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Erste Großveranstaltung: Wie Olaf Scholz in Wolfsburg kämpft – und überzeugt

Die SPD und ihr Kanzler Olaf Scholz kämpfen: gegen maue Umfragewerte und für den Sieg bei der Bundestagswahl am 23. Februar. Wie motiviert die Partei und ihr Kandidat sind, war am Freitag bei der ersten Großveranstaltung in Wolfsburg zu erleben.

von Lars Haferkamp · 17. Januar 2025
Auftakt in Wolfsburg: Bei der ersten SPD-Großveranstaltung im Bundestagswahlkampf wusste Olaf Scholz zu überzeugen.

Auftakt in Wolfsburg: Bei der ersten SPD-Großveranstaltung im Bundestagswahlkampf wusste Olaf Scholz zu überzeugen.

Dichter Nebel liegt über Wolfsburg, die Stadt scheint im Grau zu verschwinden an diesem 17. Januar. Die Sicht ist schlecht, die Temperatur liegt knapp unter dem Gefrierpunkt. Trübes, tristes Winterwetter. Ähnlich trüb scheint die politische Großwetterlage zurzeit für die SPD zu sein, zumindest wenn man auf die aktuellen Umfragewerte schaut, 37 Tage vor der Bundestagswahl. 

Umso bemerkenswerter die gute Stimmung der Sozialdemokrat*innen und ihrer Anhänger*innen an diesem Freitag in Wolfsburg. Die zeigt sich eindrucksvoll beim Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz im mit 1.500 Zuschauer*innen dicht gefüllten Großen Saal des CongressParks. 

Miersch: SPD „ganz bewusst" in Wolfsburg

Es ist die erste der vier zentralen Großveranstaltungen der SPD im Bundestagswahlkampf. Die Partei nennt sie „Highlight-Veranstaltungen“. Es ist kein Zufall, dass die Premiere in Wolfsburg stattfindet. „Ganz bewusst", so Generalsekretär Matthias Miersch, hat sich die SPD für die Stadt in Niedersachsen entschieden. Denn sie ist mit der Volkswagen AG der Sitz eines des größten Automobilherstellers der Welt, der zuletzt durch drohende Werksschließungen und massiven Arbeitsplatzabbau für Schlagzeilen und Verunsicherung sorgte. 

Und genau hier setzt die SPD an diesem 17. Januar ein ganz wichtiges Zeichen im Bundestagswahlkampf: dass sie sich kümmern will um die Anliegen und Sorgen der Arbeitnehmer*innen, dass sie kämpfen will für sichere Arbeitsplätze – besonders in der Industrie. Und dass sie für eine starke, wettbewerbsfähige Wirtschaft sorgen will, so wie sie es in ihrem Wahlprogramm beschlossen hat.

Klingbeil: Für Industrie „made in Germany"

„Wir kämpfen um jeden Industriearbeitsplatz in diesem Land“, verspricht SPD-Chef Lars Klingbeil in Wolfsburg unter starkem Applaus. „Wir brauchen eine starke Industrie.“ Damit positioniert Klingbeil die Partei im Wahlkampf: „Es geht um made in Germany. Und dafür tritt die SPD ein.“

Klare Kante zeigt auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Stehende Ovationen erhält er bei seinem Einzug in den Saal. Starker lang anhaltender Applaus und Jubelrufe sind zu hören. „Unsere Kultur von Arbeit und Beschäftigung“ sei „das eine ganz zentrale Thema“ dieser Bundestagswahl, erklärt Scholz. Auch deshalb habe er es sich „sehr gewünscht“ dass die erste SPD-Großveranstaltung in Wolfsburg stattfindet.

Scholz: So will die SPD investieren

Scholz erklärt in 40 Minuten ganz konkret, wie die SPD für gute Jobs mit guten Löhnen sorgen will. Etwa, indem sie Investitionen in Deutschland steuerlich belohnt mit dem „Made-in-Germany-Bonus“. Danach sollen Unternehmen, die in Deutschland investieren, einen Bonus von zehn Prozent über Steuererleichterungen erhalten. Zentrales Ziel der SPD sei es, „unsere Industrie nach vorne zu bringen“, betont der Kanzler. Dazu brauche es moderne Industrien und eine entsprechende Infrastruktur sowie günstige Energie. Diese soll unter anderem der Preisdeckel für Strom auf drei Cent bewirken. „Es muss mehr investiert werden in Deutschland“, stellt Scholz klar. Dem diene auch der Deutschland-Fonds.

Der Kanzler ruft die politischen Wettbewerber mit Nachdruck dazu auf, „über die Wahrheit zu sprechen“. Er warnt ausdrücklich vor der Union. „Man sollte ihnen glauben, was sie sagen und das finde ich ziemlich schlimm.“ Die Union wolle die Steuern für Spitzenverdiener senken, erkläre aber nicht, wie sie das Haushaltsloch in Höhe von 25 Milliarden Euro schließen wolle. „Da kann man nicht zu schweigen! Dazu muss man Vorschläge machen!,“ fordert Scholz. Er warnt Union und FDP beim Thema Steuern und Finanzen davor, „das Volk hinter die Fichte zu führen“.

Gegen Unionspläne: Keine Steuersenkungen für Spitzenverdiener*innen

„Wer sichergehen will, dass in Deutschland in Wachstum investiert wird, dass die Gerechtigkeit ausgebaut wird in diesem Land, dass wir eine stabile Rente haben, dass wir dafür sorgen, dass die Löhne steigen, der Mindestlohn, die normalen Löhne, der kann das nicht hinkriegen, indem Steuersenkungen für Spitzenverdiener beschlossen werden, sondern indem man sein Kreuz bei der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands macht.“ Kräftiger Applaus im Saal.

In dieser Phase mögen sich alle „genau überlegen, wie es weitergehen soll“ im Land, betont Scholz. Es gehe bei der Bundestagswahl um eine klare Richtungsentscheidung. Darum „dass wir investieren in eine moderne Wirtschaft und Wachstum. Dass wir dafür sorgen, dass wir einen stabilen Sozialstaat haben mit einer garantierten Rente, mit ordentlichen Löhnen, mit guter verlässlicher Pflege, mit Angeboten für die Kinder und die Eltern in den Kitas und den Schulen, auf die man sich verlassen kann und einem guten Gesundheitssystem. Dass wir dafür sorgen, dass das Leben bezahlbar bleibt.“ 

Der Kanzler punktet in Wolfsburg

Deshalb habe er zum Beispiel vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken. Die das kritisierten, „die haben einfach zu viel Geld in der Tasche, deshalb verstehen sie das nicht“, scherzt Scholz unter kräftigem Beifall. „Wenn man ganz wenig Geld hat, versteht man das ganz genau, da geht‘s nämlich wirklich um jeden Cent. Über das ganze Jahr gerechnet macht das einen Unterschied.“ Die SPD sei die klare Alternative zur Union. „Deshalb bitte ich darum, machen Sie Ihr Kreuz bei der SPD.“ Die Zuschauer*innen erheben sich und spenden Scholz langanhaltenden Applaus. Der Kanzler punktet mit seinem Auftritt in Wolfsburg, das ist an diesem Abend hörbar und sichtbar.

Wolfsburg ist die erste der vier so genannten Highlight-Veranstaltungen der SPD mit Olaf Scholz. Sie stehen unter dem Motto „Der Kanzler kommt“. Damit will die Partei „die zentralen Wegmarken für ihre Wahlkampftour zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025“ setzen, so das Willy-Brandt-Haus. Die nächsten Stationen werden am 25. Januar Wiesbaden und am 8. Februar Leipzig sein. Am 21. Februar, zwei Tage vor der Wahl, soll das letzte Wahlkampf-Highlight in Nordrhein-Westfalen stattfinden.

Erfolgreicher Wahlkämpfer Olaf Scholz

Dass die SPD auf ihren Kanzler setzt hat gute Gründe. Olaf Scholz hat bereits mehrfach bewiesen, dass er nicht nur ein guter Wahlkämpfer ist, sondern dass er Wahlen auch gewinnen kann. So holte er 2011 bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg für die damals oppositionelle SPD die absolute Mehrheit der Mandate. Auch 2015 schaffte er mit rund 46 Prozent ein sehr starkes Ergebnis für die SPD in der Hansestadt. 

Und schließlich 2021: Entgegen allen Erwartungen wurde die SPD bei der Bundestagswahl mit Scholz an der Spitze stärkste Kraft. Das war zuvor nur drei mal gelungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Dass es erneut gelingt am 23. Februar darauf sind jetzt alle Kräfte in der SPD konzentriert. Auch das hat der Scholz-Auftritt in Wolfsburg deutlich gezeigt.

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