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Warum eine Petition mehr Aufklärung an Schulen über den Holocaust fordert

Der 27. Januar ist Internationaler Holocaust-Gedenktag. Geht es nach Alexander van Dülmen, ist er künftig auch verpflichtenderer Projekttag zum Thema Holocaust an allen weiterführenden Schulen in Deutschland. Dafür hat der Filmproduzent jetzt eine Petition gestartet – mit prominenten Unterstützer*innen.

von Finn Lyko · 23. Juli 2024
Auch Ausflüge zu Holocaust-Gedenkstätten könnten das Thema Holocaust an Schulen präsenter machen.

Auch Ausflüge zu Holocaust-Gedenkstätten könnten das Thema Holocaust an Schulen präsenter machen.

Hürden für das Vorhaben seiner Petition sieht Alexander van Dülmen keine. „Die Umsetzung kostet ja nichts“, sagt er. Mitte Juli hatte der Filmproduzent einen Aufruf an die Kultusministerkonferenz gestartet. Im Zentrum der Petition steht die Forderung nach einem bundesweiten, verpflichtenden Projekttag zum Thema Holocaust an allen weiterführenden Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.

Man wünsche sich, dass der 27. Januar als Jahrestag der Befreiung von Auschwitz „ein aktiver Tag der Erinnerung, Mahnung, aber auch Bildung in unserer Gesellschaft“ werde, heißt es im Aufruf. Weniger passive Betroffenheit und mehr aktive Erinnerung und Bildung also – den Schulen fällt hier eine zentrale Rolle zu.

Wissen als Waffe gegen den Rechtsruck

Für das Argument, dass eine Art „verpflichtende Erinnerungskultur“ möglicherweise auf Ablehnung stoßen könnte, hat Alexander van Dülmen kein Verständnis. „Die Schule ist nun mal eine Pflichtveranstaltung. Ich halte es für genauso wichtig, dass unsere Kinder Mathematik lernen wie dass sie auch über den Holocaust und den Nationalsozialismus lernen“, sagt er im Gespräch mit dem „vorwärts“.

Denn was passiert, wenn man diese Themen an Bildungseinrichtungen vernachlässige, das würde der aktuelle Rechtsruck in Deutschland klar zeigen. „Wir zahlen jetzt schon den Preis dafür, dass das Bildungssystem hier an vielen Stellen nicht funktioniert“, sagt van Dülmen. Oftmals sei das individuelle Wissen über den Holocaust erstaunlich gering, die Menschen wüssten zu wenig. Und im schlimmsten Fall führe dieser Mangel an Wissen dann zu antisemitischen oder allgemein menschenverachtenden Ausfällen.

Unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten denkbar

Dass das auch die Demokratie gefährdet, steht für den Filmproduzenten außer Frage. In Bildung sieht er hier aber eine große Chance: „Die einzige Möglichkeit, wie wir unsere Demokratie schützen und gegen Rechtspopulismus verteidigen können, ist Bildung“ – der von ihm vorgeschlagene Projekttag folgt genau diesem Gedanken. 

Wie der Projekttag dann konkret aussehen soll, solle den jeweiligen Bildungseinrichtungen selbst überlassen werden, erklärt van Dülmen. Er könne sich verschiedene Möglichkeiten vorstellen, von dem Besuch eines Konzentrationslagers, über Gespräche mit Zeitzeug*innen bis hin zur Auseinandersetzung mit Filmen zum Thema. Die Schulen wären dabei in der Gestaltung keinesfalls auf sich allein gestellt: „Es gibt Einrichtungen, die genau für solche Zwecke da sind, und die den Schulen helfen können“, erklärt er.

Bereits viele bekannte Unterzeichner*innen

Ob seine Petition erfolgreich sein wird, ist kurz nach ihrem Start noch nicht abzusehen. Bis zum 31. Oktober kann sie online unterzeichnet werden, doch bereits jetzt finden sich bekannte Namen wie Schauspielerin Iris Berben, die Band „Die Toten Hosen“, Astrophysiker Harald Lesch oder Kabarettistin Maren Kroymann unter den Unterzeichner*innen.

Er hoffe auf genügend Unterschriften, um dann die weiteren nötigen Schritte voranzubringen, sagt Alexander van Dülmen. „Vieles in unserem Leben hat damit zu tun, dass man eben einfach mal was macht“, sagt er – an mangelndem Einsatz seinerseits wird das Vorhaben der Petition jedenfalls nicht scheitern.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 24.07.2024 - 15:08

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Leider sind viele Menschen in der Causa Holocaust vewirrt und fehlinformiert. Die KZs waren ja zuerst (1933 ff) mal für Kommunisten, Sozialdemokraten und ander Andersdenkende. Die Diskriminierung der Juden und anderer Minderheiten begann zwar auch 1933 aber der industrielle Massenmord begann erst nach der Wannseekonferenz (Januar 1942) auch wenn schon vorher durch die Sicherheitspolizeieinheiten und Hilfswillige in den besetzten Ländern (z.B.: Baby Jar) massenhaft mordeten. (Was aus den Sicherheitspolizeieinheiten wurde habe ich bis heute nicht erfahren). Daß auch millionenfach Polen, Sowjetbürger und Angehörige anderer Nationen gemordet wurden wird ja kaum erwähnt.
Also ich befürworte eine schulische Aufklärung über die Verbrechen der Nazis vor während und nach dem Krieg.