DGB-Studie zu Frauen im Beruf: So will die SPD für mehr Gleichstellung sorgen
Um die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen in Deutschland steht es nicht gut. Deshalb stellen DGB-Frauen klare Forderung an die nächste Regierung. In Sachen Gleichstellung hat die SPD viel zu bieten, anders die Union: Im Wahlprogramm kommt Gleichstellung nicht einmal vor.
IMAGO/Bihlmayerfotografie
Selbstbestimmung braucht wirtschaftliche Unabhängigkeit. Damit sieht es bei den Frauen in Duetschland nicht gut aus, wie eine Studie belegt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schlägt Alarm. Einer Recherche zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen zufolge kann über die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen (53 Prozent) mit ihrem eigenen Einkommen langfristig ihre Existenz nicht absichern. Kommen Kinder hinzu, steigt der Anteil sogar auf 70 Prozent Frauen, die nicht genug verdienen, um langfristig für sich und ein Kind vorzusorgen.
Was DGB-Frauen fordern
Gründe dafür sieht die Analyse des DGB vor allem darin, dass Frauen durchschnittlich knapp acht Stunden pro Woche weniger erwerbstätig sind als Männer, dafür aber rund neun Stunden mehr für Kindererziehung, Pflege oder Hausarbeit aufbringen. Jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit, auch weil noch immer bezahlbare Angebote der Kinderbetreuung fehlten. Für den DGB ist diese „prekäre Lage“ nicht Folge individueller Entscheidungen, sondern von Rahmenbedingungen, heißt es dazu in einer Broschüre, die von den Frauen im DGB herausgegeben wurde.
Und diese Rahmenbedingungen lassen sich bekanntlich ändern, das ist Aufgabe der Politik. Der Appell der DGB-Frauen an die nächste Bundesregierung lautet demnach, Bedingungen zu schaffen, damit Frauen gleichberechtigt am Erwerbsleben teilhaben und damit wirtschaftlich unabhängig werden können. Hierzu hat die SPD viel zu bieten.
Mehr Kinderbetreuung
Noch immer steht hier das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Mittelpunkt: Der DGB fordert im Sinne der Gleichstellung von Männern und Frauen mehr Angebote in der Kinderbetreuung und in der ambulanten und stationären Betreuung Pflegebedürftiger.
Das Programm der SPD sieht Investitionen in Kitas und Schulen vor. Dazu zählen auch kostenfreie Bildung, der Ausbau von guten Ganztagsangeboten und Familienzentren. Gemeinsam mit den Ländern will sie dafür sorgen, dass Kita-Kinder und Schüler*innen ein gesundes und kostenloses Mittagessen erhalten. Auch die Finanzierung ist geklärt. Die SPD plant die Erbschafts- und Schenkungssteuer zu reformieren und die Vermögensteuer, die seit 1997 nicht mehr erhoben wird, für sehr hohe Vermögen zu revitalisieren. Die Einnahmen aller drei Steuern sollen den Ländern zukommen, in deren Verantwortung unter anderem die Bildungspolitik liegt.
In der Pflege plant die SPD unter anderem die Eigenanteile bei den Pflegekosten in der stationären Langzeitpflege auf 1.000 Euro pro Monat zu begrenzen und für pflegende Angehörige und nahestehende Personen eine Familienpflegezeit und ein Familienpflegegeld einzusetzen, das ähnlich wie das Elterngeld funktionieren soll.
Mehr Partnerschaftlichkeit
Es geht dem DGB aber auch um mehr Unterstützung für eine stärkere Beteiligung von Vätern an der Familienarbeit. Dieses Ziel könnte man den Gewerkschafter*innen zufolge zum Beispiel durch eine zehntägige, bezahlte Freistellung für Väter beziehungsweise zweite Elternteile nach der Geburt eines Kindes erreichen, oder durch Ausweitung des Elterngeld-Modells, in dem sich die Partner*innen die Monate aufteilen.
Auch die SPD sieht in puncto gerechter Verteilung von Sorgearbeit zusätzliche Urlaubstage vor, sowie flexible Arbeitszeitmodelle und ein verbessertes Modell beim Elterngeld. Demnach soll jedes Elternteil Anspruch auf sechs Monate Elterngeld erhalten und weitere sechs Monate sollen frei verteilt werden können.
Mehr Steuergerechtigkeit
Hinzu kommt die Forderung, Fehlanreize im Sozial- und Steuerrecht abzubauen. Dazu zählen für den DGB die aktuellen Regelungen zum Ehegattensplitting und die nicht sozialversicherungspflichtigen Minijobs.
Die SPD will für Paarfamilien eine gerechtere Verteilung der Steuerlast. Dazu zählt die bereits in der Ampelkoalition eingeleitete Überführung der Steuerklassen-Kombination III/V (sogenanntes Ehegattensplitting) in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV umzusetzen, das von Doppelverdiener*innen mit ähnlich hohem Einkommen bereits genutzt wird. Minijobs bezeichnet die SPD als vorgezeichnete Wege in die Altersarmut und will alle Beschäftigungsverhältnisse in die soziale Sicherung einbeziehen.
Mehr Tarifbindung
In Deutschland arbeiten besonders viele Frauen im Niedriglohnsektor. Der DGB fordert eine existenzsichernde Bezahlung für alle Beschäftigten. Dazu müsste die Tarifbindung gestärkt, frauendominierte Berufe aufgewertet und der Mindestlohn existenzsichernd werden.
Auch hier sind die Pläne der SPD klar: Ein Mindestlohn von 15 Euro und ein Tariftreuegesetz im Bund, über das öffentliche Aufträge des Bundes nur an Unternehmen gehen sehen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie will die SPD bis 2026 in nationales Recht umsetzen und damit ein wirksames Lohngerechtigkeitsgesetz weiterentwickeln. Soziale Dienstleistungsberufe plant die SPD aufzuwerten.
Mehr haushaltsnahe Dienstleistungen
Da sich die meisten Familien Hilfen im Haushalt nicht leisten können, fordert der DGB staatliche Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen. Mit einem jährlichen Familienbudget plant die SPD sozialversicherungspflichtige haushaltsnahe Dienstleistungen direkt zu fördern. Laut Programm helfe das auch im Kampf gegen Schwarzarbeit.
Große Unterschiede zwischen SPD und CDU
Ein Vergleich zwischen SPD und CDU/CSU in Sachen Frauen, Frauenrechte und Gleichstellung lohnt sich schon deshalb, weil die Begriffe Gleichstellung und Frauenrechte im Wahlprogramm der Union erst gar nicht auftauchen.
Zwar sieht die Merz-CDU Frauen in Teilzeit als „eine Gruppe mit großem Potenzial für den Arbeitsmarkt“ und dass es bessere Rahmenbedingungen für Vollzeitarbeit oder vollzeitnahe Arbeit braucht. Deshalb plant die Union auch Kitas „in ihrer Rolle als Bildungseinrichtungen“ stärken, in welcher Höhe und in welchem Maße sagt sie aber nicht. Bleibt in diesem Zusammenhang die Frage, womit die Union, die ja ein über 100 Milliarden schweres Steuerentlastungsprogramm plant, den Ausbau von Kinderbetreuung finanzieren will. Daneben steht die Union für das Recht auf Selbstbestimmung und Familienplanung, allerdings soll der Paragraf 218 bestehen bleiben.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.