Von 8,50 auf 15 Euro: Wie es mit dem Mindestlohn weitergehen könnte
Vor zehn Jahren setzte die SPD den Mindestlohn durch, 2015 trat er in Kraft. Immer noch wird über eine Höhe gerungen. Wir erklären, was es zu wissen gibt.
IMAGO / Jacob Schröter
Auch Georg Maier, Spitzenkandidat der SPD Thüringen fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro.
Wer profitiert am meisten vom Mindestlohn?
Laut einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) gab es mit Einführung des Mindestlohns 2015 deutliche Zuwächse bei den Löhnen. Besonders profitierten Arbeitnehmer*innen in Ostdeutschland, weil dort mehr Menschen im Niedriglohnsektor beschäftigt waren als in Westdeutschland. Dort stiegen die Lohneinkommen durchschnittlich um 21 Prozent, bei einem Monatsverdienst von knapp 1300 Euro sogar preisbereinigt um durchschnittlich gut 31 Prozent. Im Westen lag der Anstieg dagegen bei rund zwölf Prozent. Zudem habe der Mindestlohn „wesentlich dazu beigetragen, Lohnungleichheiten in verschiedenen Regionen Deutschlands zu verringern“, sagt der WSI-Wirtschaftswissenschaftler Toralf Pusch.
Gesetz zum Mindestlohn seit August 2014
Wann startete der Mindestlohn?
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) trat am 16. August 2014 in Kraft, die Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD hatten es nach der Bundestagswahl 2013 vereinbart. Die SPD konnte sich mit ihrer Forderung nach einem flächendeckenden allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn durchsetzen. Damit war sie bereits 2009 in den Wahlkampf gezogen. Ihre Argumentation: „Wer in Vollzeit arbeitet, muss auch davon leben können“. Ein existenzsichernder Lohn wurde aber nicht erreicht, denn nach der Bundestagswahl 2009 regierte eine Koalition aus CDU/CSU und FDP.
Wer war gegen den Mindestlohn?
Gegner*innen gab es viele: Am Anfang zählten dazu auch die Gewerkschaften. Sie werteten den gesetzlichen Mindestlohn zunächst als einen Eingriff des Staates in die Tarifautonomie. Ihre Kritik währte nicht lang. Anders bei Wirtschaftsverbänden, bei CDU/CSU und FDP. Vor allem Wirtschaftsverbände warnten vor einem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen und einem – salopp gesagt – Niedergang der deutschen Wirtschaft. SPD-Chefin Saskia Esken sagte dazu, mit der Einführung des Mindestlohns „wurde so manches neoliberale Horrorszenario durch die Realität widerlegt“.
Saskia Esken für 15 Euro Mindestlohn, aber „zügig“
Wie hoch ist der Mindestlohn?
Ab Januar 2015 galt in Deutschland ein Mindestlohn von 8,50 Euro, damals profitierten 3,7 Millionen Menschen von der Lohnerhöhung. Seit Januar 2024 liegt der Mindestlohn bei 12,41 Euro, 2025 wird er laut Beschluss der Mindestlohnkommission im vergangenen Jahr auf 12,82 Euro steigen.
Warum fordern SPD-Spitzen 15 Euro Mindestlohn?
Erst 14 Euro, dann 15 Euro, so sieht der Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz aus. „Ich finde, dass jemand, der sich anstrengt, ordentlich behandelt werden muss – und ein ordentlicher Lohn gehört dazu“, sagte er im Mai diesen Jahres zum Sender „Phoenix“.
Scholz bringt hier zum Ausdruck, wofür die SPD steht: Die für das kommende Jahr geplante Anhebung des Mindestlohns um weitere 41 Cent auf 12,82 Euro reicht ihr nicht. Damit könne die SPD „noch nicht zufrieden sein“, sagt SPD-Chefin Saskia Esken. „Der Mindestlohn muss zügig auf 15 Euro steigen.“
Welche Kritik gibt es an der Mindestlohnkommission?
SPD sowie Vertreter*innen von Gewerkschaft und Sozialverbänden hatten im vergangenen Jahr angesichts allgemeiner Preissteigerungen einen höheren Mindestlohn erwartet. Sie kritisierten aber auch, dass die Entscheidung der Mindestlohnkommission nicht, wie bei Verhandlungen zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen üblich, im Konsens gefällt wurde. Das habe das Vertrauen in die Mindestlohnkommission erschüttert, sagt auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, und fügt hinzu: „Übrigens stellen wir die Mindestlohnkommission nicht in Frage.“ Doch: „Sie muss ihre Arbeit machen.“
Acht Millionen profitieren von 14 Euro Mindestlohn
Gibt es einen Mindestlohn in Europa?
Seit September 2022 gibt es eine neue EU-Mindestlohnrichtlinie, die gemeinsame Berechnungs- und Statistikstandards für die Berechnung von armutsfesten Mindestlöhnen festlegt. Demnach sollte der Mindestlohn eines Landes mindestens 60 Prozent des nationalen Bruttomedianlohns bzw. 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns betragen. Länder mit hoher Tarifbindung definieren ihre unteren Lohngrenzen über Tarifverträge. Das ist beispielsweise in Dänemark, Finnland, Schweden, Österreich und Italien der Fall.
Was würde ein Mindestlohn von 14 Euro in Deutschland bedeuten?
Laut EU-Richtlinie, die bis November dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt werden muss, müsste der Mindestlohn In Deutschland bei mindestens 14 Euro pro Stunde liegen. Profitieren würden von einem Mindestlohn über 14 Euro laut Angaben von April 2023 mehr als acht Millionen Erwerbstätige.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.