen Fragen unseres Landes geklärt werden und das am besten in einem Stil, wo man sich nicht jeden Tag auf offener Bühne kritisiert“. Da könne man „von Hamburg einiges lernen“, betont Klingbeil.

Peter Tschentscher: Erfolg durch großartigen Wahlkampf

Riesenjubel in Hamburg auf der Wahlparty der SPD: Als Bürgermeister Peter Tschentscher gegen 18.30 Uhr den Saal betritt, brandet großer Beifall auf. „Peter Tschentscher! Peter Tschentscher!“, schallt es in Sprechchören laut durch den Saal. Der Bürgermeister lächelt und scheint den Jubel zu genießen, auch wenn es dauert, bis er dann endlich zu Wort kommt. Als erstes bedankt er sich bei den Genoss*innen „für den großartigen Wahlkampf“ der Partei. 

Die letzten Wochen seien „sehr anstrengend“ gewesen. Es sei schwer für die Hamburger SPD gewesen, direkt nach der Bundestagswahl weiter erfolgreich Wahlkampf zu führen und über die Hamburger Themen zu sprechen, „wenn ganz Deutschland in Aufregung ist“ wegen der Bundestagswahl. Der „wichtigste Moment“ im Wahlkampf sei der Abend des 23. Februar gewesen. Trotz der Niederlage der Bundespartei habe die Hamburger SPD den Kopf nicht hängen lassen, sondern „mit einer großen Geschlossenheit“ weitergekämpft, dafür weiter stärkste Kraft in der Hansestadt zu bleiben. „Und genau das ist auch gelungen“, so Tschentscher unter kräftigem Jubel der Genoss*innen. 

Freude über nur einstellige AfD

„Von rechts und links“ sollte die SPD ja in Hamburg „überholt werden“, so die Ansage der politischen Mitbewerber. Lachen im Saal. „Aber es nicht gelungen“, freut sich Tschentscher. „Wir sind mit Abstand vor den anderen Parteien.“ Und eine weitere „ganz großartige Botschaft“ sieht der SPD-Bürgermeister darin, „dass uns die schlecht Gelaunten aus der rechten Ecke vom Hals gehalten wurden in Hamburg“. Die AfD sei nur einstellig geblieben und das sei „eine Riesenbotschaft“ betont Tschentscher, „eine ganz wichtige Entscheidung, die von Hamburg aus nach Deutschland hoffentlich ausstrahlt“.

Im Willy-Brandt-Haus dürfte man über das Ergebnis erleichtert sein. Es gibt nicht nur Rückenwind für die Sondierungsverhandlungen mit der Union, die bereits am Montag weitergehen. Es zeigt auch, dass die SPD – nur eine Woche nach ihrer historischen Niederlage bei der Bundestagswahl am 23. Februar – wieder Wahlen gewinnen kann. Und dass sie mit über 30 Prozent nicht nur stärkste Kraft sondern auch Volkspartei sein kann. Wenn sie es richtig anstellt.

Hamburger SPD – mit richtigem Konzept zum Sieg

So wie die Hamburger SPD. Deren Konzept ist aufgegangen. Sie setzte im Wahlkampf auf ihren populären Ersten Bürgermeister. Auf die Frage, wenn sie am liebsten an der Spitze der Hansestadt sehen wollen, nannten laut ZDF-Politbarometer drei Tage vor der Wahl 51 Prozent der Hamburger*innen Peter Tschentscher

Weit abgeschlagen lagen seine Konkurrent*innen: Für CDU-Spitzenkandidat und Oppositionsführer Dennis Thering votieren 15 Prozent, für die grüne Spitzenkandidatin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank nur 14 Prozent der Befragten. Damit hatte die SPD – anders als bei der Bundestagswahl – in Hamburg einen echten Kandidatenbonus.

Hamburger*innen waren mit Senat zufrieden

Seit 2018 regiert Peter Tschentscher als Erster Bürgermeister Hamburg. Davor war er ab 2011 Finanzsenator unter dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz. Die Hansestadt gilt nachwievor als Hochburg der SPD. Seit 1946 regiert die Partei hier, mit wenigen Unterbrechungen, wie der Amtszeit des CDU-Bürgermeisters Ole von Beust Anfang der 2000er Jahre. Auch der bei der Bundestagswahl am 23. Februar wurde die SPD mit rund 23 Prozent stärkste Kraft.

Dass sie bei der Hamburg-Wahl eine Woche später deutlich besser abschnitt, hatte mit der großen Zufriedenheit der Hamburger*innen zu tun: 59 Prozent der Befragten waren mit der Arbeit des rot-grünen Senats zufrieden, so die ARD-Vorwahlumfrage vom 20. Februar. Zum Vergleich: Mit der Arbeit der Bundesregierung waren kurz vor der Wahl nur noch 17 Prozent zufrieden. Da war es für die SPD an der Elbe eine gute Nachricht, dass für 6 von 10 Befragten die Landespolitik für ihre Wahlentscheidung am 2. März eine wichtigere Rolle spielte als die Bundespolitik.

SPD gab vier zentrale Wahlversprechen

Die SPD setzte im Wahlkampf aber nicht nur auf ihren populären Bürgermeister und seine Amtsbilanz, sondern auch auf ihr Wahlprogramm. Es stand unter dem Slogan „Hamburg vereint“. Dabei gab die SPD vier zentrale Versprechen ab: „Mit uns wird das Leben einfacher“, „Mit uns bleibt Hamburg bezahlbar“, „Mit uns bleibt die Stadt sicher“ und „Mit uns ist Hamburg Zukunftsstadt“.

Konkret bedeutet das: Die SPD will 10.000 neue Wohnungen im Jahr genehmigen, mit je einem Drittel Sozialwohnungen, frei finanzierten Mietwohnungen und Eigentum. In der Verkehrspolitik setzt sie auf einen Ausbau der ÖPNV, ohne den Autoverkehr pauschal auszubremsen. Den Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen will die SPD weiter vorantreiben. In der Migrationspolitik setzt sie auf eine gesteuerte Zuwanderung, wobei sie die Zahl der Abschiebungen von straffälligen Migranten erhöhen will. Die Verwaltung soll weiter digitalisiert, die Infrastruktur ausgebaut werden, etwa beim Katastrophenschutz und den Rettungsdiensten.

Mit dem Leitthema Zusammenhalt zum Erfolg

Die Lösung für diese großen Themen bestand für Bürgermeister Tschentscher darin, „dass wir es politisch hinbekommen, Ziele miteinander zu verbinden“. Das sei die eigentliche Kunst, betonte er bei der Vorstellung der SPD-Wahlplakate am 10. Januar. Das zeigten auch die Plakatslogans „Hamburg vereint Wirtschaft und Umwelt“, „Hamburg vereint Wohlstand und Zusammenhalt“ oder „Hamburg vereint Sicherheit mit Freiheit“. Laut Tschentscher setzte die Partei „sehr stark auf diesen Zusammenhaltsgesichtspunkt“. Damit hatte die SPD offensichtlich Erfolg.

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