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Matthias Ecke: Huckepack nach Europa

Matthias Ecke kandidiert in Dresden für die SPD fürs Europaparlament. Als Huckepackkandidat sind seine Chancen gering. Im Wahlkampf setzt er darauf, den Menschen in Sachsen die Vorteile der EU zu vermitteln.
von Kai Doering · 25. Mai 2019
„Diese Europawahl ist die wichtigste aller Zeiten.“ Matthias Ecke kandidiert für die SPD in Dresden.
„Diese Europawahl ist die wichtigste aller Zeiten.“ Matthias Ecke kandidiert für die SPD in Dresden.

Wenn Matthias Ecke über die Zukunft der EU spricht, vergleicht er sie gern mit einem See. „Wir sind bis in die Mitte geschwommen, aber nun droht uns die Kraft auszugehen.“ Die Frage sei, was der Schwimmer nun mache: „Schwimmt er zurück oder auf die andere Seite?“ Der Weg sei in jedem Fall gleich lang. Für Ecke ist die Antwort klar: „Ich würde lieber durchschwimmen.“

Was Sachsen mit Europa zu tun hat

Dabei ist die Anzahl derer, die gerne umkehren würden, in Eckes Wohnort nicht gerade klein. Der 35-Jährige lebt mit seiner Familie in Dresden und kandidiert in Sachsen für die SPD fürs Europaparlament. Obwohl er auf Platz elf der Bundesliste steht, sind seine Chancen auf den direkten Einzug gering, denn Ecke ist lediglich Ersatzkandidat – auch Huckepackkandidat genannt – der Europaabgeordneten Constanze Krehl. Nur wenn sie von ihrem Mandat zurücktreten sollte, würde Ecke für sie ins Parlament einziehen. Zuletzt kam das bei der SPD 2016 vor. Da wurde der Abgeordnete Matthias Groote zum Landrat von Leer gewählt und sein Huckepackkandidat Tiemo Wölken rückte ins Europaparlament nach.

Auf solche Gedankenspiele verschwendet Matthias Ecke allerdings keine Zeit. Die Aufgabenteilung zwischen ihm und Constanze Krehl war während des gesamten Wahlkampfs klar: Sie kümmert sich vor allem um die Region um Leipzig, er um Dresden und das Umland. Ecke setzt darauf, den Menschen bewusst zu machen, dass Dinge, die in Europa entschieden werden, direkten Einfluss auf ihr Leben haben. „Das gute Leben in Sachsen ist fundamental vom Gelingen der Europäischen Integration abhängig“, sagt Matthias Ecke.

Die Wiedervereinigung als erste EU-Osterweiterung

Probleme, die auf europäischer Ebene abstrakt erscheinen mögen, würden in Sachsen mit seiner unmittelbaren Nähe zu Tschechien und Polen ganz konkret. Und: „Sachsens Aufschwung wäre nicht denkbar gewesen ohne europäische Gelder. Keines der neuen Bundesländer exportiert so viele Güter wie Sachsen, den Großteil davon in die EU.“ Als Referent im sächsischen Wirtschaftsministerium weiß Ecke genau, wovon er spricht.

1983 wurde er in Meerane in der Nähe von Zwickau geboren. Sechs Jahre später fiel die Mauer, Deutschland wurde wiedervereinigt. „Der Niedergang der Textilindustrie in Westsachsen hat mich als Kind der Umbruchszeit geprägt“, sagt Ecke. Die Wiedervereinigung sieht er als „erste Osterweiterung der EU“. Die Erfahrungen der Nachwendezeit hätten auch großen Einfluss auf die Einstellung der Ostdeutschen gegenüber der EU. „Der Internationalismus um seiner selbst willen hat hier keinen guten Stand.“ Dafür sei die erzwungene Bruderschaft mit der Sowjetunion zu prägend gewesen. Zudem gebe es in Ostdeutschland „ein anderes Verhältnis zu kollektiver Sicherheit“.

Wahlkampf mit prominenter Unterstützung

Matthias Ecke findet es deshalb wichtig, den Menschen zu erklären, warum ihnen eine engere Zusammenarbeit mit anderen Staaten nutzt. „Nur gemeinsam kann die EU Steuervermeidung beenden und die Rechte der Arbeitnehmer gegen internationale Konzerne schützen“, sagt der 35-Jährige. Und nur gemeinsam könne es der EU gelingen, sich gegen die Feinde im Inneren und Äußeren zur Wehr zur setzen.

Im Wahlkampf hat Matthias Ecke deshalb vor allem auf persönliche Begegnungen gesetzt. Er war häufig bei Vereinen und Initiativen zu Besuch und natürlich auf der Straße. Dabei konnte er auch auf prominente Unterstützung setzen. SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley kam vorbei, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Ex-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan und Europastaatsminister Michael Roth.

International bestens vernetzt

Auch international ist Matthias Ecke bestens vernetzt. Zwei Jahre war er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos, in einer Zeit, in der die Jugendarbeitslosigkeit gerade in Südeuropa sprunghaft anstieg. In Dresden engagiert er sich im SPD-Vorstand und leitet die örtliche Gruppe der SPE-Aktivisten. Den europäischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans hat er als Delegierter in Lissabon im vergangenen Dezember mit gewählt.

„Diese Europawahl ist die wichtigste aller Zeiten“, ist Matthias Ecke überzeugt. Durch den Brexit stehe zum ersten Mal seit Gründung der EU eine Alternative zur europäischen Integration im Raum. Sie bedeute zwar „Armut, Chaos und Feindseligkeiten“, sei aber konkret. Hinzu komme, dass „die Stimmen der Nationalisten nie lauter als heute“ gewesen seien.

Für Matthias Ecke ist deshalb klar, dass die „schräge Allianz“ aus Wirtschaftsliberalen und Konservativen in der EU abgelöst werden muss. „Nur die SPD ist in der Lage, die europäisch gesinnten Weltbürger mit den vor Ort verwurzelten Menschen zusammenzubringen, die den Platz ihrer Heimat in einer starken EU sehen“, sagt Ecke. Man könnte auch sagen, nur die SPD kann durch den See schwimmen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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