Überfall auf Matthias Ecke: Was SPD-Chef Lars Klingbeil der AfD vorwirft
Nach der brutalen Attacke auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke erlebt Deutschland eine weitere Protestwelle gegen rechts. SPD-Chef Lars Klingbeil rief dazu auf, die Demokratie entschlossener denn je zu verteidigen.
imago/Stefan Zeitz
Flagge zeigen für die Demokratie: Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil (rechts) und Juso-Chef Philipp Türmer bei der Kundgebung des Netzwerkes „Zusammen gegen rechts" am 5. Mai in Berlin.
Der Schock über den Angriff auf Matthias Ecke war noch frisch, als am Sonntag tausende Menschen auf die Straße gingen, um sich mit dem SPD-Politiker zu solidarisieren und Flagge gegen rechts zu zeigen.
Auch Ecke, der seit dem Überfall von Freitagnacht im Krankenhaus liegt, meldete sich zu Wort. In einer SMS bedankte sich der Europaabgeordnete aus Sachsen für die Anteilnahme. Zugleich mahnte er, seinen Fall in einem größeren Rahmen zu betrachten. Nicht nur die SPD, auch andere demokratische Parteien werden bedroht, so der Sozialdemokrat.
Nicht nur Berufspolitiker*innen, auch Ehrenamtler*innen müssten sich sicher fühlen. „Und natürlich haben wir diese Stimmung, weil politische Kräfte sie erzeugen, gerade gegen die Ampel“, so der 41-Jährige. „Diese Enthemmung ist produziert.“
Auf der Plattform X ließ Ecke am Montag wissen, „es geht hier nicht nur um mich, sondern um alle, die sich aus Leidenschaft politisch engagieren. Niemand soll in einer Demokratie fürchten müssen seine Meinung zu sagen".
Lars Klingbeil: AfD trägt Mitverantwortung
Eckes SMS gelangte am Sonntag über Lars Klingbeil an die Öffentlichkeit. Der SPD-Vorsitzende las die Kurzmitteilung am Sonntag bei einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus in Berlin vor, zu der ein überparteiliches Bündnis anlässlich des Überfalls auf Ecke aufgerufen hatte. Klingbeil wurde in seiner Rede noch deutlicher und griff die AfD frontal an.
„Die Höckes, die Gaulands und die Weidels haben nicht direkt zugeschlagen“, so Klingbeil vor rund 1.000 Menschen am Brandenburger Tor. „Aber sie haben das gesellschaftliche Klima mitproduziert, das andere Menschen dazu bringt, auf Ehrenamtliche, Aktivist*innen und Politiker*innen einzuschlagen.“
Der SPD-Chef sendete „ein klares Signal an Matthias und Menschen in der Kommunalpolitik, die angegriffen und im Netz runtergemacht werden: Ihr seid nicht allein. Wir stehen zusammen als Demokratinnen und Demokraten. Wir sind mehr. Wir müssen laut sein“. Neben Klingbeil gaben unter anderem auch der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang Statements ab.
Auch in Dresden, wo sich der Übergriff bei einer Plakatieraktion für den Europawahlkampf ereignet hatte, gingen Menschen gegen rechte Gewalt auf die Straße. Dort wurden rund 3.000 Demonstrierende gezählt. Unter ihnen war auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken.
Unterdessen wurde ein weiteres Signal über Parteigrenzen hinaus auf den Weg gebracht: Die „Striesener Erklärung“ verurteilt die „immer weiter eskalierende Gewalt gegen politisch engagierte Menschen im öffentlichen Raum“. Und weiter: „Wir lassen nicht zu, dass Menschen, die unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten wollen, von Demokratiefeinden mit Gewalt von der Straße vertrieben werden. Wir streiten mit Worten um den richtigen Weg, nicht mit Fäusten.“
Auf den Weg gebracht wurde die Erklärung von der in Berlin ansässigen Initiative „Brand New Bundestag“. Bis Montagmittag hatten mehr als 7.000 Unterstützer*innen ein entsprechendes Online-Formular gezeichnet.
Nancy Faeser: Mehr Schutz für Demokrat*innen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert einen besseren Schutz von Politiker*innen und Helfer*innen im Wahlkampf. „Wir brauchen noch mehr sichtbare Polizeipräsenz vor Ort, um Demokraten an Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen zu schützen“, sagte die SPD-Politikerin der „Rheinischen Post“. „Rechtsstaatlich müssen wir jetzt mit mehr Härte gegen Gewalttäter und mehr Schutz für die demokratischen Kräfte handeln.“ Darüber werde sie „sehr schnell“ mit den Innenminister*innen der Länder beraten.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) kündigte an, sich mit den Parteien zum Schutz ihrer Wahlkämpfer*innen eng abzustimmen.
Seit Herbst 2022 gehört Ecke dem Europaparlament an. Damals war er als sogenannter Huckepack-Kandidat für Constanze Krehl nachgerückt. Er ist derzeit der einzige ostdeutsche SPD-Europaabgeordnete. In diesem Jahr kandidiert er auf Platz 10 der Europawahlliste der SPD. Am Freitagabend war er im Dresdner Stadtteil Striesen von vier Tätern angegriffen und schwer verletzt worden. Sie brachen ihm das Jochbein und die Augenhöhle. Er wurde im Krankenhaus operiert.
Tatverdächtige aus der rechten Szene
Zuvor hatte die Gruppe offenbar einen 28-Jährigen attackiert, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte. Sie schlugen und traten den Mann, der dabei Verletzungen erlitt. Nachdem sich am Sonntag der - was den Angriff auf Ecke betrifft - mutmaßliche Haupttäter, ein 17-Jähriger, gestellt hatte, wurden am Montag drei weitere Beschuldigte im Alter von 17 bis 18 Jahren bekannt. Einen der vier Tatverdächtigen, den mutmaßlichen Haupttäter, ordnet die Staatsanwaltschaft der rechtsextremen Szene zu.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte eine „energische, demokratische Gegenreaktion". Um Matthias Ecke im weiteren Verlauf des Europa-Wahlkampfes zu unterstützen, rief er in einer E-Mail an die Parteimitglieder auf, solidarische Nachrichten an den 41-Jährigen zu senden und für Wahlplakate zu spenden. „Wir wollen den politischen Wettstreit“, so Kühnert. „Mit Worten und Argumenten. Das Aufhängen von Plakaten gehört zu diesem Wettbewerb dazu. Daran wollten die Angreifer*innen Matthias hindern.“
Verrohung
Zuerst mal wünsche ich Mathias Ecke schnelle und vollständige Genesung.
Ohne Beweise wird mal wieder der afd sie Schuld zugewiesen - ihr stärkt sie damit in ihrer Opferrolle.
Klar tätlicher Gewalt geht meist eine sprachliche Verrohung voraus. Man denke nur an die Bezeichnung von protestierenden Bürgern als CovIDIOTEN ..........der werfe den ersten Stein.