Milliardenpaket: Grundgesetzänderung nimmt Hürde im Bundestag
Das milliardenschwere Finanzpaket von Union, SPD und Grünen für Sicherheit und Infrastruktur kann kommen: Der Bundestag hat grünes Licht für die nötige Grundgesetzänderung gegeben. Das letzte Wort hat der Bundesrat.
Der Bundestag hat den Weg für das schwarz-rot-grüne Finanzpaket freigemacht. Bei der letzten Sitzung des scheidenden Bundestages am 18. März votierten 512 von 720 Abgeordneten in namentlicher Abstimmung für eine entsprechende Grundgesetzänderung zur Lockerung der Schuldenbremse. 206 Abgeordnete stimmten dagegen. Die nötige Zweidrittelmehrheit von 489 Stimmen wurde damit deutlich erreicht.
Der 20. Bundestag hat 733 Abgeordnete. Davon entfallen 207 auf die SPD, 196 auf CDU/CSU und 117 auf die Grünen. Die sozialdemokratische Fraktion war – abgesehen von einer erkrankten Abgeordneten – vollzählig anwesend.
Die Zeit drängt
Mehr als vier Stunden lang befassten sich die Bundestagsabgeordneten final mit dem ursprünglich von Union und SPD auf den Weg gebrachten Gesetzesvorhaben. Redner*innen der SPD-Bundestagsfraktion machten deutlich, dass die milliardenschweren Investitionen alternativlos seien und möglichst schnell kommen müssten. Die neuen geopolitischen Herausforderungen für Deutschland und Europa, der massive Investititionsstau und die schwächelnde Wirtschaft in der Bundesrepublik ließen keine andere Wahl, so der Tenor.
„Das ist eine historische Entscheidung und ein positiver Aufbruch für Deutschland und Europa“, sagte SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil, der die Beratung vor der Abstimmung eröffnete. „Wir investieren, um die Wirtschaft voranzubringen, die Infrastruktur zukunftsfit zu machen und den sozialen Zusammenhalt zu sichern. Wir wollen Deutschland sicher und stark machen.“
Es sei ein starkes Signal, dass SPD, Union und Grüne einen gemeinsamen Vorschlag vorbereitet und damit die Handlungsfähigkeit der politischen Mitte bewiesen hätten. „Mit diesem Paket werden wir die Mehrheit der Menschen entlasten, die Wirtschaft ankurbeln und die Sicherheit stärken“, sagte Klingbeil im Plenum. „Eine Belastung wäre es, nichts zu tun“, betonte er.
Lars Klingbeil: „Wir müssen als Staat besser werden.“
„Die Investitionen müssen mit einer nachhaltigen Modernisierung des Landes einhergehen“, mahnte Klingbeil. „Wir müssen als Staat besser werden und Bürokratie abbauen.“ Das wolle die SPD gemeinsam mit der Union anpacken. Aus deren Reihen kam Zustimmung. Unions-Chef Friedrich Merz erklärte, dass die Haushalte von Städten und Gemeinden trotz der nun zu erwartenden Milliarden konsolidiert werden müssten. „Die Modernisierung des Gemeinwesens muss kommen“, forderte der CDU-Vorsitzende. „Wir brauchen einen Technologieschub sowie schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren.“
Der von CDU/CSU und SPD eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, dass Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit ab einer Höhe von einem Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von der Schuldenregel ausgenommen sind. Darin sind auch drei Milliarden zur Unterstützung der Luftverteidigung der Ukraine enthalten.
Zudem soll den Ländern künftig ein Verschuldungsspielraum bei der Haushaltsaufstellung eingeräumt werden. Danach soll die Kreditaufnahme für die Ländergesamtheit 0,35 Prozent des nominalen BIP betragen dürfen. Für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur wird ein 500 Milliarden Euro schweres und ebenfalls kreditfinanziertes Sondervermögen eingerichtet. Davon gehen 100 Milliarden an die Länder.
Boris Pistorius: „Bedrohungslage steht vor Kassenlage“
Auf Initiative der Grünen wurde unter anderem festgelegt, dass von den Infrastrukturmitteln 100 Milliarden für den Klimaschutz vorgesehen sind. CDU/CSU und SPD waren auf die Stimmen der Grünen angewiesen, um die nötige Zweidrittelmehrheit für die Grundgesetzänderung im Parlament zu erreichen.
Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betonte, dass angesichts von Russlands Krieg in der Ukraine, der hybriden Kriegsführung Moskaus gegen den Westen und einer möglichen Abkehr der USA von Europa Tempo gefragt sei. „Wir müssen jetzt Verantwortung für die Sicherheit Europas übernehmen, und zwar besser und geeinter als früher“, forderte der Verteidigungsminister. Deutschland müsse aber auch seine eigene Verteidigungsfähigkeit stärken.
„Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden“, sagte Pistorius. „Künftig muss gelten: Bedrohungslage steht vor Kassenlage.“ Allein durch die beiden Sondervermögen – für die Bundeswehr existiert bereits ein 100 Milliarden Euro schweres – sei es möglich, eine stabile Finanzierung von Streitkräften, Nachrichtendiensten und Zivilschutz zu ermöglichen, ohne anderen Bereiche zu benachteiligen. „Das ist allerdings kein Blankoscheck“, betonte er. So unterliege die Verwendung der für die kommenden zwölf Jahre vorgesehen Mittel der parlamentarischen Kontrolle.
Grüne werfen Merz Populismus vor
Im Bundestagswahlkampf und nach dem Bruch der Ampel-Koalition hatten Merz und andere führende Unionspolitiker*innen eine Lockerung der Schuldenbremse abgelehnt. Für diese Blockadehaltung gab es im Bundestag nun deutliche Kritik seitens der Grünen. „Wir haben heute keine anderen Bedingungen als Anfang Januar oder im Oktober“, so die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann. Das „kategorische Nein“ von Merz sei so populistisch gewesen, „dass einem schlecht werden konnte“. Die Reform der Schuldenbremse sei deswegen aber nicht falsch.
Das Finanzpaket bedarf auch der Zustimmung des Bundesrates. Die Länderkammer entscheidet am 21. März über das Gesetzesvorhaben.
Schande
Das Verfahren mit dem alten Bundestag hat schon einen gewissen Geruch. Wollt ihr der afd noch mehr Wähler in die Arme treiben ?
Infrastruktur ? Sind das Straßen und Brücken auf denen die Panzeer besser rollen können ?
Boris Pistorius: „Bedrohungslage steht vor Kassenlage“_1
Pistorius sagt, und er weiß, wovon er spricht, schließlich ist er unser Verteidigungsminister,
„dass angesichts von Russlands Krieg in der Ukraine, der hybriden Kriegsführung Moskaus gegen den Westen und einer möglichen Abkehr der USA von Europa Tempo gefragt sei“. Fügt er dann noch eine Variation der altrömischen, damals in unzähligen Angriffskriegen schmerzhaft erlernten Friedens- und Kriegsweisheit (- (übersetzt) „wenn Du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“-) hinzu, dann kann es darauf doch nur eine Antwort geben: Abschreckung, Aufrüstung, Konfrontation – und das in Endlosschleife. Jeder weiß das; es gibt keine Talkrunde im öffentlichen Fernsehen, in denen nicht alle beteiligten Wortgewaltigen dieser Meinung sind. Und darum „muss künftig gelten: Bedrohungslage steht vor Kassenlage.“ So klar und einfach ist das.
Genau so klar und einfach ist auch der hybride Krieg, den“ Moskau gegen den Westen“ führt.
Er ist „die Ausweitung eines rein militärischen Kampfeinsatzes
Boris Pistorius: „Bedrohungslage steht vor Kassenlage“_2
unter Zuhilfenahme von Spionage, Sabotage, Cyberangriffen, Wahlbeeinflussung, Propaganda- oder Desinformationskampagnen mit dem Ziel, den Feind von innen heraus zu schwächen und zu destabilisieren“. Der Vorwärts hat über die überaus raffinierten Instrumente ausführlich berichtet. Ich muss sie nicht wiederholen, darf sie vielleicht aber ergänzen.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, „truppendienstlicher Vorgesetzter aller Soldatinnen und Soldaten“, „ militärischer Berater der Bundesregierung und höchster militärischer Repräsentant der Bundeswehr“ (BMV) antwortete am 19.3.25 auf die provokante Frage von Frau Maischberger, warum die Soldaten Spionage-Drohnen über ihren Kasernen, Chemieparks oder Militärhäfen nicht einfach abschießen, etwa folgendes:
Haben wir schon einmal gemacht, ist aber nicht so einfach, denn mit einem Schuss ist es „bei einem beweglichen Objekt“ nicht getan. Und da die Kugeln ja wieder runter kommen, kann „eine Wolke von Munition“ in einem Wohngebiet großen Schaden
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anrichten. Drohnen aus dem Versandhandel (vermutlich), allesamt natürlich mit ausgeklügelter Raketentechnik ausgestattet, lassen sich nicht entfernen, ohne Kollateralschäden zu erzeugen. Die will man zurecht vermeiden.
Das zweite Beispiel des Generalinspekteurs ist noch wundersamer. Ein Landrat rief ihn kürzlich an mit der Bitte, ihm doch für die Inspektion eines Umspannwerkes zukünftig Leute zu schicken, die nicht nur russisch sprechen. (Ich kann es nicht ändern – schauen sie es sich im Internet an.)
Vorher, bei Plusminus, konnte man verfolgen, wie der Hamburger Hafen mit hybriden Angriffen im Minutentakt überschüttet wird. Da gibt es einen alten Bekannten, der mit der Frequenz von 4.6xx Signale sendet, die russische Buchstaben aneinanderreihen, die mal entschlüsselt werden können, mal nicht, deren Sinn man aber nicht versteht. Es könnte aber sein, dass diese Signale mal die Navigation der großen Containerschiffe stört – und dann stünde Deutschland
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vor erheblichen Versorgungsengpässen. Cut, Abspann.
Vor wenigen Tagen berichtete die WAZ über das Unwesen der Hacker, die unserer Industrie jährlich Schäden von geschätzt 300 Mrd. € bereiten. Das Verfahren der Hacker, allesamt aus dem Osten, Bulgarien, Rumänien, vielleicht auch Ukraine, vor allem aber aus Russland und sogar Kreml gesteuert, ist dabei relativ simpel: Sie versuchen Zugang zu einen Netz zu finden, indem sie unaufhörlich die Nachlässigkeit der Nutzer ausforschen. Und nach Monaten des Wartens sind sie am Ziel. (Das klingt nicht sehr kompliziert, auch wenn ich es nicht könnte.)
Fasst man solche „Angriffe“ abstrakt zu „ Spionage, Sabotage, Cyberangriffen, Wahlbeeinflussung, Propaganda- oder Desinformationskampagnen“ zusammen, dann hat man den hybriden Krieg aus Moskau.
Ich vermute übrigens, stehe damit aber noch alleine da, dass die Meldung, „Trump stoppt Cyber-Einsätze gegen Russland“ (WAZ, 4.3.25)., ein weiteres Beispiel für die hybride Kriegführung Moskaus ist.