Schwarz-rotes Finanzpaket: Viel Lob aus Gewerkschaften und Wirtschaft
In seltener Einigkeit unterstützen Gewerkschaftsvertreter und Wirtschaftsexperten das von SPD und Union geplante Finanzpaket. Manche Stimmen klingen geradezu euphorisch.
Thomas Wiegold/ photothek.net
Gewaltige Summen: Mit dem schwarz-roten Finanzpaket werden Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe ermöglicht.
Die Einigung von SPD und Union auf ein milliardenschweres Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur trifft auf breite Unterstützung. Nicht nur die Gewerkschaften auch Wirtschaftsexperten sind dafür.
„Die Entscheidung für ein Sondervermögen ist nicht weniger als ein Befreiungsschlag zur Modernisierung unseres Landes“, erklärt die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. „Ausreichende Infrastrukturmaßnahmen für die technisch-physische sowie die soziale Infrastruktur des Landes werden damit endlich möglich.“ Dass das Sondervermögen von 500 Milliarden Euro nicht nur für klassische Infrastruktur, sondern auch für Bildung und Krankenhäuser genutzt werden soll, sei essenziell für die Lebensqualität der Menschen, aber auch für die Rückgewinnung des Vertrauens in die Politik.
DGB: Sondervermögen „dringend notwendig“
Ebenso begrüßt der DGB, dass die Bundesländer mehr Mittel für Investitionen erhalten sollen. Aus dem Sondervermögen sollen den Ländern 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden, außerdem werden die Beschränkungen der Schuldenregel in den Ländern an den Bund angepasst und damit gelockert. „Das ist dringend notwendig, um den föderalen Gestaltungsspielraum zu stärken und noch zielgenauer die Bedarfe der Regionen zu berücksichtigen“, betont Fahimi.
IG Metall: „Die Politik hat verstanden“
Auch Christiane Benner, die Erste Vorsitzende der IG Metall, lobt das Finanzpaket. Es zeige: „Die Politik hat verstanden, dass jetzt schnell und beherzt gehandelt werden muss. Tempo und Entschiedenheit der sondierenden Parteien sind ein gutes Signal für die nächste Zeit.“ Die IG Metall habe die Notwendigkeit hoher Investitionen in Infrastruktur, die Energiewende, Industrie, Brücken, Schiene, Straßen und Bildung seit geraumer Zeit in den Mittelpunkt ihrer politischen Forderungen gestellt. „Den jetzigen Vorstoß begrüßen wir daher klar“, so Benner. Die wirtschaftliche, gesellschaftliche und geopolitische Situation erfordere Weitblick. Dazu gehöre auch, dass Investitionen in Infrastruktur, Sicherheit und Verteidigung „nicht zulasten von Sozialleistungen gehen“ dürften. Investitionen seien „für zukunftsfähige und nachhaltige Arbeitsplätze und damit ein funktionierendes Gemeinwesen und eine wehrhafte Demokratie unerlässlich“, sagt Benner.
IG BAU: „endlich verlässlicher Planungshorizont“
Zustimmung kommt auch vom Bundesvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Robert Feiger: „Kaputte Brücken, marode Bahngleise, holprige Straßen, sanierungsbedürftige Schulen, Kitas sowie Krankenhäuser, fehlende Energieinfrastruktur und vieles andere mehr, hier müssen wir endlich ran. Mit diesem Investitionsvolumen kann uns das gelingen“, sagt Feiger. Mit der Laufzeit von zehn Jahren des Sondervermögens hätten Unternehmen wie Beschäftigte „endlich einen verlässlichen Planungshorizont“.
Ausdrücklich erwähnt Feiger auch den künftig „quasi deckellosen Verteidigungsetat“. Dieser sei „notwendig“ in diesen weltpolitisch instabilen Zeiten. „Natürlich ändert sich die Lage hier in Europa dramatisch, sollten sich die USA tatsächlich künftig von uns abwenden. Da müssen wir die Sicherheit Europas selbst in die Hand nehmen.“ Feiger mahnt aber an, diese neue „Verteidigungsfähigkeit“ mit Augenmaß und im Einklang mit den europäischen Staaten zu gestalten.
Sebastian Dullien: „Deutschland ist wieder handlungsfägig“
Lob kommt auch von führenden Wirtschaftsexperten. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), hofft auf einen Schub für die im dritten Jahr von der Rezession geplagte Wirtschaft: „Wenn das so gelingt, dann dürfte die Stagnation der deutschen Wirtschaft jetzt schnell überwunden sein“, sagt er. Sein Fazit: „Deutschland ist wieder wirtschaftlich und militärisch handlungsfähig.“
Jens Südekum: „Einigung der Sondierer ist ein Gamechanger“
Jens Südekum, Professor für International Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, formuliert es so: „Die Einigung der Sondierer ist ein Gamechanger, ein wuchtiges und gutes Paket.“ Nun sei es wichtig, dass das Geld auch tatsächlich in die richtigen Projekte fließe. Das Sondervermögen müsse von einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren begleitet werden. „Insgesamt geht es darum, ein glaubwürdiges Signal in die Privatwirtschaft zu senden, dass der Staat jetzt Ernst macht mit der Investitionsoffensive“, so Südekum. „Nur dann werden Bau- und Handwerksbetriebe ihre Kapazitäten aufstocken.“
Carsten Brzeski: „Beginn besserer Jahre für die Wirtschaft“
„Alles in allem befindet sich Europa inmitten eines historischen Wandels“, analysiert Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank ING-DiBa. „Die Entwicklungen der letzten Tage haben die wahrscheinlich nächste deutsche Regierung zu einem historischen Schritt veranlasst, indem sie ein Steuerpaket ankündigte, das endlich den Beginn besserer Jahre für die Wirtschaft markieren könnte.“
Moritz Schularick: „extrem wichtiger Schritt für die Sicherheit“
Unterstützung gibt es auch für die Verteidigung. Alle Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Dies sei „ein extrem wichtiger Schritt für die Sicherheit in Deutschland und Europa“, so Moritz Schularick, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Das mache den Staat auch in künftigen Krisen handlungsfähig. Professor Jens Südekum lobt den Verteidigungsbeschluss ebenfalls: „Die Freistellung der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse erlaubt einen dauerhaften Aufbau der militärischen Fähigkeiten.“ Genau das ist auch das erklärte Ziel von SPD und Union.
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