Finanzpaket: Darauf haben sich Union und SPD mit den Grünen geeinigt
Der Weg für mehr Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur ist frei. Am Freitag einigten sich CDU/CSU und SPD mit den Grünen, damit diese den geplanten Grundgesetzänderungen zustimmen. Der Überblick
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Mehr Geld für die Verteidigung: Union, SPD und Grüne wollen die Schuldenbremse aufweichen.
Eine Ausnahme von der Schuldenbremse für mehr Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur: Das sind die Ziele von CDU/CSU und SPD. Geeinigt hatten sie sich darauf bereits in der vergangenen Woche bei ihren Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Koalition. Um das umzusetzen, brauchen die drei Parteien allerdings die Stimmen der Grünen, da für eine Änderung des Grundgesetzes eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag notwendig ist.
Nachdem sich die Grünen zunächst geweigert hatten, ist nun eine Einigung da. Folgende Änderungen wurden vereinbart:
Der Sicherheitsbegriff wird erweitert
Der Vorschlag von Union und SPD sah vor, dass Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, künftig nicht mehr von der Schuldenbremse gedeckt sein müssen, diese also aufgeweicht wird. Dabei bleibt es. Allerdings wird der Sicherheitsbegriff weiter gefasst, sodass nicht nur Ausgaben für die militärische Verteidigung darin enthalten sind, sondern auch für die Cybersicherheit, den Zivil- und Bevölkerungsschutz und die Nachrichtendienste wie BND und Verfassungsschutz. Auch die Unterstützung „für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten“ wird künftig von der Schuldenbremse ausgenommen. Hier geht es aktuell um die Ukraine.
Investitionen aus dem Sondervermögen müssen zusätzlich erfolgen
CDU/CSU, SPD und Grüne verpflichten sich, dass die 500 Milliarden aus dem Sondervermögen „zusätzlich“ in Infrastruktur, Wirtschaft und Klimaschutz investiert werden. Um das Wort war in der Bundestagsdebatte am Donnerstag ein Streit entbrannt, weil die Grünen fürchteten, dass Gelder aus dem Sondervermögen für Steuersenkungen oder Vorhaben wie die Mütterrente ausgegeben werden könnten. Das wird nun ausgeschlossen. Und: Nur wenn zehn Prozent des Bundeshaushalts für Investitionen ausgegeben werden, darf auf das Sondervermögen zugegriffen werden.
100 Milliarden für den Klimaschutz
Ein Teil des Sondervermögens wird verbindlich für Klimaschutz-Maßnahmen reserviert. So werden 100 der geplanten 500 Milliarden in den Klima- und Transformationsfonds überführt. Aus diesem werden etwa Zuschüsse für die energetische Gebäudesanierung oder die Elektromobilität finanziert.
Klimaneutralität ins Grundgesetz
Auch der Name des Sondervermögens wird verändert. Künftig heißt es „Sondervermögen für Infrastruktur und Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“. Was banal klingt, ist tatsächlich ein Novum: Erstmals wird das Ziel der Klimaneutralität damit im Grundgesetz verankert.
Mehr Geld für die Bundesländer
Damit auch die Bundesländer investieren können, erhalten sie 100 Milliarden aus dem Sondervermögen. Zudem sollen auch sie die Möglichkeit erhalten, bis zu einer Grenze von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts jährlich neue Kredite aufzunehmen und zugleich die Schuldenbremse einzuhalten.
Unterstützung der Ukraine
Zusammen mit den Änderungen des Grundgesetzes wird der Bundestag am kommenden Dienstag die zusätzlichen drei Milliarden Euro an Unterstützung für die Ukraine freigeben. Diese waren mit Verweis auf die vorläufige Haushaltsführung des Bundes bisher zurückgehalten worden.
Reform der Schuldenbremse
Zusätzlich zu den Grundgesetzänderungen soll am Dienstag per Entschließungsbeschluss eine Expert*innenkommission vom Bundestag eingesetzt werden, die bis Ende dieses Jahres einen Vorschlag für eine Reform der Schuldenbremse erarbeitet.
SPD-Chef Klingbeil rechnet mit Beschluss am Dienstag
Der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Lars Klingbeil zeigte sich nach der Einigung vom Freitag „sehr zufrieden“. Bis um fünf Uhr am Morgen und danach erneut am Vormittag habe man verhandelt, um zu einer Einigung zu kommen. „Das Paket wird Deutschland stärker machen. Wir lösen damit eine jahrelange Blockade auf“, zeigte sich Klingbeil überzeugt. „Das ist ein Befreiungsschlag für unser Land.“ Die Verhandlungen mit den Grünen hätten das Finanzpaket „besser gemacht“.
Über das Wochenende werden nun die betroffenen Ausschüsse, allen voran der Haushaltsausschuss, über die Anträge beraten. Am Dienstag sollen die Grundgesetzänderungen dann vom Bundestag beschlossen werden. Lars Klingbeil zeigte sich am Freitag zuversichtlich, dass es nach der Einigung mit den Grünen nun die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit geben wird. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Sozialdemokratie am Dienstag zustimmt“, sagte er.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.