16 Euro pro Stunde: Wie München einen eigenen Mindestlohn bekommt
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Aktuell liegt der Mindestlohn in Deutschland bei 12 Euro, ab Januar soll er um 0,41 Cent auf 12,41 Euro steigen. Zu wenig, urteilten Gewerkschaften und Sozialverbände im Juni, nachdem die Mindestlohnkommission ihre nicht einstimmig getroffene Entscheidung verkündete. Auch SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hätte sich mehr gewünscht, seine Partei hatte 14 Euro gefordert. SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte an, im kommenden Jahr eine zusätzliche Mindestlohnerhöhung mit Hilfe der Europäischen Mindestlohnrichtlinie auf bis zu 14 Euro durchzusetzen.
Münchner Mindestlohn bei 16 Euro
Auch der SPD in München ist die Mini-Erhöhung zu wenig. Dort wird am Mittwoch der Verwaltungs- und Personalausschuss des Stadtrats einen eigenen Mindestlohn beschließen. Mindestens 16 Euro pro Stunde brutto müssen Menschen in München verdienen, um würdig von ihrer Arbeit leben zu können, lautet die Forderung, die auf einer Initiative der dortigen SPD/Volt-Fraktion beruht. Die startete schon im Mai 2022 gemeinsam mit dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eine Initiative für einen eigenen kommunalen Mindestlohn. Vorbild ist der sogenannte London Living Wage. In der britischen Hauptstadt gibt es einen freiwilligen Mindestlohn, der den tatsächlichen Lebenshaltungskosten entspricht. Unternehmen verpflichten sich, ihren Mitarbeiter*innen diesen einen Lohn zu bezahlen und werden dafür zertifiziert. Rund 3.400 Firmen haben sich bereits angeschlossen.
Gerade in einer so attraktiven, aber auch teuren Stadt wie München sei es besonders dringlich, dass die Löhne insbesondere für Normal- und Geringverdienende steigen, erklärt Christian Köning, finanzpolitischer Sprecher der SPD/Volt-Fraktion. Viele Menschen hätten das Gefühl, immer mehr zu arbeiten, sich jedoch trotzdem immer weniger leisten zu können. „Mit der Mindestlohninitiative kämpft die SPD für eine bezahlbare und soziale Stadt.“
Stadt hat Vorbildfunktion
Mit dem Vorschlag verbindet die Fraktion eine klare politische Botschaft. Zum einen, dass Arbeit in München mindestens 16 Euro pro Stunde wert sein muss. Im nächsten Schritt müsse aber auch diskutiert werden, auf welcher Grundlage sich der kommunale Mindestlohn erhöht, die 16 Euro dürften nicht in Stein gemeißelt sein, heißt es weiter. Zum anderen soll die Stadt München ihrer Vorbildrolle gerecht werden: Sie zahlt all ihren Beschäftigten 16 Euro. Dabei sei es wichtig, dass künftig auch alle städtischen Unternehmen miteinbezogen werden. So soll der kommunale Mindestlohn auch Zuschlagskriterium bei der Auftragsvergabe durch die Stadt werden, zunächst getestet in Pilotprojekten in der Reinigung und Sicherheit.
Köning, der zugleich Vorsitzender der Münchner SPD ist, plädiert ähnlich wie im Londoner Modell dafür, eine Kampagne aufzusetzen, für ein Qualitätssiegel für Unternehmen im Niedriglohnsektor, die sich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus an der Initiative „Münchner Mindestlohn“ beteiligen. Dass der aktuelle Mindestlohn lange nicht ausreiche, um die hohen Lebenshaltungskosten in München zu stemmen, betont auch die wirtschaftspolitische Sprecherin Simone Burger. Der Mindestlohn von 16 Euro solle deutlich machen, wo in München die Löhne mindestens liegen müssten, erklärt sie und räumt ein, dass die Stadt allerdings nicht alles regeln können. „Die Umsetzung des kommunalen Mindestlohnes wäre viel einfacher, wenn endlich der Freistaat ein Tariftreue- und Vergabegesetz beschließen würde.“
Köning: Man kann etwas tun
Auch wenn die Initiative für einen Münchner Mindestlohn nicht genauso wirken kann, wie der bundesweite gesetzliche Mindestlohn, zeige sie laut Köning, dass man etwas tun kann. „Und das sollte man auch machen. Für mich ist es eine politische Grundhaltung, dass sich Arbeit auch lohnen muss und alle Münchner*innen sich ihr Leben in unserer Stadt auch leisten können.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.