Wahlkampfauftakt der SPD Hamburg: Was die Hansestadt mit Wien verbindet
Am 2. März wird in Hamburg eine neue Bürgerschaft gewählt. Die SPD will mit Peter Tschentscher weiter den Ersten Bürgermeister stellen. Zum Wahlkampfauftakt am Dienstag hatte er sich Unterstützung von einem Stadtoberhaupt aus Österreich eingeladen.
Kai Doering | vorwärts
Zwei, die sich verstehen: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (m.) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig beim Wahlkampfauftakt der SPD
Zwischen Hamburg und Wien liegen knapp 1000 Kilometer. Und auch von der Mentalität her sind sich die beiden Städte nicht gerade ähnlich. Und doch verbindet die Hansestadt und die österreichische Hauptstadt einiges. Beide haben etwa zwei Millionen Einwohner*innen. Und beide werden von sozialdemokratischen Bürgermeistern regiert. Beide sind seit 2018 im Amt: Peter Tschentscher in Hamburg seit März, Michael Ludwig in Wien seit Mai 2018.
„Hamburg vereint“, lautet das Wahlkampfmotto
Am Dienstagabend stehen beide in einem holzgetäfelten Saal im „Besenbinderhof“, einem traditionsreichen Veranstaltungsort unweit des Hamburger Hauptbahnhofs. An der hohen Decke ist viel Stuck zu sehen, an den Wänden symbolisieren Reliefs verschiedene Handwerke. Die Hamburger SPD hat zu ihrem Wahlkampfauftakt eingeladen. Eine Woche nach der Bundestagswahl wird in der Hansestadt eine neue Bürgerschaft gewählt. In der jüngsten Umfrage für den 2. März steht die SPD bei 32 Prozent, zwölf Punkte vor dem Koalitionspartner den Grünen.
Anlass zum Zurücklehnen ist das aber nicht. Das macht Spitzenkandidat Peter Tschentscher gleich zu Anfang deutlich, als ihn der Saal mit ohrenbetäubendem Applaus begrüßt. „Bewahrt euch die Energie für die nächsten acht Wochen“, appelliert er lächelnd an die rund 300 Gäste. Viele von ihnen halten das Motto der SPD für den Wahlkampf auf bunten Schildern in die Höhe: „Hamburg vereint“.
Wo Wien für Hamburg Vorbild ist
„Für uns hat nicht ein Thema allein Priorität. Die Aufgabe besteht darin, die Dinge zusammenzubringen“, erklärt Peter Tschentscher die Botschaft. Wenn etwa in Hamburg eine neue Sporthalle für eine Schule gebaut werde, werde der Vereinssport dabei gleich mitgedacht. Wien mache genau dasselbe. „Ihr bringt zum Beispiel Wohnen und Arbeiten zusammen“, sagt Tschentscher an Michael Ludwig gewandt.
Als zwischen 2008 und 2011 die CDU mit den Grünen regierte, habe er sich den Wohnungsbau in Wien angesehen, erzählt Tschentscher. Was er dort sah, habe er dann, als die SPD 2011 an die Regierung kam, erst als Finanzsenator und später als Erster Bürgermeister in Hamburg umgesetzt. Seither unterstütz der Hamburger Senat den Neubau von günstigen Mietwohnungen jedes Jahr mit einem Wohnraumförderprogramm in Millionenhöhe. „Wir haben Ziele nicht nur verkündet, sondern sie auch erreicht“, sagt Tschentscher.
Gleiches gilt für die Kostenfreiheit von Kitas. In Hamburg haben Kinder vom ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt seit 2014 Anspruch auf eine kostenlose fünfstündige Kindertagespflege. In Wien gilt das schon seit 2009. „Hamburg und Wien sind zwei besonders innovative Städte“, sagt Michael Ludwig. „Und es ist kein Zufall, dass sie sozialdemokratisch regiert werden.“
Peter Tschentscher, ein pragmatischer Visionär
Mit großem Interesse habe er sich das Sicherheitskonzept am Hamburger Hauptbahnhof angesehen. Dieser galt noch 2023 als der gefährlichste Bahnhof Deutschlands. Dank Kameraüberwachung und einem Alkohol- sowie Waffenverbot sind die Zahlen im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. „Sozialdemokraten dürfen das Thema Sicherheit nicht ignorieren, es aber auch nicht populistisch ausnutzen“, findet Ludwig.
Peter Tschentscher hebt schließlich noch eine Gemeinsamkeit zwischen Hamburg und Wien heraus. „Beides sind sehr traditionsbewusste Städte, aber sie dürfen keine Museen sein“, betont er. Statt sich auf der eigenen Vergangenheit auszuruhen, müsse deshalb massiv in Innovationen und Infrastruktur investiert werden, eine moderne Energieversorgung etwa oder die Digitalisierung der Verwaltung. „Peter ist ein Politiker, der Visionen hat und gleichzeitig so pragmatisch ist, sie auch umzusetzen“, lobt Michael Ludwig seinen Amtskollegen.
Damit Tschentscher das auch nach der Wahl am 2. September machen kann, werden die mehr als 10.000 Mitglieder der Hamburger SPD in den kommenden Wochen alles geben, verspricht die Vorsitzende der Landespartei, Melanie Leonhard. „Wir wollen in Hamburg weiter Verantwortung tragen und Peter Tschentscher wieder ins Bürgermeister-Amt bringen“, sagt sie am Dienstag im „Besenbinderhof“. Die SPD-Mitglieder, die in den kommenden Wochen an Infoständen und bei Haustürbesuchen unterwegs sind, seien nicht nur Wahlkämpfer*innen. „Sie sind auch Botschafter für Demokratie in unserer Stadt.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.