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Finanzpaket im Bundestag: So warben SPD und Union um Zustimmung der Grünen

In einer hitzigen Debatte hat der Bundestag über die Pläne von SPD und Union für mehr Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur diskutiert. SPD-Chef Lars Klingbeil und CDU-Chef Friedrich Merz machten dabei ein neues Angebot an die Grünen.

von Kai Doering · 13. März 2025
Lars Klingbeil warb am Donnerstag im Bundestag um Unterstützung für die Änderung des Grundgesetzes

„Wenn die Geschichte anklopft, dann muss man die Tür öffnen.“ Lars Klingbeil warb am Donnerstag im Bundestag um Unterstützung für die Änderung des Grundgesetzes.

Es ist eine merkwürdige Situation für die Abgeordneten im Bundestag. Als sie am 13. März zu ihrer Sitzung in Berlin zusammenkommen, wissen viele von ihnen, dass es für sie das vorletzte Mal sein wird. Die Abgeordneten, die am 23. Februar neu gewählt wurden, werden am 25. März den 21. Bundestag konstituieren. Dass sich das bisherige Parlament in seiner alten Zusammensetzung nun nochmal trifft, liegt an den Fraktionen von CDU/CSU und SPD. Sie haben zwei Sondersitzungen beantragt, um drei Grundgesetzänderungen zu beschließen.

Damit sollen Verteidigungsausgaben von mehr als einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts künftig von der Schuldenbremse ausgenommen sein. Zudem soll es ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur geben. Darauf hatten sich Union und SPD in der vergangenen Woche noch vor der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen verständigt.

„Wir müssen jetzt etwas tun, und zwar schnell.“

„Die internationale Lage hat sich in den letzten Wochen noch einmal dramatisch verschärft“, sagt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, der als erster Redner die Debatte im Bundestag eröffnet. Als Beispiele nennt Klingbeil die Rede des amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance bei der Münchener Sicherheitskonferenz und die Ankündigung der USA, die militärische Unterstützung für die Ukraine zu streichen. „Wir müssen unsere eigene Verteidigungsfähigkeit so stärken, dass wir nie wieder einen Krieg führen müssen. Wir nicht, aber auch unsere europäischen Nachbarn nicht“, sagt der SPD-Vorsitzende.

Dafür sei nicht nur eine gute Ausstattung der Bundeswehr wichtig, sondern auch massive Investitionen in die Infrastruktur. „Das eine wird es ohne das andere nicht geben“, betont Klingbeil. „Das gehört zusammen.“ „Wir wollen einen Weg eröffnen, die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes schnell zu erhöhen“, sagt auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. „Diese weitreichenden Entscheidungen dulden keinen Aufschub mehr. Wir müssen jetzt etwas tun, und zwar schnell.“

„Wir verlassen uns nicht auf Ihr Wort.“

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Katharina Dröge, können Klingbeil und Merz damit nicht überzeugen. „Wir haben Ihnen immer wieder unsere Hand ausgestreckt“, sagt Dröge in Richtung Merz. Immer wieder hätten Grüne und SPD vor der Bundestagswahl für eine Reform der Schuldenbremse geworben, um mehr Geld für Investitionen und Verteidigung zur Verfügung zu haben. „Sie haben sich für einen anderen Weg entschieden: Ihr Weg war Parteitaktik, Ihr Weg war Wahlkampf“, hält Dröge Merz entgegen.

Ihre Fraktion werde die Vorschläge von Union und SPD für ein Sondervermögen deshalb nicht unterstützen. Sie könne nicht sicher sein, dass die geplanten 500 Milliarden Euro wirklich in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden und nicht etwa in Steuersenkungen für Reiche. Die Stimmen der Grünen werden für die nötige Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat benötigt.

„Wir verlassen uns nicht auf Ihr Wort“, schleudert Katharina Dröge Friedrich Merz entgegen. Allerdings seien die Grünen weiter bereit, die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben aufzuweichen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat ihre Fraktion eingebracht. „Es gibt aber keine Notwendigkeit, beide Grundgesetzänderungen (zu den Verteidigungsausgaben und zum Sondervermögen, Anm.d.Red.) in ein Paket zu packen.“

„Wenn die Geschichte anklopft, dann muss man die Tür öffnen.“

Genau dafür werben am Donnerstag aber Union und SPD. „Es darf kein Entweder-oder geben“, sagt etwa SPD-Chefin Saskia Esken. Nicht nur die Bedrohung der äußeren Sicherheit verunsichere die Menschen in Deutschland, sondern auch die Lage im eigenen Land. Das Finanzpaket „kann unser Land auf allen Ebenen in die Lage versetzen, große Aufgaben zu erfüllen“, so Esken. „Ein Gegeneinander bedroht das Miteinander im Land“, warnt auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Die Bundesländer unterstützten deshalb die Vorschläge von Union und SPD. Am Mittwoch hatte sich die Ministerpräsidentenkonferenz bereits entsprechend positioniert. „Wir brauchen jetzt die Investitionen“, betont Schwesig.

Damit es dazu kommt, gehen CDU/CSU und SPD am Donnerstag auf die Grünen zu. So soll Klimaschutz ausdrücklich in das 500-Milliarden-Sondervermögen aufgenommen und Investitionen über den Klima- Transformationsfonds abgesichert werden. Zudem sollen der Zivil- und der Bevölkerungsschutz in die Verteidigung mit aufgenommen werden. Das hatten die Grünen in dieser Woche gefordert. 

„Können wir uns wirklich leisten, dass das scheitert?“, fragt SPD-Chef Lars Klingbeil und liefert die „klare Antwort“ gleich mit: „Nein.“ Viele in Deutschland und Europa würden auf solch einen „Befreiungsschlag“ warten. „Wenn die Geschichte anklopft, dann muss man die Tür öffnen“, sag Klingbeil. „Weil man niemals weiß, ob es eine zweite Chance dafür gibt.“

Nach der Debatte im Plenum befasst sich der Haushaltsausschuss des Bundestages noch am gleichen Tag mit dem Gesetzentwurf von Union und SPD. Am 18. März wird der Bundestag noch einmal zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um das Gesetz in zweiter und dritter Lesung zu beraten und darüber abzustimmen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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