Finanzpaket für Investitionen: Wie der Zeitplan von Union und SPD aussieht
Es ist ein gigantisches Finanzpaket, das Union und SPD noch im alten Bundestag beschließen wollen. Doch die Zeit drängt und die Zustimmung der Grünen wackelt. Wir zeigen, wie der Beschluss trotzdem gelingen kann.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Der alte Bundestag tritt am Donnerstag noch einmal zu einer Sondersitzung zusammen.
Als die Energiepreise nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 in Deutschland durch die Decke gingen, sprach Bundeskanzler Olaf Scholz von einem „Doppel-Wumms“, einem 200 Milliarden Euro schweren Paket, um die Kosten für die Bürger*innen in Deutschland abzufedern. Mit Blick darauf ist das, was die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD am Dienstag vergangener Woche präsentierten, mindestens ein Zehnfach-Wumms. Die Umsetzung der Vorschläge zur Stärkung der Verteidigung und der Infrastruktur könnte mehr als eine Billion Euro kosten. Notwendig dafür ist eine Änderung des Grundgesetzes, nach Vorstellung der drei Parteien noch im alten Bundestag.
Warum kann der „alte“ Bundestag noch einmal zusammenkommen und entscheiden?
Das Grundgesetz regelt in Artikel 39, dass sich der neue Bundestag binnen 30 Tagen nach seiner Wahl konstituieren muss. Der letztmögliche Termin dafür ist der 25. März. Diese Frist soll nach Stand der Dinge auch voll ausgeschöpft werden. Zugleich regelt das Grundgesetz im selben Artikel, dass die Wahlperiode des alten Parlaments erst mit der Konstituierung des neuen endet. Bis dahin kann der Bundestag jederzeit zu Sitzungen zusammenkommen, wenn mindestens ein Drittel der Mitglieder das beantragt. Dies ist nun geschehen, sodass es am Donnerstag, 13. März, und am Dienstag,, 18. März, zu Sondersitzungen des alten Bundestages kommt.
Und wie sehen das die anderen Parteien?
Die Fraktionen von AfD und Linke sind von der Vorgehensweise wenig begeistert. Die rechtsextreme AfD forderte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas gar per Ultimatum auf, die Sondersitzung wieder abzusagen. Bas verwies zurecht darauf, dass ihr das nicht zustehe, weil, wie oben erwähnt, mehr als ein Drittel der Abgeordneten sie beantragt haben. Auch die Linken haben eine sogenannte Organklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Deren Vorsitzende Ines Schwerdtner begründete das auf X damit, dass ein alter Bundestag „nicht über die Zukunft bestimmen sollte, während es schon einen neuen gibt“. Allerdings gehört Schwerdtner selbst dem Bundestag bislang gar nicht an, da sich das neue Parlament noch nicht konstituiert hat.
Wird am Donnerstag direkt abgestimmt?
Nein. Denn um Gesetze im Bundestag abzustimmen, braucht es drei Lesungen. Mit der ersten Lesung am Donnerstag wird der Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht. Anschließend wird die Vorlage zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen. Eine Anhörung ist im Haushaltsausschuss bereits am Donnerstag unmittelbar im Anschluss an die Plenarsitzung geplant. Am Freitag soll dann die Beratung im Ausschuss abgeschlossen werden. Am Dienstag, 18. März, soll der alte Bundestag noch einmal zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um das Gesetz in zweiter und dritter Lesung zu beraten und final darüber abzustimmen.
Und was ist mit dem Bundesrat?
Weil die geplanten Änderungen auch die Bundesländer betreffen, denen im Rahmen der Schuldenbremse künftig derselbe finanzielle Spielraum wie dem Bund eingeräumt werden soll, braucht es auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Aktuell gibt es in den 16 Bundesländern 13 verschiedene Regierungskonstellationen. Entsprechend unübersichtlich sind auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Gelingt es, die Grünen mit ins Boot zu holen, bräuchte es außerdem die Zustimmung aus Bayern, wo CSU und Freie Wähler gemeinsam regieren. Dann wäre gemeinsam mit den Stimmen aus denjenigen Bundesländern, in denen SPD, Grüne und/oder CDU gemeinsam regieren, die Zwei-Drittel-Mehrheit sicher.
Was sind die Fallstricke?
Vor allem braucht es sowohl für die Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag als auch im Bundesrat die Zustimmung der Grünen. Noch am Montag hatten deren Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann und Katharina Dröge sowie die Parteivorsitzenden Felix Banaszak und Franziska Brantner dem Anliegen von CDU/CSU und SPD eine Absage erteilt. Gelingt es nicht, eine Mehrheit im alten Bundestag zustande zu bringen, wird das mit den künftigen Mehrheitsverhältnissen noch schwieriger. Denn dann bräuchte es für Änderungen an der Schuldenbremse auch die Zustimmung der Linken.
Auf Landesebene besteht nach Angaben des ifo-Instituts darüber hinaus das Problem, dass nur Berlin, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und das Saarland die Schuldenbremse per Gesetz mit einfachen Mehrheiten in den Landesparlamenten lockern können. In allen anderen Bundesländern bräuchte es dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit, um die jeweilige Landesverfassung zu ändern. Über diese verfügen die Regierungsparteien, CDU und Grüne, allerdings nur in Schleswig-Holstein. In den anderen Ländern bräuchte es dafür eine Verständigung mit der Opposition, in Thüringen und Brandenburg gar eine Verständigung mit der AfD.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo