Inland

Demokratie in Schulen: Wie aus Schüler*innen Demokrat*innen werden

In Zeiten globaler Krisen müssen sich Demokratien auf der ganzen Welt behaupten. Dafür muss Demokratie gelernt werden. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz macht nun Vorschläge, wie das aussehen kann.

von Maximilian Brandt · 17. Juli 2024
Demokratie als Unterrichtsfach? Die Schulen sollten mehr auf Demokratie-Bildung setzen, empfiehlt eine Kommission der Kultusministerkonferenz.

Demokratie als Unterrichtsfach? Die Schulen sollten mehr auf Demokratie-Bildung setzen, empfiehlt eine Kommission der Kultusministerkonferenz.

Demokratie ist ein komplexes Konzept, das gerade Kindern viele Rätsel aufgibt. Demokrat*in zu werden ist nicht selbstverständlich. Eine Gesellschaft muss deshalb in der Lage sein, auch ihren Jüngsten Demokratieverständnis zu vermitteln. Um dies zu erreichen, hat die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz nun eine Stellungnahme veröffentlicht. Sie soll die Situation konkret analysieren und mögliche Lösungen vorschlagen. 

Kinder an die Macht!

Der Bericht formuliert klar und deutlich: Man kann von Kindern kein Demokratieverständnis erwarten, wenn diese in ihrem Alltag nicht mitbestimmen dürfen. Und weil ein fester Bestandteil des Lebens eines Kindes die Schule ist, muss auch dort mit den Kindern, und nicht über sie bestimmt werden. Folglich müssen sie in wichtige Entscheidungsprozesse eingebunden werden -  etwa in die Entscheidung, wann der Unterricht beginnen soll. So können die Kinder selbst spüren, was ihre Stimme bewirkt. So seien Effekte nur zu erwarten, wenn die Schüler*innen ernst genommen würden, und ihre Beteiligung erfahrbare Auswirkungen hätte, erläutert die Kommission.

Ein weiterer Schritt, um die Schüler*innen zu Demokrat*innen zu bilden ist es, für sie greifbare Modelle zu schaffen, in denen mit leicht verständlichen - ja sogar spielerischen - Mitteln der Inhalt abstrakter Konzepte wiedergegeben wird. Als Beispiele nennt die Kommission Wahlen im kleinen Rahmen oder Planspiele. Ebenfalls sei es immer hilfreich, wenn sich die Schüler*innen in Gesprächen mit Politiker*innen und Politikexpert*innen ihre eigene Meinung bilden können. Um die Schüler*innen in Medienkompetenz zu schulen, kann ihnen anhand echter beispielhafter Falschinformationen erklärt werden, wie man diese erkennt.

Initiative der SPD Schleswig-Holstein

Bei der Umsetzung dieser Ziele sind gerade Lehrer*innen gefragt. Diese sollten schon im Studium darauf vorbereiten werden, Schüler*innen ausreichend demokratisch zu bilden und vor allem, antidemokratische Strömungen in den Schulen zu erkennen und rechtzeitig zu stoppen. Vor diesem Hintergrund sei gerade der Erwerb von Wissen über Antisemitismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit besonders wichtig. Dabei bräuchten alle Lehrkräfte Qualifizierungen für den Umgang mit Grundwertekonflikten und polarisierten, emotional aufgeladenen Themen. 

Die Herausforderungen, vor denen die Schulen stehen, sieht auch die SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein in ihrem Antrag für ein „Rahmenkonzept Demokratiebildung an Schulen“. Dabei setzt sie wie die Kommission der Kultusministerkonferenz auf eine Weiterbildung der Lehrkräfte und Teilhabe der Schüler*innen am Geschehen in den Schulen. „Menschen sind nicht von Natur aus Demokraten“, weiß der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Martin Habersaat. Auch die CDU-Bildungsministerin von Schleswig-Holstein Karin Prien möchte, dass Schüler*innen mehr selbst am Unterricht mitgestalten können. Sie wolle den Schulen jedoch nichts vorschreiben.

Autor*in
Maximilian Brandt

ist Praktikant in der Redaktion des „vorwärts“.

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4 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mi., 17.07.2024 - 17:58

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"Folglich müssen sie in wichtige Entscheidungsprozesse eingebunden werden - etwa in die Entscheidung, wann der Unterricht beginnen soll. ... . So seien Effekte nur zu erwarten, wenn die Schüler*innen ernst genommen würden, und ihre Beteiligung erfahrbare Auswirkungen hätte"

Wenn die Mehrheit der Schüler dafür ist auszuschlafen und die Schule erst um 12:00 beginnen zu lassen, dann wird das auch umgesetzt? Interessant. Die Schüler werden sich dann später aber vielleicht wundern, wenn auf der Arbeit nicht demokratisch über den Arbeitsbeginn abgestimmt wird.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Do., 18.07.2024 - 10:05

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Da hat sich die "Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz" ja was ausgedacht. Ich nehme mal an, daß kaum ein Mitglied dier "Pädagogenkommission" jemals Unterricht gehalten hat. Die Defizite beginnen nicht erst in der Schule sondern sind auch schon in der vorschulischen Sozialisation verankert. Eine weitere Rolle spielt der weit verbreitete Paternalismus, der besonders bei Kindern, aber auch bei Erwachhsenen vorgeschoben wird (z.B.: weiter Information würde die Bevölkerung nur verunsichern).
Die teilweise offen gelegten RKI Protokolle (leider medial wenig diskutiert) zeigen, daß gestandene Wissenschaftler funktionalisiert werden und die offene Debatte nicht erwünscht war. Gerade als Naturwissenschaftler, der ich die Coronamaßnahmen großteils befürwortete, bin jetzt nachdenklich geworden, weil mir doch viele Informationen vorenthalten wurden und ich die falschen Schlüsse zog. Freier Zugang zu Information ist aber die Grundlage sowohl für Wissenschaft als auch für Demokratie. Cancelunkultur und paternalistischer "Schutz vor Fakenews" steht einer offenen Debatte aber im Weg.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Sa., 20.07.2024 - 07:29

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